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Das sechste Opfer (German Edition)

Das sechste Opfer (German Edition)

Titel: Das sechste Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Johannson
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Schrottplatz standen.
Moritz Eberhardt betrachtete den schönen mitternachtsblauen Mercedes, der seinem Boss gestern Abend gebracht wurde, und bedauerte aufrichtigen Herzens, dass dieses Schätzchen einen verfrühten Tod finden sollte.
Er schlich in seiner Regenjacke gebückt um das Auto herum und wunderte sich, warum man solch ein Prachtstück nicht reparieren ließ.
Aber die Anweisungen, die die Männer seinem Boss gegeben hatten, waren eindeutig gewesen. Zur Briefmarke pressen. Voll und ganz. Nichts dürfe übrig bleiben.
Am liebsten hätten sie daneben gestanden und den ganzen Prozess beobachtet, aber glücklicherweise war gestern alles so knapp kalkuliert, dass keine Zeit für einen zusätzlichen Wagen blieb.
Moritz betrachtete die tiefen Kratzer an beiden Seiten des Wagens und die zerbeulte hintere Stoßstange. Das muss ein seltsamer Unfall gewesen sein, dachte er. Als wäre der Wagen durch einen viel zu engen Tunnel geschoben worden.
Manchmal sammelte er kleine Andenken an die verschiedenen Autos, die er in seinem jungen Leben schon verschrottet hatte, und die vom Unvermögen oder vom Pech ihrer Fahrer erzählten: ein Erste-Hilfe-Kasten, der als tödliches Geschoss durch den Wagen geflogen war und den Beifahrer geköpft hatte. Oder ein Airbag, der seinem Fahrer die Luftröhre zerschmettert hatte. Oder ein Lenkrad, das wie Stroh zerbrochen war und an dem noch ein Stück Haut vom Oberschenkel steckte.
Die Stoßstange dieses Mercedes war allerdings nutzlos, Dellen und Kratzer gab es zur Genüge, das war langweilig.
Er zog an der zerbeulten Fahrertür, die mit etwas Gewalt schließlich nachgab und sich öffnete.
Im Wagen roch es muffig, als hätte das Auto zu lange im Regen gestanden. Die Ledersitze wirkten durchgeweicht, unter der Fußmatte lag getrockneter Schlamm.
Moritz Eberhardts Blick schweifte durch den ganzen Wagen. Er verstand plötzlich, warum der Nachtblaue der Schrottpresse übergeben werden sollte. Alles zeugte davon, dass der Wagen einige Zeit im Wasser gelegen hatte. Das Leder war unbrauchbar, es hätte völlig ausgewechselt werden müssen, der Himmel im Fahrgastraum begann zu schimmeln und zu modern, und der Geruch des Wagens nahm einem den Atem.
Da war wirklich nichts mehr zu machen.
Er kniete sich auf den Fahrersitz und beugte sich zum Handschuhfach auf der Beifahrerseite. Der Sessel unter seinem Knie gab ein leises Quietschen von sich, als ächze er unter der Last.
Moritz öffnete das Handschuhfach, um nachzusehen, ob sich vielleicht ein paar persönliche Gegenstände darin befanden, oder die Fahrzeugpapiere oder wenigstens das Bedienungshandbuch. Selbst dafür würde er bei den richtigen Leuten ein paar Euro bekommen. Doch das Fach war leer.
Enttäuscht wollte er es wieder zu klappen, als er etwas auf der Unterseite der Klappe entdeckte.
Ein merkwürdiges Zeichen oder eine Zahl oder ein Buchstabe, den er noch nie gesehen hatte. Es war mit Schlamm verklebt und kaum zu sehen, aber Moritz' gute Augen hatten es trotzdem entdeckt.
Er hatte keine Ahnung, was es bedeuten sollte, er war sich nur sicher, dass es in einem Mercedes ganz sicher nichts zu suchen hatte.
Es sah aus, als wäre es in aller Eile mit einem spitzen Gegenstand in die Klappe geritzt, zitterig und ungeschickt. Wie ein Stern mit sieben Zacken.
Oder wie ein missglücktes Haus, das man mit einem Strich malen musste ohne abzusetzen, wie Moritz es als Kind in der Schule getan hatte. Oder wie ein Stundenglas mit einem Dreieck darin.
Doch es ergab keinen Sinn.
Moritz Eberhardt beschloss, diese Klappe in seine Sammlung aufzunehmen. Die Männer hatten zwar verlangt, dass nichts übrig bleiben durfte, aber das interessierte ihn nicht. Er wäre nicht hier, wenn er immer gemacht hätte, was andere ihm sagten.
Er nahm seinen Schraubendreher und löste die Klappe vorsichtig aus der Verankerung.
Er brachte sie in sein Kabuff neben dem Häuschen, in dem er und sein Boss arbeiteten. Dann machte er sich daran, den schönen Mercedes der Schrottpresse zu übergeben. Kurz darauf war wirklich nichts mehr von ihm übrig.
     

Zwei Frauen und ein Verdacht
    Am Morgen galt mein erster Anruf Franz, meinem besten Freund. Er arbeitete als Polizeireporter beim Berliner Morgenspiegel und konnte mir beschaffen, was ich brauchte.
»Hi, Franz. Hast das Wochenende offenbar wieder überlebt! Herzlichen Glückwunsch!«
»Es war knapp, aber ich hab's geschafft. Wie war's in Rostock?«
Dass selbst Franz sich an Nicoles Klassentreffen erinnerte, erfüllte mich erneut mit

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