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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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hältst, erfüllt die Pfandflasche ihren Zweck nicht mehr. Zweck! Zweck! Zweck!«
    Er haut mit beiden Fäusten auf den Tisch, seine Ohren sind rot. Ich habe es mit dem wahrhaftigen Joachim Matthias zu tun und entscheide daher zu kooperieren. Ich nehme die Flasche in beide Hände, betrachte sieaufmerksam, werfe sie hin und her, halte sie ihm entgegen und sage vorsichtig:
    »Aber es macht doch nichts, wenn ich sie nicht zurückbringe. Ich könnte einfach Leitungswasser hineinfüllen!«
    Er schaut auf das Etikett:
    Naturtrüber Apfelsaft.
    »Leitungswasser wäre aber der falsche Inhalt. Es würde nicht draufstehen, was drin ist.«
    Er klingt ein wenig erschöpft.
    Ich antworte:
    »Wir könnten Leitungswasser draufschreiben«, und reiße das Etikett ab, »oder wir füllen nichts hinein, dann wäre es jetzt schon gut so. Nichts drauf, nichts drin! Wen interessiert das überhaupt?«
    Joachim Matthias lehnt sich in seinem Stuhl zurück und dreht aggressiv Däumchen. Mürrisch sieht er mir lange in die Augen, ohne auch nur einmal zu blinzeln.
    »Celestine. Es geht um den Glauben. Nicht um Logik.«
    Ich sehe ihn an und blinzle übertrieben häufig. Ich weiß wirklich nicht, was er von mir will.
    »Es ist doch ganz einfach. Dein Leben gleicht dem einer Pfandflasche.« Er klingt überzeugt.
    »Was? Nee, nee, deins vielleicht! Meins nicht!«, rufe ich.
    »Du bist ja eine noch schlimmere Kratzbürste als ich dachte. Aber Ramona hatte mich ja gewarnt.«
    Eine Weile sagen wir beide nichts mehr. Joachim macht Atemübungen, und ich überlege, einfach zu gehen. Da fällt mir ein, dass ich gerade zwölf Euro die Stunde verdiene. Mir wird warm ums Herz, ich strecke mich und sage: »Also gut, hör zu: Mein Leben ist eine leere Flasche, in die ich keinen Tee füllen soll, wenn nicht Tee draufsteht, richtig? Hast du dir dieses Schulfernsehen eigentlich selber ausgedacht? Das hakt ja hinten und vorne. Ich könnte dir bei der Ausarbeitung vielleicht noch mal helfen. Schließlich bin ich ja die Zielgruppe.«
    »Versuch erst gar nicht, mich zu verarschen. Jesus hat dir dein Lebengeschenkt. Du darfst dein Leben so leben, wie du willst! Du lebst es aber nur auf Zeit. Deine Zeit ist geschenkt!« Er sagt es wieder lauter als nötig und spuckt dabei auf die Flasche und die Tischplatte.
    »Ist das Leben die Flasche, oder bin ich die Flasche?«, frage ich.
    »Wenn du nur dein Leben lebst, erfüllt das keinen Zweck. Du musst etwas daraus machen. Du musst es mit den richtigen Inhalten füllen. Wenn du es mit den falschen Inhalten füllst, kann das dir und anderen schaden!«
    »Warum hast du nicht gleich gesagt, dass das hier eine Moralpredigt wird? Warum stellst du mir überhaupt Fragen, wenn du schon alle Antworten parat hast? Ich brauche Arbeit, keinen Guru!«
    »Im Dialog lernen, ist eingängiger.«
    »Aha. Und da du alles so genau weißt, wüsste ich jetzt gern, welches die falschen Inhalte im Leben sind.«
    »Alles, was dir Kraft nimmt, ist mit falschem Inhalt gefüllt. Lass dich immer von Jesus mit Freude und neuer Kraft befüllen.« Er schließt die Augen und atmet laut. Er bräuchte wieder eine Meditation.
    »Joachim? Das hier raubt mir langsam die Kraft. Und ich habe Hunger.«
    »Jetzt weiß ich, was ich mit dir anfange. Ich werde dich zu Frau Bonne schicken!« Er strahlt.
    Zufrieden lehnt er sich zurück und tippt sich an den Kopf.
    »Wer ist Frau Bonne?«
    »Frau Bonne ist eine furchtbare Frau. Sie ist über neunzig, übergeschnappt, widerspenstig, hochmütig! Sie redet mit mir, als sei ich ein kleiner Junge, sie nennt mich Bubi oder Kerlchen, hat mich schon geohrfeigt und bezichtigt mich, eine vermoderte Seele zu haben. Sie ist verrückt, eine echte Herausforderung, wenn du mit der klarkommst, zolle ich dir meinen Respekt. Sie vergrault jede Pflegekraft, auch die Nonnen. Von der letzten Nonne hat sie verlangt, sie solle ihr Kondome kaufen. Und zum Aids-Test wollte sie auch unbedingt mit ihr. Eine bizarre Schreckschraube. Sie beerdigt plattgefahrene Tauben. Sie entfernt sie mit einem Tortenheber von der Straße, egal, ob sie dabei den ganzen Verkehr aufhält. Ich warte nur auf den Tag, an dem sie sich dabei mit irgendetwas infiziert oder selber plattgefahren wird. Ha! Sie ist furchtbar gesund und hat nur die üblichen Verschleißerscheinungen.Sie braucht bloß Gesellschaft, jemanden, der für sie einkauft und aufpasst, dass sie nichts Süßes isst und nicht säuft.«
    »Warum darf sie das nicht? Sie ist doch schon uralt.«
    »Stimmt, gib ihr

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