Das Spiel der Könige - Gablé, R: Spiel der Könige
sinken, sah auf Malachy hinab und spuckte ihm ins Gesicht. »Dann darfst du dein gutes Stück behalten, du erbärmlicher Wurm.«
Malachy fing an zu kichern.
Julians Augen verengten sich. »Alice, warte draußen.«
»Tu ihm nichts, Vater«, bat sie.
»Warte draußen, hab ich gesagt.«
»Er will doch, dass du ihn tötest. Aber er muss beichten, eh er diese Welt verlässt.« Sie wischte sich mit beiden Händenüber die Wangen, plötzlich ungeduldig mit sich selbst, weil sie nicht aufhören konnte zu weinen. »Lass ihn leben. Das ist Strafe genug.«
Sie blickte auf Malachy hinab. Er hatte die Augen zugekniffen, das Gesicht zu einer Fratze irrer Heiterkeit verzerrt. Dann wälzte er sich auf die Seite, weg von ihrem Vater, und verbarg den Kopf in den Armen. Kleine erstickte Laute drangen aus seiner Kehle. Unmöglich zu entscheiden, ob er lachte oder weinte.
Angewidert steckte Julian sein Schwert ein. »Also meinetwegen.« Er streckte ihr die Hand entgegen. »Komm. Lass uns gehen.«
Obwohl er ihr immer noch Furcht einflößte, zögerte sie nicht. Sie trat zu ihm, legte die Hand in seine und ließ sich auf den Korridor hinausführen, wo die Wache bewusstlos auf den Steinfliesen lag. Julian packte den Mann mühelos unter den Achseln, schleifte ihn ins Rosenzimmer, kam wieder heraus und sperrte die Tür ab. Erst dann wandte er sich seiner Tochter zu, und mit einem Mal war die unheimliche, eisige Wut aus seinen Augen verschwunden.
Er legte beide Hände auf Alice’ Wangen und küsste ihr die Stirn. »Es tut mir so leid, mein Kind.«
Sie schlang die Arme um ihn, presste das Gesicht an seine Schulter und schärfte sich ein, nur ja nicht wieder anzufangen zu heulen. »Es war doch nicht deine Schuld.«
»Natürlich war es das.« Lucas und Edmund hatte er vorgeworfen, sie trügen die Verantwortung. Aber in Wahrheit wusste er es besser. »Ich habe dich hergebracht.«
»Und das war gut so«, gab sie zurück, beinah trotzig. »Ich hab dir nie so recht geglaubt, wenn du gesagt hast, hier sei unser Zuhause. Aber jetzt weiß ich, dass es so ist.«
Er drückte sie einen Moment an sich, dann legte er einen Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht. »Du bist so großzügig wie deine Mutter.« Sein Lächeln war so traurig, dass ihre Brust sich zusammenzog.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf dieWange. »Hör auf, dir Vorwürfe zu machen. Mir ist nichts passiert. Und ich habe gewusst, dass du kommst.«
Er nahm sie wieder bei der Hand. »Vorsicht auf den Stufen«, warnte er. Es war eine liebe alte Gewohnheit.
Unten im Burghof herrschten Zwielicht und drückende Schwüle. Von Westen zog ein Gewitter heran, und Julian stellte ergeben fest, dass sie auf dem Weg nach Sevenelms wieder einmal ordentlich nass regnen würden. Nicht der schlimmste Ausgang, den dieser Tag hätte nehmen können, wusste er.
Zehn Schritte vom Torhaus entfernt warteten Lucas und Edmund mit Thomas Devereux. Sie flankierten ihn und hatten ihm die Waffen abgenommen, aber sie fassten ihn nicht an.
Julian schickte Alice, bei den Pferden zu warten. Dann trat er zu der traurigen kleinen Gruppe im Hof und nickte Devereux frostig zu. »Für Eure Rache an uns heiligt der Zweck jedes Mittel, nicht wahr, Devereux?«
Der Mann seiner Schwester schüttelte den beinah völlig kahlen Kopf. »Der Zweck heiligt niemals die Mittel. Und meine Rache an Euch und den Euren habe ich bekommen, als der König mich am Tag nach der Krönung zum Earl of Waringham gegürtet hat.«
Es kostete Julian Mühe, eine gleichmütige Miene zu wahren. Natürlich hatte er es schon gehört. Aber er hatte den Verdacht, dass er sich nie daran gewöhnen, geschweige denn damit abfinden würde. »Möge Eure Rache bitter schmecken«, wünschte er seinem Schwager.
Devereux zeigte ein kleines, freudloses Lächeln, welches mehr Lücken als Zähne enthüllte. »Das wäre nichts Neues. Mein ganzes Leben war bitter. Nicht zuletzt dank Eurer Schwester. Habt Ihr meinen Sohn getötet? Den letzten, der mir geblieben ist?«
Julian verspürte so etwas wie ein schlechtes Gewissen und Mitleid für diesen verkrüppelten Greis. Sie waren ihm höchst unwillkommen, aber plötzlich war er seiner Tochter dankbar, dass sie ihn daran gehindert hatte, Devereux’ Sohn das Lichtauszublasen. »Für dieses Mal lass ich ihn Euch«, gab er zurück. »Ich bin sicher, er ist Euer ganzer Stolz. Und nun gebt meinen Neffen heraus.«
»Er hat schon zwei Männer nach Roland geschickt«, meldete Edmund sich
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