Das Schwert der Keltin
keine gewöhnliche Nachricht oder eine gewöhnliche Zeit. Sie befanden sich noch immer in der Zeit zwischen Mitternacht und Sonnenaufgang. Es streiften einige Hunde umher und nachtaktive Tiere, die Träumer jedoch schliefen zum größten Teil in dem großen Rundhaus. Noch nicht einmal von den Träumer-Lehrlingen war einer geweckt worden, um den Kurier mit Essen und Ale zu bedienen, wie es normalerweise der Fall gewesen wäre.
Airmid entschuldigte sich kurz und kehrte dann mit einem frischen Umhang und einem Becher Wasser für Lythas zurück, trug aber noch kein Essen herein. »Maroc bereitet gerade Fleisch und Hafermehlkuchen zu«, sagte sie. »Das Essen wird bald fertig sein, aber wenn du möchtest, dann solltest du uns die Nachricht lieber jetzt schon verraten, damit wir ohne Verzögerung handeln können.«
Der Mann war willens, zumal er bereits glaubte, einen Ruhetag vor sich zu haben. Im Schein des Feuers sah er nun etwas weniger mitgenommen aus, sein Gesicht weniger angespannt, und selbst der gehetzte Ausdruck in seinen Augen schien nun etwas zu verblassen. Auf seinem Fellkissen saß er Breaca genau gegenüber und gab seine Botschaft nun Wort für Wort so wieder, wie sie ihm erzählt worden war.
»Das Erste, was ihr wissen solltet, ist, dass Vellocatus sich zu Cartimandua bekannt hat. Das hat er schon ganz zu Anfang getan, noch bevor Venutios von Mona aus zu uns zurückkehrte. Während unserer Treffen ist er ihre Augen und ihre Ohren gewesen, bei den Ratsversammlungen ist er ihre Stimme gewesen und hat doch nur das gesagt, was zu sagen sie ihm zuvor erlaubt hatte. Er hat ihr von der Lachsfalle erzählt und von dem Plan, die Zweitausend aufzustellen, um Caradoc zu helfen. Als er ihr vorschlug, dass er nach Norden reiten könne, um Unterstützung von den Selgovaern zu erbitten, war sie es gewesen, die diese Idee ursprünglich gehabt hatte. Dies lieferte ihm einen Vorwand, noch vor Venutios aufzubrechen, ohne Verdacht zu erregen.
Als der Zeitpunkt gekommen war, um die Krieger zu versammeln, musste Venutios feststellen, dass er verraten worden war. Zwei Kohorten der Vierzehnten und ein gesamter Flügel der Batavischen Kavallerie hatten ihn und seine Kampfgenossen umzingelt. Sie konnten ihn nicht verurteilen - er ist der Vater von Cartimanduas Kind und aus diesem Grund halten sie ihn ebenfalls für ein Mitglied der königlichen Familie -, doch sie haben alle seine Blutsverwandten und seine Begleiter an den Torpfosten seines Rundhauses gehängt, und er ist nun gezwungen, drinnen zu verweilen, während sie langsam verwesen. Mich hat man nicht gehängt; mich haben sie einfach übersehen, denn ich bin für sie ein Niemand, weder ein Verwandter von ihm noch einer der Speerhäuptlinge, die ihm die Treue geschworen hatten. Ich bin noch nicht einmal als sein Freund bekannt.«
Diesen letzten Teil sprach Lythas so ruhig aus, wie es ihm nur irgend möglich war, ganz so, als ob auch dies ein Teil jener Nachricht sei, die er auswendig gelernt hatte. Sein Gesicht dagegen erschien im Schein des Feuers wie aus Talg geschnitzt, war eine Maske des Todes und des verletzten Ehrgefühls.
»Wen hast du durch die Exekutionen verloren?«, fragte Breaca.
Er sah sie scharf an. »Meinen Vater, meine Schwester, zwei meiner Cousins und... einen Freund. Einen guten Freund.«
»Und du meinst nun, dass es besser gewesen wäre, du wärest mit den deinen und denen, die du liebtest, gestorben, statt am Leben zu sein und zu kämpfen und vielleicht ihren Tod zu rächen.« Die Bodicea nickte, ihr Blick verlor sich im Herzen der Flammen. Sie sprach sehr bedächtig und nachdenklich, wie an die glühenden Kohlen gewandt oder als ob sie nur mit sich selbst spräche. »Es mag durchaus sein, dass ein jeder von ihnen allein an die strahlende Ehre gedacht hat, als er am Ende des Stranges sein letztes bisschen Luft hinauswürgte. Und unter anderen Umständen wäre es vielleicht auch ein ganz anderer gewesen, den sie übersehen hätten. Wenn man also dich für gefährlich gehalten hätte, wenn man dir die Ehre erwiesen hätte, des gleichen Todes zu sterben wie die deinen, dann wäre es vielleicht ein anderer gewesen, der den Mut gefasst hätte, aus einem von bewaffneten Wachen umzingelten Lager zu fliehen. Doch so war es nicht. Die Götter haben dich dazu auserwählt, zu überleben und die Nachricht zu überbringen.«
Dann hob Breaca wieder den Blick. Nur ein Schleier von Flammen trennte sie noch voneinander. Lythas konnte einfach den Blick nicht von ihr
Weitere Kostenlose Bücher