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Das Schwert des Sehers

Das Schwert des Sehers

Titel: Das Schwert des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Loy
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Meerbergen bemerkte den missbilligenden Ausdruck in ihren Gesichtern. Sie hielten ihn für verrückt   – was erlaubten sie sich?
    Er schickte sie ins Haus. Sollte von Reinenbach doch seine Boten behalten! Es waren ohnehin nur Spione für den Hofrat. Unten auf der Straße liefen genug Männer herum, die dem Kanzler nur zu gern zu Diensten sein und seine Nachrichten befördern wollten. Er brauchte den kaiserlichen Botendienst nicht, und von Reinenbach, diese alte Spinne in ihrem Netz, würde er bald auch nicht mehr brauchen.
    Ein kleiner kahlköpfiger Mann ritt auf einem Maultier heran. Unter dem Balkon machte er halt. Er schaute zu dem Kanzler auf, saß ab und verbeugte sich ächzend. Es war der Lagermeister der kaiserlichen Vorratskammer, eine der Krämerseelen aus der Kämmerei, die Arnulf sich ausgeliehen hatte, um die Einlagerung des beschlagnahmten Korns zu überwachen.
    »Euer Exzellenz.« Der Mann verbeugte sich noch einmal.
    »Was ist?«, rief Arnulf unwirsch hinunter. »Brauchen wir schon wieder neuen Lagerraum?«
    Der Lagermeister schüttelte den Kopf. »Nein   … Nein, im Gegenteil, fürchte ich. Die letzte Fuhre aus der Sonnenstunde, ich fürchte, sie ist verseucht. Wir müssen sie verbrennen   …«
    Arnulf runzelte die Stirn. Sonnenstunde   … Was für ein Unsinn   … Dann fiel ihm ein, dass die Kämmerei, um den Korntransport zu organisieren, die Umgebung der Stadt in Bereiche unterteilt hatte, die nach den neun Stunden des Tages benannt waren. Sonnenstunde, das war die Gegend im Süden unmittelbar am Ostufer des Flusses entlang.
    Arnulf hob die Hand. »Komm herauf, Kerl. Brüll nicht so herum.« Das fehlte gerade noch, dass auf der Straße von verseuchtem Korn geredet wurde.
    Der Lagermeister nickte eilfertig und stand Augenblicke später an der Seite des Kanzlers. Arnulf von Meerbergen sah auf den Burschen hinab. Er hatte fast das Gefühl, als könnte er sich in der Glatze spiegeln, während der Mann vor ihm aufgeregt seine Mütze in den Händen knetete und ihm berichtete.
    »Wir haben das Korn im Ablegehafen gestapelt, und ich habe Proben genommen. Es ist befallen. Trollkorn. Nur leicht, aber wenn wir es einlagern, kann die Seuche sich ausbreiten und auch auf das andere Korn übergreifen. Wir müssen die Lieferung vernichten.«
    Der Kanzler überlegte. Er hatte auf so einen Vorfall gehofft und wusste genau, wie er ihn nutzen konnte. »Lass die befallene Ladung in die neuen Lagerhäuser am Fischmarkt bringen«, befahl er.
    »Ihr meint die zuletzt gebauten Lagerhäuser?«, fragte der Lagermeister. »Nicht die, die wir gerade neu in Beschlag genommen haben? Das sind nämlich alte und feuchte Baracken, in denen sich der Schaden noch schneller ausbreiten würde.«
    »Natürlich meine ich die feuchten Baracken«, erwiderte der Kanzler. »Wenn wir in den besseren Lagern noch Platz hätten, hätten wir die alten Schuppen gar nicht gebraucht.«
    Der Lagermeister sah zu ihm auf. Er schien darüber nachzudenken, ob er den Kanzler möglicherweise missverstanden hatte. Dann setzte er erneut an: »Warum wollt Ihr das Korn überhaupt einlagern? Es könnte zu einer Vergiftung führen, wenn wir es ausgeben.«
    »Kerl, du brauchst mich nicht zu belehren«, fuhr der Kanzler ihn an. »Ich weiß sehr wohl, was Mutterkorn anrichten kann. Darum lege ich es auch am Fischmarkt für den Pöbel bereit, denn von dem haben wir genug in der Stadt.« Er rückte näher an den klein gewachsenen Lagermeister heran.
    Der zuckte zusammen, doch er ließ sich nicht beirren. »Ich werde dem Kämmerer Meldung machen«, stammelte er. »Irgendwer   … irgendwer wird das Richtige tun. Das ist kein Geschäft, wenn man zulässt, dass das schlechte Korn das gute verdirbt.«
    Er machte auf dem Absatz kehrt, verließ den Balkon und verschwand.
    Der Kanzler schnaubte und ging ebenfalls langsam vom Balkon hinein ins Haus. In dem Salon gleich hinter dem Balkon saßen seine Ritter gelangweilt auf den Sesseln, die die früheren Besitzer des Hauses zurückgelassen hatten, manchestanden vor dem Kamin und tranken Wein und unterhielten sich.
    »Die kleine Ratte, die hier eben durchgekommen ist«, sagte der Kanzler liebenswürdig. »Wer von euch traut sich zu, ohne viel Aufsehen dafür zu sorgen, dass sie nicht dort ankommt, wo sie hinwill?«
    Einige der Männer schauten ihren Dienstherrn an. Einer erhob sich wortlos von der Bank, hob kurz sein Schwert in der Scheide zum Gruß und trat zur Tür.
    »Fein.« Der Kanzler folgte ihm. »Ich gehe zum

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