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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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linke Hand mit ihrer rechten, eine tröstliche Geste, die linkisch und süß zugleich war. »Ein schönes großes.«
    Meggies Stirnrunzeln wich nicht. »Es ist nicht gut, Mahlzeiten auszulassen, Jessie, das wissen Sie.«
    Jessie sagte sehr behutsam: »Manche Dinge sind wichtiger als Mahlzeiten. Das wissen Sie auch, oder nicht?«
    Meggie sah wieder zum Bildschirm, dann seufzte sie und nickte. Als sie sprach, sprach sie im Tonfall einer Frau, die sich einer Binsenweisheit beugte, an die sie selbst nicht recht glaubte. »Kann sein. Und selbst wenn nicht, Sie sind der Boss.«
    Jessie nickte und stellte zum ersten Mal fest, dass es jetzt mehr als eine Fassade war, die die beiden der Bequemlichkeit halber aufrechterhielten. »Ich denke, das bin ich.«
    Meggies Brauen waren wieder auf Halbmast geklettert. »Wenn ich das Sandwich hereinbringen und auf Ihren Schreibtisch stellen würde?«
    Jessie grinste. »Abgemacht!«
    Dieses Mal lächelte Meggie zurück. Als sie das Sandwich drei Minuten später hereinbrachte, saß Jessie wieder vor dem leuchtenden Bildschirm, dessen Reflexion ihrem Gesicht eine ungesunde grüne Comic-Farbe verlieh, und war in das versunken, was sie langsam mit der Tastatur tippte. Die kleine irische Haushälterin bemühte sich nicht, leise zu sein – sie gehörte zu den Frauen, die wahrscheinlich nicht einmal dann auf Zehenspitzen gehen könnten, wenn ihr Leben davon abhängen würde -, aber Jessie hörte sie trotzdem weder kommen noch gehen. Sie hatte einen Stapel Zeitungsausschnitte aus der obersten Schreibtischschublade genommen und hörte auf zu tippen, um sie durchzusehen. Die meisten waren bebildert, Fotografien eines Mannes mit seltsam schmalem Gesicht, das am Kinn fliehend und an der Stirn aufgedunsen war. Die tiefliegenden Augen waren dunkel und rund und vollkommen leer; Augen, bei denen Jessie gleichzeitig an Dondi den Comic-Streuner und an Charles Manson denken musste. Wulstige Lippen, so dick wie Obstscheiben, ragten unter der messerscharfen Nase hervor.
    Meggie blieb einen Moment neben Jessies Schulter stehen und wartete auf eine Reaktion, dann stieß sie ein leises »Pff!« aus und ging aus dem Zimmer. Etwa fünfundvierzig Minuten später sah Jessie nach links und erblickte das getoastete Käsesandwich. Es war kalt, der Käse zu Klumpen geronnen, aber sie schlang es dennoch mit fünf großen Bissen hinunter. Dann wandte sie sich wieder dem Mac zu. Der Cursor fing wieder an zu tanzen und führte sie unablässig tiefer in den Wald hinein.

36
     
     
     
    Das beruhigte mich ein bisschen, aber dann dachte ich mir: »Er könnte unten kauern, so dass er im Spiegel nicht zu sehen ist!« Ich schaffte es, mich umzudrehen, obwohl ich kaum glauben konnte, wie schwach ich war. Bei der geringsten Bewegung schien es mir, als würde mir jemand einen rot glühenden Schürhaken in die Hand stoßen. Es war selbstverständlich niemand da, und ich versuchte mir einzureden, dass er wirklich nur ein Schatten gewesen war, als ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte – ein Schatten und eine Ausgeburt meiner überreizten Fantasie.
    Aber ich konnte es nicht glauben, Ruth – nicht einmal bei aufgehender Sonne und frei von den Handschellen und in meinem eigenen Auto eingeschlossen. Ich redete mir ein, wenn er nicht auf dem Rücksitz war, dann im Kofferraum, und wenn nicht im Kofferraum, dann geduckt hinter der Heckstoßstange. Mit anderen Worten, ich redete mir ein, dass er immer noch bei mir war, und er ist seither ständig bei mir gewesen. Das musst Du – Du oder jemand anders – begreifen; das muss ich mir wirklich von der Seele reden. Er ist seither ständig bei mir gewesen. Selbst als mein Verstand überzeugt war, dass er jedes Mal nur Schatten und Mondschein gewesen war, wenn ich ihn gesehen hatte, war er noch bei mir. Oder vielleicht sollte ich doch besser sagen, dass es ständig bei mir gewesen ist. Weißt du, mein Besucher ist »der Mann mit dem weißen Gesicht«, wenn die Sonne scheint, aber er ist »das Ding mit dem weißen Gesicht«, wenn sie untergeht. Wie auch immer, er oder es, mein vernünftiges Denken war schließlich imstande, von ihm abzulassen, aber ich habe festgestellt, dass das längst nicht ausreicht. Denn jedes Mal wenn nachts im Haus eine Diele quietscht, weiß ich, er ist zurückgekehrt; jedes Mal wenn ein komischer Schatten an der Wand tanzt, weiß ich, er ist zurückgekehrt; jedes Mal wenn ich unbekannte Schritte in der Einfahrt höre, weiß ich, er ist zurückgekehrt –

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