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Das Schwein unter den Fischen

Das Schwein unter den Fischen

Titel: Das Schwein unter den Fischen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin Ramadan
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Mutter meinte, das hilft, einen Mann zu finden. Hat aber nichts genützt. Mich hat keiner geheiratet!«
    Sie seufzt und schaut wieder auf ihren Arm.

HEINRICH, DER EINZIGE
    Die hohe Holztür des baufälligen Jugendstilhauses, in dem Lilli Bonne wohnt, ist nur angelehnt. Von ganz weit oben höre ich schnellen Jazz. Ich schaue auf die Klingelschilder, aufgeklebte Zettel mit verblasster Tintenschrift. Auf einem Schild steht eindeutig: Bonne. Ich klingele und starre auf die Gegensprechanlage, eine sternförmige Anordnung von Löchern. Niemand antwortet. Plötzlich wird die große Haustür mit Schwung aufgestoßen. Jemand mit einer tief ins Gesicht gezogenen schwarzen Kapuze drängt sich an mir vorbei, bleibt nach einigen Metern stehen, geht noch mal zum Eingang zurück und zieht die Tür fest zu.
    »Hey, was soll das? Ich muss da rein! Weißt du, ob die Klingeln kaputt sind? Ich muss zu Frau Bonne.«
    »Klingel bei Eckhout, dann macht Heinrich dir auf«, murmelt der Typ, ohne mich anzusehen.
    Er tippt auf seinem iPod herum, setzt riesige Kopfhörer auf und entfernt sich dann mit schnellen Schritten.
    Eckhout also, ich klingele. Diesmal bekomme ich sofort Antwort.
    »Guten Tag! Was will die Welt?«, tönt es aus der Sprechanlage.
    »Guten Tag, Herr Eckhout? Ich muss zu Frau Bonne, ich bin vom Pflegedienst. Frau Bonne öffnet mir nicht. Können Sie vielleicht?«
    »Ach, Sie haben meinen Namen ja richtig ausgesprochen! Waren Sie schon mal in Holland?«, fragt er.
    »Nein.«
    »Wirklich nicht? Ich sag es Ihnen, ein Land, wie man es sich vorstellt, überall herzensgute hübsche Frauen und Blumen. Mögen Sie Blumen? Ich mag Ranunkeln, die haben kugelrunde Köpfe und wirken immer ein wenig zerzaust, sie sind nicht so eingebildet wie die gemeinen roten Rosen!«
    »Könnten Sie bitte die Tür öffnen, Herr Eckhout?«
    »Erst einmal muss ich wissen, ob Sie eine Nonne sind. Sind Sie?«
    »Nein, ich bin ein ganz gewöhnlicher Mensch, ich heiße Stine!«
    »Sicher? Nicht vielleicht Schwester Stine? Solche mögen wir hier nämlich nicht.«
    »Sie können ja runterkommen und nachsehen«, sage ich.
    »Ach nein, der Mühe mit den ganzen Stufen ziehe ich das Vertrauen vor. Wissen Sie, Stine, ich wohne ganz oben. Und ich bin ein alter Mann. Sind Sie eine junge Frau?«
    »Ja!«
    »Dann sagen Sie mir altem Mann doch etwas Nettes!«, ruft er.
    Ich höre die Musik im Hintergrund, die ich schon im Treppenhaus gehört habe.
    »Mir gefällt Ihre Musik!«
    »Ach, das freut mich, dass sie Ihnen gefällt, es ist Django Reinhardt. Am liebsten habe ich es noch ein bisschen lauter. Ich höre ja nicht mehr so gut. Leider. Musik ist doch der Schlüssel zum Universum. Davon wissen Sie als Nonne aber wohl nichts. Immer nur im Chor singen, erweitert ja nicht gerade den Horizont.«
    »Ich bin keine Nonne!«
    »Ja, das ist möglich, ach, ich würde Ihnen so gern vertrauen, denn Vertrauen macht so einen Spaß. Nur um das zu beschleunigen, sagen Sie bitte schnell noch etwas Versautes! Danach können wir uns dann auch duzen.«
    »Bitte?!«
    »Na etwas, das einer Nonne nie über die Lippen kommen würde. Bezeichnen Sie zum Beispiel das männliche Geschlecht! So wie Sie wollen, meinetwegen auch mit einem eher sachlichen Ausdruck, aber nennen Sie es beim Namen.«
    »Sind Sie ein Triebtäter oder so?«
    »Aber nein. Ich dachte nur, das wäre auf die Schnelle der beste Beweis. Sie können auch etwas anderes sagen, Hauptsache, es ist ein bisschen schlüpfrig. Dann lass ich Sie sofort eintreten!«
    »Gut, also: Penis, Pimmel, ficken, bumsen, Orgasmus, Sperma schlucken.«
    »Hu, hu, hu, jetzt bin ich aber rot geworden. Na, da weiß ich ja gar nicht, ob so eine ungenierte Dame die Richtige für Lilli ist«, ruft er.
    »Hören Sie auf, mich zu verarschen. Was sind Sie eigentlich für einer?«
    »Keine Sorge, ich bin einer, der sich an Abmachungen hält, und du bist genau die Richtige! Warte, ich komm runter. Und hör auf mich zu siezen!«
    »Ich dachte, das ist zu anstrengend. Nun summ schon, Heinrich!«
    Er fängt an zu summen.
    »Den Türöffner mein ich, du Clown!«
    »Ich weiß, ich weiß, aber die Technik ist doch kaputt«, sagt er.
    »Warum bist du dann nicht gleich runtergekommen, um nachzusehen, ob ich eine Nonne bin?«
    »Nonnen verkleiden sich manchmal als richtige Frauen. Und außerdem hatten wir doch eine nette Unterhaltung. Was glaubst du wohl, wie ich aussehe?«
    »Wie ein alter Clown!«
    »Ahh, da werden wir gleich sehen, ob es zutrifft!«, ruft er

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