Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
in Sicherheit bringt, falls es nötig werden sollte.«
»Oh, das ist großartig, Mylord. Ich werde mich so richtig beliebt machen bei meinen lancastrianischen Freunden.«
»Werdet Ihr’s tun?«, fragte Edward.
Julian dachte einen Moment nach. Dann seufzte er. »Es wird mir eine Ehre sein«, knurrte er unwirsch.
Edward lächelte. Er machte aus seiner Erleichterung keinen Hehl. »Habt Dank. Das werde ich nicht vergessen. Lebt wohl, Julian.«
»Lebt wohl, Edward. Viel Glück.« Damit wandte er sich ab, ging zur Burg zurück und sah sich nicht mehr um.
Weobley, August 1469
»Es sieht völlig
verlassen aus«, sagte Blanche und blickte sich mutlos im Burghof um, der still und gleißend in der Sonne lag.
»Das liegt vermutlich daran, dass Verlierer nicht viele Freunde haben«, erwiderte Jasper boshaft. »Der Junge ist hier, ich weiß es.«
»Das hast du in Glamorgan auch gesagt«, gab sie ungeduldig zurück.
Als Julians Ritter, Tristan Fitzalan, ihnen die Nachricht von Black Will Herberts Tod gebracht hatte, hatten sie feststellen müssen, dass Herberts Witwe es offenbar noch schneller erfahren hatte und mit ihren Kindern und der kostbaren Geisel bereits aus Raglan verschwunden war. Niemand wusste, wohin. Alles, was Jasper in Erfahrung bringen konnte, war, dass sie bei Nacht und Nebel und in großer Aufregung aufgebrochen waren. Also hatte er sich mit Blanche, Madog und Julians Ritter auf die Suche begeben. Da Herbert als Earl of Pembroke und Statthalter des englischen Königs jedoch praktisch ganz Südwales beherrscht hatte, war es die Suche nach der berüchtigten Nadel im Heuhaufen.
Jasper ließ den Blick aufmerksam über die Fenster der steinernen Gebäude und Türme von Weobley Castle gleiten. Nichts rührte sich. Im Schatten der Mauer ging er zu der kleinen Kapelle hinüber, deren Tür einen sichtbaren Spaltbreit offen stand, und Blanche folgte ihm.
Noch ehe er die Tür weiter öffnen konnte, hörten sie das Weinen einer Frau. Es waren Laute unsäglichen Jammers. Blanche spürte ihr Herz schwer werden, und sie schaute zu Jasper. Sein Blick verriet ihr, was sie schon geahnt hatte: Ihm warnicht wohl in seiner Haut. Trauernde Witwen – selbst die seiner Todfeinde – bereiteten ihm Unbehagen.
»Lass mich vorgehen«, schlug sie vor.
Er nickte und bedeutete Tristan Fitzalan wortlos, die Augen offenzuhalten und das Haupttor zu sichern. Zu Madog sagte er: »Mach dich auf die Suche nach Generys und Rhys.«
Sein Ritter sah sich einen Augenblick unschlüssig im Hof um und ging dann auf das Hauptgebäude zu, welches verglaste Fenster hatte und bewohnbarer aussah als der Rest.
Vorsichtig und lautlos stieß Blanche die hölzerne Tür der Kapelle auf und trat ein. Es war ein schmuckloser, dämmriger Raum. Vor dem Altar lag eine Frau auf den nackten Steinfliesen. Sie hatte den Kopf in den Armen vergraben und schluchzte. An ihrer Seite kniete ein Mädchen von vielleicht sieben Jahren, die Hände gefaltet, die Augen zugekniffen. Das kleine Gesicht war bleich, und das Kind betete mit Inbrunst.
Auf der anderen Seite der Trauernden knieten zwei Knaben. Der junge Bill Herbert – immer noch pummelig – hatte ebenfalls die Augen geschlossen und betete, wenn auch vielleicht nicht so verzweifelt wie seine kleine Schwester. Henry Tudor, der junge Earl of Richmond, war so reglos wie die steinernen Säulen, die das Dach der Kapelle trugen, und betrachtete den Schmerz seiner Ziehmutter mit vollkommen ausdrucksloser Miene.
Blanche ging langsam auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. Richmond schreckte nicht zusammen. Er wandte den Kopf, und als er sie erkannte, lächelte er. Es war kein strahlendes Lächeln, eher verhalten wie das, das sein Onkel Jasper der Welt gelegentlich zeigte, aber es veränderte das Gesicht doch beträchtlich: Das Lächeln machte Richmond zu dem zwölfjährigen Jüngling, der er war. Wenn es verschwand, wirkte er älter als seine Jahre; wachsam, argwöhnisch zuzeiten, als sei er immer darauf gewappnet, dass Fortuna ihm einen grausamen Streich spielte. Blanche wusste, es war kein Wunder, dass er so geworden war.
»Komm«, sagte sie.
Richmond erhob sich bereitwillig, fragte jedoch: »Wohin?«
»Dein Onkel ist hier, um dich nach Hause zu bringen«, antwortete sie. Dann beugte sie sich über die trauernde Witwe am Fußboden, nahm sie behutsam beim Arm und sagte: »Lady Herbert …«
Die Weinende zuckte zusammen, hob den Kopf und sah Blanche aus geröteten Augen an. Dann riss sie sich los
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