Das Silmarillion
Westen kam, und glaubten, ihre großen Feinde jenseits des Meeres hätten ihn gegen sie ausgesandt. Dann erhob sich ein Wind, und ein mächtiger Regen fiel nieder, und von den Höhen Taur-nu-Fuins kamen Sturzbäche herunter; und als Gwindor Túrin anrief, ihn warnend vor ihrer gefährlichen Lage, da gab er keine Antwort, sondern blieb bewegungslos und ohne Tränen in dem Unwetter sitzen, neben dem Leichnam Beleg Cúthalions.
Als der Morgen kam, war der Sturm nach Osten über Lothlann abgezogen, und heiß und hell stieg die Herbstsonne empor; doch in dem Glauben, Túrin sei längst auf und davon und der Regen habe alle Spuren seiner Flucht verwischt, brachen die Orks in Eile auf, ohne ihn weiter zu suchen, und von weitem sah Gwindor sie über die dampfenden Sande von Anfauglith marschieren. So geschah es, dass sie mit leeren Händen zu Morgoth zurückkehrten und Húrins Sohn stumpf und von Sinnen an den Hängen von Taur-nu-Fuin zurückließen, mit einer Bürde, schwerer als ihre Ketten.
Dann brachte Gwindor Túrin wieder zu sich, damit er ihm helfe, Beleg zu begraben, und er stand auf, wie ein Schlafwandler; und zusammen gruben sie Beleg ein flaches Grab, und an die Seite legten sie ihm Belthronding, seinen großen Bogen aus schwarzem Eibenholz. Das furchtbare Schwert Anglachel aber nahm Gwindor und sagte, besser solle es an den Dienern Morgoths Rache üben als nutzlos in der Erde liegen; und er nahm auch Melians Lembas mit, die sie in der Wildnis stärken sollten.
So starb Beleg Langbogen, der getreueste Freund und der Findigste unter allen, die in der Ältesten Zeit in den Wäldern von Beleriand lebten, von der Hand dessen, den er ammeisten geliebt; und der Schmerz blieb in Túrins Antlitz eingegraben und verging nie. Doch neuen Mut und neue Kraft hatte der Elb von Nargothrond geschöpft, und er führte Túrin weit fort aus Taur-nu-Fuin. Kein einziges Wort sprach Túrin auf dem ganzen langen und gefahrvollen Weg, und er schritt dahin wie ohne Wunsch und Absicht, während das Jahr zur Neige ging und der Winter auf die Nordlande fiel. Doch immer war Gwindor an seiner Seite, um ihn zu behüten und zu leiten; und so zogen sie westwärts über den Sirion und kamen endlich nach Eithel Ivrin, an die Quellen unter dem Schattengebirge, aus denen der Narog entsprang. Dort sprach Gwindor zu Túrin und sagte: »Erwache nun, Túrin, Húrin Thalions Sohn! Lachen ohne Ende ist auf dem See von Ivrin. Aus nie versiegenden kristallenen Quellen wird er gespeist, und Ulmo, der Herr der Wasser, der ihn in alter Zeit zu solcher Schönheit erschaffen, bewahrt ihn vor allem Unreinen.« Da kniete Túrin nieder und trank von dem Wasser; doch plötzlich warf er sich hin, und nun endlich flossen ihm die Tränen, und er war vom Wahne geheilt.
Dort machte er ein Lied für Beleg und nannte es Laer Cú Beleg, das Lied vom Großen Bogen, und er sang es laut, der Gefahren nicht achtend. Und Gwindor legte ihm das Schwert Anglachel in die Hände, und Túrin wusste, dass es schwer und stark war und große Macht hatte, doch die Klinge war nun schwarz und taub und die Schneiden stumpf. Da sagte Gwindor: »Dies ist ein merkwürdiges Schwert, anders als alle, die ich in Mittelerde gesehen. Wie du trauert es um Beleg. Doch sei nun guten Mutes, denn ich kehre nach Nargothrond zurück, wo das Haus Finarfin herrscht, und du sollst mit mir kommen und geheilt und erfrischt werden.«
»Wer bist du?«, sagte Túrin.
»Ein wandernder Elb, entflohener Sklave, dem Beleg begegnete und dem er wieder Mut gab«, sagte Gwindor. »Doch einst war ich Gwindor, Guilins Sohn, ein Edler von Nargothrond, bis ich in die Nirnaeth Arnoediad zog und in Angband zum Sklaven gemacht wurde.«
»So hast du Húrin, Galdors Sohn, gesehen, den Krieger aus Dor-lómin?«, fragte Túrin.
»Gesehen habe ich ihn nicht«, sagte Gwindor. »Doch sagt man von ihm in Angband, dass er Morgoth immer noch Trotz biete; und Morgoth hat einen Fluch auf ihn und all die Seinen gelegt.«
»Das glaub ich wohl«, sagte Túrin.
Und dann erhoben sie sich und wanderten von Eithel Ivrin nach Süden die Ufer des Narog entlang, bis sie von Kundschaftern der Elben angehalten und als Gefangene in die verborgene Festung geführt wurden. So kam Túrin nach Nargothrond.
Zuerst wurde Gwindor von den eigenen Anverwandten nicht erkannt, denn jung und stark war er ausgezogen, und nun, nach all seinen Mühen und Qualen, sah er aus wie einer der Alten unter den sterblichen Menschen; doch erkannte ihn Finduilas,
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