Das Schwert und die Lämmer: Roman (German Edition)
Zuversicht zurück. Es wurde wieder gesungen und gelacht, und als wir die Berge hinter uns ließen und eine Stadt im Tal vor uns sahen, entrollten wir die Banner und zogen singend über die Felder.
Die Stadt hieß Andernach. Sie war von Schafweiden und Feldern umgeben und lag in einer sandigen Bucht. Man erlaubte uns, dort unser Lager aufzuschlagen. Nicolaus ging mit Lukas in die Stadt, um zu den Menschen zu sprechen, alle anderen setzten sich in den warmen Sand und ruhten sich aus.
Hinter den Stadtmauern sah ich halbfertige Kirchtürme. Soldaten drängten sich neugierig auf den Mauerzinnen, auf den Feldern sahen Bauern und Knechte zu uns herüber. Der Empfang unterschied sich nicht von dem in anderen Orten.
Die Sonne war kaum vorgerückt, als ich einen Tumult hinter dem offenen Stadttor hörte. Die Soldaten standen auf, einige andere ebenfalls. Hugo und Konrad wollten auf das Tor zulaufen, aber ich hielt sie zurück. Ich bemerkte Diego, der nicht weit von uns entfernt neben seinem Pferd stand, das er noch nicht abgesattelt hatte. Eine Hand hielt er im Rücken unter dem Wollumhang verborgen. Ich fragte mich, ob er eine Waffe versteckte.
Nicolaus und Lukas tauchten im Tor auf. Priester umringten sie. Ihre schwarzen Kutten flatterten im Wind wie Krähenflügel.
»Das lasse ich nicht zu!«, schrie einer von ihnen. Als Einziger trug er einen reich bestickten Schal und eine hohe, dunkle Mütze. »Deine Blasphemie kannst du den Heiden predigen!«
Zwei andere Priester stießen Nicolaus aus dem Tor. Er stolperte und wäre gestürzt, hätte Lukas ihn nicht am Ellenbogen fest gehalten.
Die Soldaten zogen ihre Schwerter. Fast das ganze Lager hatte sich mittlerweile erhoben. Ich hörte wütende Rufe. Nicolaus löste sich aus Lukas’ Griff und hob die Arme. »Nein!«, schrie er. »Lasst sie in Ruhe. Sie wissen nicht, was sie tun!«
Seine Worte jagten mir einen Schauer über den Rücken. Waren sie nicht die gleichen, die Jesus am Kreuz gerufen hatte?
»Wie kannst du es wagen?« Der Priester, ein noch junger, schlanker Mann mit fein geschnittenen Gesichtszügen, hob die Hand, als wolle er Nicolaus ins Gesicht schlagen, ließ sie dann aber langsam sinken. Ich wusste nicht, ob die Soldaten der Stadtwache, die in diesem Moment im Tor erschienen waren, seine Entscheidung beeinflusst hatten oder ob es ihm als unchristlich erschien, einen Jungen zu schlagen, der sich nicht einmal wehrte.
»Was ist hier los?«, fragte der Hauptmann der Wache. Er hatte uns auf Befehl des Stadtrats die Erlaubnis erteilt, in der Bucht zu lagern.
»Dieser … dieser …« – der Priester schüttelte den Kopf und zeigte nur stumm mit dem Zeigefinger auf Nicolaus, als wisse er nicht, wie er ihn nennen sollte – »… hat vor meiner Kirche zu einem Kreuzzug der Kinder und Armen aufgerufen. Er verblendet die Gläubigen und führt sie mit falschen Worten ins Verderben. Das werde ich nicht zulassen!«
Unmut regte sich im Lager. Hugo stieß ein Schimpfwort aus, das mich hätte erröten lassen, wäre ich nicht so wütend gewesen. Der Hauptmann drehte sich zu uns um. Er wirkte nervös. »Setzt euch wieder hin«, rief er. »Bleibt ruhig. Keinem wird etwas geschehen, das verspreche ich.«
Niemand setzte sich, doch das Stimmengewirr ließ nach. Der Hauptmann nickte Nicolaus und dem Priester zu, und gemeinsam gingen sie hinter das Tor. Lukas blieb zurück, biss sich auf die Lippe und starrte zu Boden. Ungeduldig warteten wir. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Diego nun im Sattel seines Pferdes saß und Trockenobst aß. Beide Hände waren sichtbar.
Nach einer Weile tauchte Nicolaus mit den beiden anderen auf. Mit langen Schritten ging er auf uns zu, sprang auf ein Fass und hob seinen Stab. »Der Rat der Stadt hält sein Versprechen. Bis zum morgigen Tag dürfen wir hier lagern.«
Einige applaudierten, die meisten warteten ab.
»Doch es ist uns verboten, die Stadt zu betreten und für unsere Sache zu werben.« Nicolaus wartete, bis sich der Unmut gelegt hatte, dann fuhr er fort: »Und ich habe Priester Aßmus erlaubt, zu euch zu sprechen. Erweist ihm Respekt und lauscht seinen Worten.«
Er sprang hinab und verbeugte sich knapp vor dem Priester. Der stieg auf das Fass, ohne ihn zu beachten.
Hugo verschränkte die Arme vor der Brust, und Konrad murmelte: »Pfaffe!«
Ich stieß ihn an. »Sei still.«
Priester Aßmus begann zu sprechen, und seine Stimme hallte über die Bucht, während er uns von den Kreuzzügen der hohen Herren, der Ritter, Könige und
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