Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
würde auf sie niedergehen, wenn sie Zeus‘
Abkömmlinge bei sich behielten und so wurden sie oftmals aus ihrem gewohnten Umfeld
verjagt oder sogar getötet“
Serena
lauschte ungläubig den Worten ihrer Stiefmutter und trat, obwohl sie sich
innerlich dagegen sträubte, an sie heran.
„In
die Geschichte gingen die glücklichen neuen olympischen Bewohner als Helden
ein. Legenden wurden von ihnen erzählt und niedergeschrieben. Sie hatten
schwierige Aufgaben überwunden, hatten Bestien und selbst die Unterwelt hinter
sich gelassen, doch das was sie wirklich waren, hatte nur ich erkannt …“ Hera
zögerte.
Obwohl
es Serena schwer fiel, ihrer unliebsamen Stiefmutter Glauben entgegenzubringen,
wurde sie das Gefühl nicht los, dass ihr Hass gegen die unehelichen Kinder ihres
Gatten nicht unbegründet sei.
„Was
ist passiert?“, fragte sie leise und spürte den kalten Atem in ihrem Hals
kratzen.
„Sie
wurden zu Bestien!“, hauchte Hera zitternd. „Das göttliche Blut in ihren Adern
hatte grauenvolle Auswirkungen auf ihre Entwicklung. Kaum auf dem Olymp, wurden
sie beherrschend, machthungrig und mordlustig. Ich sah es in den Augen jedes
einzelnen. Eine Position auf dem Olymp würde ihnen das Ansehen zusichern, dass
sie unbezwingbar werden ließe. Herakles und Perseus konnte ich nicht aufhalten,
doch bei anderen bestand diese Chance, jene, die zu meinem Sohn Ares um Kraft
für einen bevorstehenden Kampf beteten …“
Serena
traute sich nicht weiter nachzufragen, doch sie fühlte sich dazu gezwungen,
weiter zu gehen. Sie war dabei Hera zu brechen, ihr Innerstes frei zu legen,
doch welchen Preis sollte dies haben?
„Was
habt ihr ihnen angetan?“
Hera
zog eine Fratze, die Serena einen kalten Schauer über den Rücken jagte und
keuchte dabei leise auf.
„Ich
habe sie getötet! Um den Frieden auf dieser Welt zu bewahren, habe ich sie mit
tödlichen Krankheiten oder Wahnsinn gestraft!“
Die
junge Halbgöttin biss sich auf ihre Lippen. Jedes weitere Wort war zu viel. Sie
konnte nichts sagen. Sie konnte nicht einmal atmen. Als würde ein großer Fels auf
ihrer Brust liegen, entfleuchte die Luft aus ihrer Lunge und ließ sie
kreidebleich werden.
„W-Wolltet
ihr … m-mich …?“ Ihre Stimme brach, doch Heras Blick gab ihr jene Antwort, die
sie bereits erahnt hatte.
„Ich
habe dich heranwachsen sehn und ich wusste, du wirst genauso wie sie, genauso
selbstsüchtig, genauso machthungrig, genauso gefährlich. Du lerntest so
schnell, übertrafst meine kühnsten Vorstellungen. Ich hatte mit dem Gedanken
gespielt, dich aus dem Weg räumen zu lassen, bevor es zu spät war, doch nach
diesem grauenvollen Überfall auf dein Dorf dachte ich, ich wäre dich los. Ich dachte,
ich hätte die Bedrohung abgewehrt, ohne dass ich mich um dich kümmern musste …“,
flüsterte die Göttin mit angehaltenem Atem und blickte betroffen auf das
Denkmal hinab, als würde sie es bitter bereuen, überhaupt solch schreckliche
Gedanken gehabt zu haben.
Serena
wandte sich von ihr ab und sah auf den See hinaus, während sie einige heruntergefallene
Blätter von dem Denkmal strich.
„Aber
ich hatte überlebt …“
„Ja,
und Zeus musste dich an den Olymp holen. Abermals war er blind für das
Wohlergehen der ganzen Welt, doch nach den ersten Wochen wurde mir klar, dass du
nicht wie die anderen warst. Du warst so anders. Kalt wie Eis, aber dennoch
mitfühlend genug, das Wohl der anderen über deines zu stellen. Ich habe die
kleine Eule zurückgehalten, weil ich dachte, dass du den Sterblichen vom Olymp
erzählen würdest, doch als ich dich im Kerker sah, wurde mir wirklich bewusst,
dass ich dich falsch eingeschätzt hatte. Ich dachte, dein Ziel sei es, Einfluss
auf dem Olymp zu erlangen, um die Welt erneut ins Chaos zu stürzen, dabei
wolltest du einfach nur …“
„…
eine Familie“, beendete Serena ihren Satz, atmete tief durch und drehte sich
dann wieder zu ihr um. Nun wusste sie, weshalb Cybele erst Wochen später zurückkam.
Hera hatte sie gefangen gehalten und hatte Serena mit der Gewissheit leben
lassen, dass sie Athenes Vertraute auf dem Gewissen hatte, doch darauf wollte
sie in solch einem Moment nicht weiter eingehen.
Eine
Weile betrachteten sich beide einfach nur, als hofften sie, der jeweils andere
würde sie aus dieser unangenehmen Situation befreien.
„Aus
diesem Grund habt ihr mich also die ganze Zeit wie Dreck behandelt?“, fragte
die junge Halbgöttin dann sanft.
Hera
nickte und sah beschämt zu
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