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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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Scham. Aber er musste ja auch nicht neben einer solchen Nachbarin leben. Obwohl ihm eine Romanze sicherlich gut getan hätte. Franz war ein eingefleischter Junggeselle, der seine Arbeit an oberste Stelle setzte. Kein Wochenende, das er nicht an irgendeinem Tatort verbrachte oder mit Recherchen ausfüllte. Er liebte seinen Job, eine Frau an seiner Seite hätte es mit Sicherheit nicht leicht.
Ich erzählte ihm, dass ich an dem Klassentreffen wegen meiner Arbeit nicht hatte teilnehmen können, wofür er sehr viel Verständnis aufbrachte, doch dann kam ich zum Grund meines Anrufes.
»Franz, ich brauche einen bestimmten Polizeibericht. Kannst du mir den besorgen?«
»Was willst du denn damit?«
»Ich plane eine Reportage über den Unfall eines Bankmanagers vor ein paar Wochen. Wäre mal was anderes. Sein Name ist Andreas Werner.«
»Kann ich dir besorgen, kein Problem. Allerdings nur eine Kopie, aber die dürfte dir ja reichen.«
Er wollte noch wissen, wie ich auf die Idee gekommen sei, aber ich wollte ihm nichts von meinem Abenteuer mit Clara erzählen. Also erfand ich eine Geschichte von einer Eingebung über Nacht und beendete das Gespräch. Er war zwar mein bester Freund, aber er kannte auch Nicole sehr gut, so dass ich verhindern wollte, dass er zwischen die Fronten geriet oder aus Versehen ein falsches Wort fallen ließ.
    Ich hatte Franz kennen gelernt, als ich aus Münster nach Berlin gekommen war. Und er hatte damals keinen unwesentlichen Einfluss auf mein weiteres Leben ausgeübt. Wenn er nicht gewesen wäre, hätte ich weder Nicole getroffen, noch meine Arbeit beim Financial Report begonnen.
Ursprünglich hatte ich BWL studiert, weil ich eigentlich die Bäckerei meines Vaters übernehmen sollte. Meine Karriere begann als Buchhalter in dem gutgehenden Betrieb meines Vaters. Während des Studiums war ich sogar kurzzeitig stellvertretender Geschäftsführer, was im Klartext bedeutete, dass ich Rechnungen für Brötchen und Torten schreiben und die für Milch und Mehl bezahlen durfte. Das wirklich Wichtige erledigte mein Vater.
Doch mich hielt es nicht lange in dem kleinen Kaff vor den Toren Münsters. Nach meinem Studium zog es mich fort aus der Provinz nach Berlin, und wie durch ein Wunder ergatterte ich den Posten eines Redakteurs für den Wirtschaftsteil bei einer Potsdamer Regionalzeitung. Diese Zeitung befand sich damals gerade im Aufbau und suchte einen Wirtschafts-Insider für die Redaktion. Ich arbeitete daraufhin für 15 Cent pro Zeile und mit einem Lektor, der von Rechtschreibung genauso viel Ahnung hatte wie ein Maurer von einer Hirn-Operation.
Doch während eines Seminars für Eloquenz in Interview-Situationen traf ich Franz, der für den Berliner Morgenspiegel schrieb und mich bei dieser bedeutenderen Zeitung unterbrachte. Damals war von Stellenabbau noch keine Rede und ich schrieb emsig und für gutes Geld im Wirtschaftsteil. Für eine Weile war ich ganz zufrieden damit, bis Franz mit der Idee kam, eine eigene Zeitschrift auf den Markt zu bringen. Eine Zeitschrift für echte Kerle und harte Männer. Für die, die sich in Südafrika ein Flugzeug mieteten, um selbst über die Drakensberge zu fliegen, und für jene, die am Nord-Polarkreis auf zugefrorenen Seen Autoreifen testeten.
Doch die Zeitschrift konnte sich nicht etablieren. Ein halbes Jahr hatten wir es versucht, dann mussten wir aufgeben. Offenbar gab es keine harten Kerle mehr in Deutschland. Ich gehörte, wenn ich ehrlich bin, damals auch nicht unbedingt dazu. Ich war mit Nicole und einem befreundeten Pärchen im Miet-Auto mit Sicherheitsglas durch Südafrika gefahren und nördlicher als bis Stockholm bin ich nie gekommen. Und das auch noch im Hochsommer.
Aber es hatte Spaß gemacht, an so einem großen Produkt zu arbeiten, zu schreiben, zu recherchieren und Storys zu finden. Wir hatten ungewöhnliche Geschichten ausgegraben und spannende Entdeckungen gemacht.
Und dann kam der Wechsel zum Financial Report. Von den gravierenden Stellenkürzungen bei den Berliner Zeitungen war auch ich betroffen, doch glücklicherweise hielt unser Chefredakteur viel von meinem Stil und meiner Genauigkeit, so dass er mich seinem Kumpel beim Financial Report empfahl und ich als freier Autor dort anfangen konnte.
Nicole lernte ich ebenfalls durch Franz' Hilfe kennen. Es war auf der Weihnachtsfeier des Morgenspiegels, als ich ihr das erste Mal begegnete. Sie war damals locker mit einem Vertreter für Kopiergeräte liiert, den sie in ihrer Firma getroffen hatte, wo

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