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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Sonne geformten Streitkolben des Nushash die Stufen hinauf. Sulepis ließ, mit dem Anflug eines Lächelns, den Blick darauf ruhen, zwinkerte dann Pinnimon Vash zu und reckte die Hiebwaffe hoch in die Luft. Einen Moment lang war sich der Oberste Minister sicher, dass ihm der Autarch den Schädel zerschmettern würde, hier vor den Augen der versammelten Würdenträger — von denen keiner je gewagt hätte, ein überraschtes, geschweige denn empörtes Murmeln von sich zu geben. Stattdessen aber wandte sich Sulepis dem Meer seiner Untertanen zu und rief mit seiner hohen, kräftigen Stimme:
    »Wir werden nicht ruhen, ehe die Feinde des Großen Xis unterworfen sind!«
    Aus der Menge brandete Zustimmung, die wie ein Stöhnen begann, um dann zu einem donnernden Gebrüll anzuschwellen, das die Mosaikgötter aus ihrem Himmel loszurütteln und auf die Erde herabzustürzen drohte.
    »Wir werden nicht ruhen, ehe unser Reich sich über die ganze Welt erstreckt!«
    Das Gebrüll wurde noch mächtiger. Vash aber fragte sich unwillkürlich, warum irgendeinem von ihnen auch nur im Geringsten daran liegen sollte, dass Xis seine Herrschaft ausweitete.
    »Wir werden nicht ruhen, ehe Nushash über alle herrscht — er, der lebende Gott auf Erden!«
    Nun schien es, als würde der Lärm nicht nur die Fliesen von der Decke lösen, sondern auch die Säulen zwischen Himmel und Erde zum Einsturz bringen.
    Der Autarch wandte sich zu Vash und sagte etwas, das aber im Tosen unterging. Er drehte sich wieder zur Menge und forderte mit einer Geste Stille, die auch sogleich einkehrte.
    »Während unserer Abwesenheit wird der Hüter der Rüstung, Muziren Chah, für euch Sorge tragen, so wie ich für euch Sorge trage, wie ein Hirte für seine Ziegen, wie ein Vater für seine Kinder Sorge trägt. Erweist ihm Gehorsam in allen Dingen, denn sonst werde ich euch bei meiner Rückkehr vernichten.«
    Die versammelten Höflinge und Würdenträger nickten mit weit aufgerissenen Augen, murmelten Lobpreisungen und gaben sich allergrößte Mühe, den Eindruck zu erwecken, dass ihnen schon die Vorstellung von Ungehorsam gänzlich fremd war. Vash fiel es äußerst schwer, eine ausdruckslose Miene zu wahren. Muziren? Ausgerechnet den Hüter der Rüstung, diesen Tölpel, ließ der Autarch auf dem Thron zurück? Dieser Platz hätte zweifelsohne viel eher Prusus, dem verwachsenen Scotarchen, zugestanden oder auch Vash selbst, da er ja immerhin das Amt des Obersten Ministers bekleidete. Welche Beweggründe mochten hinter einer so absonderlichen Entscheidung stecken? War es nur die Überlegung, dass Muziren wohl kaum den Thron für sich beanspruchen würde? Fühlte sich Sulepis wirklich dermaßen verwundbar, sobald er die Stadt verließ — obwohl doch eine Viertelmillion Männer unter seinem Befehl standen und das Blut von hundert Herrschern in seinen Adern floss?
    Muziren Chah nahm den Stirnreif der Regentschaft entgegen und sank dann auf die Knie, um Sulepis die Füße zu küssen. Der Autarch entließ die Menge. (Keiner beging indes den Fehler, sich vom Fleck zu rühren, ehe Sulepis selbst den Thronsaal verlassen hatte.)
    »Zu den Schiffen«, sagte der Autarch grinsend zu Vash. »Es riecht verlockend nach Blut. Und noch anderem.«
    Vash hatte keine Ahnung, was er meinte. »Aber ... aber was ist mit Prusus, o Goldener?«
    »Er begleitet mich. Unser vielgeliebter Scotarch hat es doch zweifellos verdient, ein wenig von der Welt zu sehen, meint Ihr nicht auch, alter Freund?«
    »Gewiss, o Goldener. Ich dachte nur ... weil er noch nie gereist ist ...«
    »Genug geredet. Meinen verlässlichsten Minister brauche ich ebenfalls an meiner Seite. Seid Ihr bereit?«
    »Gewiss, Herr des Großen Zeltes. Gerüstet und reisefertig, zu Euren Diensten wie immer.«
    »Gut. Vor uns liegt ein höchst reizvolles Abenteuer.«
    Der Autarch stieg in seine Sänfte. Jetzt, da er die königliche Rüstung angelegt hatte, konnte er den Thronsaal nicht einfach zu Fuß verlassen, ja er konnte überhaupt keinen Fuß mehr auf den Boden setzen, ehe er auf dem Schiff war. Seine muskulösen Sklaven hoben die Sänfte an und trugen ihn hinaus, und Vash konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass die Welt gerade ein wenig aus ihrer angestammten Bahn geraten war.

27

Die Schauspieler
    Da Nushash um die Sicherheit seiner neuen Braut Suya fürchtete, brachte er sie nach Mondzahn, dem Sitz seines Bruders Xosh, einer mächtigen Festung, erbaut aus dem Elfenbein des Mondes (welcher allmonatlich zu einem Stoßzahn

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