Das Schwert des Königs: Roman (German Edition)
kann.«
Er zeichnete mit dem Finger einen Kreis um den Stadtteil. »Das könnte man in jedem Haus da oben. Die Leute bilden die Spitze der besseren Gesellschaft von Kap Querna und haben die Dekadenz geradezu erfunden. Diskretion lassen die sich was kosten.«
Ich dachte so gründlich nach, wie mein immer noch benebeltes Gehirn es zuließ. Vermutlich würde es Wochen dauern, jedes einzelne Haus da oben zu überprüfen. Es musste doch irgendeine Möglichkeit geben, die Suche einzuschränken. »Wie alt sind diese Häuser?«
»Das ist unterschiedlich.«
»Wurde irgendeines davon in, sagen wir, den letzten zwanzig Jahren gebaut?«
»Ich glaube nicht. Von diesem Hügel aus konnte man den Hafen am besten verteidigen, deshalb wurde er als Erster besiedelt. Dort stehen einige der ältesten Gebäude der Stadt. Große Steinbauten, wie Burgen, nur ohne Zinnen.«
»Aber im Laufe der Jahre müssen doch die Besitzer gewechselt haben, oder nicht? Bestimmt gehören die Häuser nicht mehr den Familien, die sich hier ursprünglich angesiedelt haben.«
»Manche schon, aber die meisten nicht.«
»Wäre man also reich und einflussreich genug, eines dieser Herrenhäuser zu erwerben, aber zugleich auch ein missgestalteter Mensch, könnte man das Haus dann so umbauen lassen, dass es der Behinderung gerecht wird?«
Berni seufzte. »Schluss mit diesem verdammten Zwerg, Eddie. Vielleicht hat dir deine kleine Freundin nur einen Bären aufgebunden.«
»Aber irgendjemand zieht im Club die Drähte.«
»Tja, und du versuchst, an meinen zu ziehen.«
Ich ging einfach über seine Skepsis hinweg, denn mir war gerade etwas eingefallen. »Wer ist der beste Steinmetz in der Stadt?«
»Wie soll ich das wissen?«, erwiderte er barsch. Aber ich wusste, dass Berni es herausfinden würde.
Kap Quernas fähigster Innenarchitekt hatte seine Talente und Erfahrungen als Steinmetz dazu genutzt, dafür zu sorgen, dass sich reiche Leute auch zu Hause von Reichtum
umgeben fühlten. Seine Werkstatt lag am Rande des Brillion-Hügels in einem renovierten Gebäude, das früher wahrscheinlich genauso hochherrschaftliche Zwecke erfüllt hatte wie die Herrenhäuser, die er jetzt ausstattete. Rings um das Haus lag ein schöner kleiner Garten mit formvollendet gestutzten Bäumen, den sicher ein Landschaftsgärtner gestaltet hatte. Ohne direkt für den Innenarchitekten zu werben, war dieses Anwesen ein ideales Aushängeschild für die kultivierte Lebensweise, zu denen der Meister seinen Kunden verhelfen konnte.
Berni und ich banden unsere Pferde neben einer kostspielig ausgestatteten Equipage fest, deren in Livree gewandeter Kutscher gerade Pause machte. Ein geschmackvolles Schild an der Straße besagte, dass hier die Häuserinnenausstattung Tanko angesiedelt war. Darunter stand der Spruch: Für die Besten nur das Beste. Ehe wir klopfen konnten, machte ein hochgewachsener junger Mann mit gerüschten Ärmelmanschetten die Tür auf. Von oben herab musterte er unsere Kleidung. »Ja?«
Berni hielt seinen Dienstausweis hoch. »Polizei. Wir müssen mit Herrn Tanko reden.«
»Er ist gerade mit einer wichtigen Kundin beschäftigt«, erklärte der Gerüschte schnodderig. »Vielleicht wäre es besser, einen Termin …«
Ich hätte ihm sagen können, dass man mit meinem Kumpel so nicht umgehen konnte. Berni versetzte ihm so schnell einen Schlag aufs Zwerchfell, dass ich es gar nicht richtig mitbekam. Der Gerüschte stieß ein winziges Uff! aus, während ihm die Augen schier aus den Höhlen traten. Hätte Berni ihn nicht rechtzeitig festgehalten, wäre er hingefallen.
»He! Wir haben hier eine Notlage!«, brüllte Berni und ließ den jungen Mann, dessen Gesicht rot angelaufen war, auf den Boden gleiten, wo er keuchend um Luft rang. »Tut mir leid, mein Freund«, murmelte Berni und lockerte ihm den ebenfalls mit Rüschen besetzten Hemdkragen. »Versuch es beim nächsten Mal mit Manieren.«
Die große Empfangshalle war mit sorgfältig ausgewählten Gemälden ausgestattet, die an lachsfarbenen Wänden hingen. Für wartende Kunden standen luxuriöse Sessel und Sofas bereit, und neben einem Tablett mit noblen, edelsteinbesetzten Trinkbechern stand eine offene Karaffe mit Wein. An der Decke baumelte ein gigantischer Kronleuchter, der einer Rose aus Diamanten ähnelte. Abends, wenn all seine Kerzen entzündet waren, hätte sein Licht wohl auch als Signalfeuer für Schiffe dienen können.
Am anderen Ende des Saals schlug eine Tür zu. Der Mann, der unverzüglich zu uns
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