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Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Das Siegel der Finsternis - Algarad 1

Titel: Das Siegel der Finsternis - Algarad 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Reichard
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schnell im Brausen des Muren-Flusses, das von den Felsen widerhallte. Das wirbelnde Wasser färbte sich für einen kurzen Augenblick dunkel von ihrem Blut, als die Körper auf die Felsen schlugen. Sogleich riss die Strömung die Überreste der Gredows mit sich. Es war, als wollte der Fluss verhindern, dass je etwas an die Mordknechte des Todesfürsten erinnerte. Schon bald nahm die Gischt wieder die gewohnte weiße Farbe an, als hätte sich nichts ereignet.
    Fenn, Hergan und Chem standen erstarrt am Rande der Schlucht. Die Tochter des Schankwirts barg das Gesicht in den Händen und schluchzte. Fenn trat zu ihr und legte ihr die Hand auf die Schulter. »Wir hätten nichts tun können.« Es war ein schwacher, hilfloser Trost.
    Hergan schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht glauben, dass es ihn nicht mehr geben soll ...«
    Sie standen schweigend, bis sich die Dämmerung über die Schlucht hinabsenkte. Schließlich kehrten sie der Stätte des Grauens den Rücken, um irgendwo im Wald zwischen den Bäumen ihr Lager zu errichten. Am nächsten Tag würden sie die anderen Dorfbewohner aufsuchen, die sich an einer unwegsamen Stelle versteckt hielten, und ihnen die traurige Kunde von Osyns Tod überbringen.
    Niemand beachtete den kleinen Habicht, der weit über ihnen, im schwindenden Licht des Tages, seine Kreise zog.

17
    Tenan und seine Begleiter wurden aus den Holzprangern erlöst und zurück in ihre Höhle gebracht. Mit schmerzenden Gliedern, gebückt und steif, schleppten sie sich den kurzen Weg zurück und sanken dankbar auf den kalten Boden ihres Gefängnisses.
    Erskryn hatte ihnen ein paar Essensreste des Festes in die Höhle bringen lassen, aber es war wenig und verstärkte ihren Hunger eher, als dass es ihn stillte.
    Draußen kehrte langsam Ruhe ein. Die Matrosen legten sich zum Schlafen, die Feuer brannten nieder. Wieder eine Nacht in dieser verdammten Zelle, dachte Tenan. Seine Gedanken kreisten um die Geschehnisse des Abends. Wie konnte der Piratenhauptmann seine eigene Nichte ohne Wimpernzucken einem Fremden aus einem fernen Land anvertrauen, dessen Sitten und Gebräuche so anders waren, so wild, so barbarisch? Tenan zermarterte sich den Kopf, doch er kam zu keiner befriedigenden Antwort.
    Zäh kroch Stunde um Stunde dahin. Harrid, Chast und der Fairin schliefen. Es musste bald Tag werden, doch noch zeigte sich kein Zeichen der Dämmerung.
    Plötzlich blinkte ein schwaches Licht durch die Zellengitter. Leise drehte sich ein Schlüssel im Schloss, und der Riegel wurde zur Seite geschoben. Tenan richtete sich auf. Eine schlanke Gestalt huschte durch den Türspalt. Im flackernden Licht einer Kerze konnte Tenan Eilenna erkennen. Er wollte etwas sagen, doch sie bedeutete ihm mit dem Finger zu schweigen. Leise weckte sie die anderen, die ebenso überrascht waren wie Tenan.
    »Eigentlich wollte ich schon viel früher kommen«, meintesie. »Aber die Höhle stand die ganze Zeit unter Bewachung, obwohl man meinen sollte, dass das auf der Insel nicht nötig ist. Heute Nacht sind die Wachen zu betrunken. Kommt, ich bringe euch von hier weg.«
    »Ist das eine Falle deines Onkels?«, fragte Harrid misstrauisch. »Sollen wir uns Hoffnung auf eine Flucht machen und dir aus lauter Dankbarkeit verraten, was er wissen will? Erkaufst du dir so deine Freiheit zurück?«
    »Wenn du das denkst, kannst du gern hierbleiben«, erwiderte sie. »Ich habe mich entschieden, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Nach allem, was passiert ist, hält mich nichts mehr hier. Aber wir haben keine Zeit für lange Erklärungen. Wollt ihr die Flucht wagen?«
    Die Gefangenen tauschten einen kurzen Blick.
    Urisk jaulte freudig auf. »Oh ja, weg von hier will man, und zwar schnell! Raus zu den Bäumen und Wiesen und in die frische Luft!«
    »Still!«, fuhr ihn Harrid an. »Willst du uns mit deinem Geschrei die Piraten auf den Hals hetzen?«
    Tenan zögerte. »Ich kann ohne den Kristall nicht gehen, den mir Erskryn abgenommen hat.«
    »Das Erbstück deines Vaters?«, fragte sie spitz. »Ist er dir wichtiger als dein Leben? Dann hätte Erskryn ja recht, und der Stein wäre überaus wertvoll: ein Schatz, dessen Kräfte man näher untersuchen sollte. Nun, wenn du ohne ihn nicht fliehen willst, dann bleib hier in der Höhle. Wie sieht es mit euch aus?« Mit hochgezogener Augenbraue musterte sie die anderen Gefangenen. »Wollt ihr euer Leben ebenfalls für einen Kristall aufs Spiel setzen?«
    Harrid schnaubte verärgert. »Keiner ist so froh wie ich,

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