Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
strich ich mit den Händen über meine Röcke.
Der Mann blieb vor uns stehen. »Ich sehe, du hast dir einen anderen Hauseingang ausgesucht, Schwester«, sagte er mit seinem seltsamen Akzent.
Konrad sah ihn neugierig an. Ich hoffte, dass er nichts Falsches sagen würde. Er neigte manchmal dazu, doch diesmal schwieg er. Das fremdartige Aussehen des Mannes schien ihn ebenso zu verschüchtern wie Cornelius.
»Ich sammle Spenden für den Kreuzzug«, sagte ich.
»Dann hast du dich dem Schäfer angeschlossen, um das Heilige Grab zu befreien?«
Ich nickte. »Ja, Herr.«
Er ging in die Hocke. »Nenne mich nicht Herr, Schwester. Mein Name ist Diego.«
»Das ist aber ein komischer Name«, sagte Cornelius.
Ich legte ihm eine Hand auf den Arm, um ihn zum Schweigen zu bringen.
Diego hob die Schultern. Sein Blick glitt über den Marktplatz und dann in die Ferne und kehrte erst nach einem Moment zu uns zurück. »Dort, wo ich herkomme, ist er nicht komisch.«
»Und wo kommst du her?« Konrad konnte seine Neugier nicht länger unterdrücken.
»Spanien. Weißt du, wo das ist?«
Konrad schüttelte den Kopf. Auch ich hatte den Begriff noch nie gehört, wusste nicht, ob er eine Stadt oder ein Land bezeichnete.
»Weit weg«, sagte Diego. »Noch weiter weg als Rom.«
Ich warf einen Blick zum Himmel. Es war fast Mittag. »Wir müssen jetzt leider gehen. Im Lager gibt es noch viel zu tun.«
Diego erhob sich. »Brecht ihr bald auf?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete Cornelius an meiner Stelle. »Nicolaus hatte eine Vision. Erst wenn sich die erfüllt, können wir weiterziehen. Ich habe selbst gehört, wie er davon sprach.«
»Was für eine Vision?«
»Das hat er nicht gesagt.«
»Aber sie wird bestimmt bald eintreffen«, sagte ich, während Konrad bereits den Beutel zuknotete und die Brote und Trockenfrüchte einsteckte, die man uns geschenkt hatte. Wir hatten nichts davon gegessen. Sie gehörten allen, so wie die Münzen in dem Beutel.
Diego antwortete nicht, aber er wirkte, als hadere er mit einer Entscheidung. Dann nickte er, eine Geste, die seinen Gedanken zu gelten schien, nicht uns. »Bringt mich zu ihm. Ich werde mich euch anschließen.«
»Was?« Diego wirkte auf mich nicht wie ein Mensch, der bereit war, alles aufzugeben und sich Gottes Willen zu unterwerfen. »Seid Ihr … Bist du sicher?«
»Ja. Ich denke, das ist das Richtige.«
Ich sah ihn zweifelnd an. »Es ist der Kreuzzug der Armen und Unschuldigen. Ich weiß nicht, ob Nicolaus dich aufnehmen wird.«
Diego legte die Hand auf seinen Gürtel. Der Geldbeutel, der daran hing, schwang hin und her. »Oh, ich denke, das wird er.«
Wir machten uns auf den Weg zurück zum Lager, mussten aber zuerst zu einem Stall, in dem Diego sein Pferd untergebracht hatte.
»Kannst du glauben, dass man es stehlen wollte?«, fragte er, während er den Sattel festzog. Es war ein schmales, graues Pferd, kleiner als die, die ich kannte. »Hätte der Stallmeister nicht Verdacht geschöpft, wäre der Dieb entkommen.«
Ich dachte an den Mann am Pranger und die Geschichte, die wir von der Fischverkäuferin gehört hatten. Es musste sich um ein und denselben Mann handeln.
Diego warf das Fell, das er gekauft hatte, über den Sattel, bezahlte den Stallknecht und folgte uns zum Lager.
»Dort unten ist es«, sagte ich, als wir die Stadttore hinter uns ließen.
Diego hob die Augenbrauen. »Das müssen über tausend Menschen sein.« Er klang überrascht.
Seine Reaktion erfüllte mich mit Stolz. »Wenn Nicolaus spricht, strömen die Menschen zu uns. Er öffnet ihnen die Herzen, sodass sie die Stimme Gottes hören und erkennen, was der Herr von ihnen verlangt.«
»Hast du sie gehört?«
Ich dachte an die Stimme in meiner Hütte in Winetre. »Ja, das habe ich.«
Er nickte, ohne nachzufragen.
Konrad lief voraus, als er Nicolaus am Rand des Lagers entdeckte, den Beutel mit den Münzen an die Brust gedrückt. Cornelius folgte ihm, aber er war jünger und konnte noch nicht mithalten.
»Warte!«, rief er.
Diego sah ihnen nach. Ich bemerkte, dass er Nicolaus musterte.
»Ist er das?«
»Ja, das ist Nicolaus.«
»Und wer sind die Männer?«
Ich folgte seinem Blick. Eine Gruppe Berittener näherte sich von der Straße. Ihre Kleidung war staubbedeckt, als wären sie schon lange unterwegs. Sie waren bewaffnet und trugen Rüstungsteile, wirkten aber nicht wie Ritter. »Ich habe sie noch nie gesehen.«
Wir änderten die Richtung und gingen auf Nicolaus zu. Der nahm gerade den Beutel
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