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Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Blut kann.
    Armer Peter, sagte Jana in meinen Gedanken. Du weißt doch, dass Gott die Gerechten am meisten leiden lässt.
    Ich schluckte und ließ die Dokumente sinken. Ich war froh darüber, dass Gregor in der Dunkelheit meine Gesichtszüge nur vage erkennen konnte.
    »Gute Idee«, sagte Gregor. »Wir haben, was wir gesucht haben. Ich kann mir Schöneres vorstellen, als hier entdeckt zu werden.«
    Ich nickte.
    In diesem Moment hörten wir das Kratzen, mit dem jemand versuchte, das von uns notdürftig geschlossene Küchenfenster aufzubrechen.

8.
    Wir starrten uns überrascht an. Dann reagierten wir so schnell, wie wir es in den Zeiten unserer Zusammenarbeit als junge Männer kaum jemals getan hatten. Ich packte den Stapel Papiere auf den Herd, Gregor blies das Licht aus, und während mir noch die Phantome vor den Augen tanzten, die der Widerschein der Lampe in meinen Pupillen waren, huschte ich schon durch die plötzliche Finsternis zur Wand und presste mich an der einen Seite des Fensters dagegen. Gregor drückte sich an die andere Seite. Es geschah so schnell, dass der Unbekannte draußen seinen zweiten Versuch, das Brett in der Fensteröffnung zu lösen, erst unternahm, als wir schon in Position waren. Gregor sah zu mir herüber und ich zu ihm, das Fenster zwischen uns. Er hatte die Klinge wieder neben seine Wange erhoben und atmete rasch. Mit Bestürzung bemerkte ich, dass ich Gregors Augen glitzern sah, obwohl es im Inneren des Hauses jetzt so dunkel wie in einem Grab hätte sein müssen.
    »Die zweite Lampe«, hauchte ich. Gregor biss die Zähne zusammen.
    »Draußen auf dem Gang«, hauchte er zurück. »Verdammt.«
    Dabei brauchten wir uns darüber keine großen Sorgen zu machen. Wer immer hereinkam, würde vom Licht draußen so geblendet sein, dass er die Tranlampe nicht sofort bemerkte. Wenn es so weit war, würden wir ihn längst gepackt haben, und dann war es keine Frage mehr, ob wir entdeckt wurden oder nicht. Ich spürte etwas Hartes in meiner Hand und stellte fest, dass ich das Küchenmesser fest umklammert hielt. Vorsichtig legte ich es auf den Boden. Gregor warf mir drängende Blicke zu und schüttelte vehement den Kopf, aber ich wollte die Hände frei haben – und vor allem nicht in der ersten Hektik kopfloszustoßen. Gregor machte ein grimmiges Gesicht, er erdolchte mich regelrecht mit seinen Blicken.
    Wer immer dort draußen war, er gehörte nicht zum Haus Hoechstetter. Er rüttelte so vorsichtig an dem Brett, dass klar war, dass er sich noch mehr davor fürchtete, beim Einbruch in das Haus ertappt zu werden, als wir. Ich versuchte Gregor, der den Dolch in seiner Hand unruhig vor- und zurückzucken ließ, darauf aufmerksam zu machen, doch dann verschob sich das Brett und stürzte beinahe in den Raum, und wir zuckten alle zurück – auch der Unbekannte draußen in der quintana. Das Brett war jetzt so lose, dass ein Atemstoß es umgestürzt hätte.
    Gregor hob einen Finger und deutete auf sich. Dann erhob er zwei Finger und zeigte auf mich. Er wollte sich des Ersten annehmen, der hereinkam; wenn es einen Zweiten gab, sollte ich ihn übernehmen. Ich hob drei Finger und zuckte mit den Schultern, und er presste die Lippen zusammen und senkte den Blick.
    Jemand gab dem Brett einen harten Stoß. Es flog in den Raum, der plötzlich aufleuchtete, als läge draußen nicht die düstere Spalte zwischen den beiden Häusern, sondern ein hell beschienener Platz, landete polternd auf dem Steinboden und schlitterte gegen die Wand. Ich hörte, wie jemand einen Fluch zwischen den Zähnen murmelte. Ein Bein schwang durch die Öffnung, gefolgt von der Silhouette eines Menschen, der hereinstolperte und sich blind umsah; und ich sah Gregor, der sich von der Wand abstieß, einen Arm von hinten um den Hals des Eindringlings schlang und ihn seitlich zu Boden riss. Die Töpfe auf dem Herd flogen scheppernd beiseite, Ludwig Stinglhammers Papiere flatterten durch die Luft, eine zweite Gestalt fiel mehr herein als dass sie kletterte und zischte: »Leise, verdammt noch mal!«, und erstarrte mit einem Keuchen, als sie meine Hände um ihren Hals fühlte.
    Ich schleifte meine Beute so schnell wie möglich zur anderen Seite des Fensters, aber wir hatten Glück: Sie waren nur zu zweit, genau wie wir.
    Für sie mochte es im Inneren des Hauses stockdunkel sein, für uns war es mehr als hell. Ich setzte dem Mann, dessen Hals ich so fest umklammert hielt, dass ich seinen Pulsschlag in meinen Handflächen fühlte, ein Knie in die Seite

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