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Das Spiel des Schicksals

Das Spiel des Schicksals

Titel: Das Spiel des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. R. Powell
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eingetreten bin, kann ich nicht einfach von einer Karte in die nächste gehen?«
    »Nein. Jeder Spielzug findet in einem eigenen, abgeschlossenen Raum statt. Wie die Felder auf einem Schachbrett. Wenn man weiterlaufen würde, würde man in kürzester Zeit von einer Sackgasse in die nächste geraten. «
    »Aber die Sechs der Kelche ist und bleibt meine einzige Chance … «
    »Dann hast du zwei Möglichkeiten«, erklärte Flora gelassen. »Entweder gehst du immer wieder ins Arkanum, über eine Schwelle nach der nächsten, in der Hoffnung, dass du über das stolperst, was du suchst – entweder in der Sechs der Kelche oder vielleicht in einer anderen Karte. Oder … «
    »Oder?«
    »Du lässt es bleiben. Vergiss, dass irgendetwas davon je passiert ist, ignoriere das Kribbeln auf deiner Hand, verschließe deine Augen vor den Hinweisen auf eine Schwelle. Suche die Antworten in der wirklichen Welt.«
    »Das geht nicht.«
    »Nein.« Flora lachte gezwungen. »Das kann niemand von uns. Das ist die Ironie des Schicksals. Ein Joker kann
nicht um einen Trumpf spielen. Wir sind Teil eines Spiels, das wir nicht gewinnen dürfen. Und doch bleibt die Versuchung dieselbe.«
    »Was für eine Versuchung?«
    »Die Sehnsucht unseres Herzens zu finden, natürlich.« Ihre Stimme klang bitter.
    Von der anderen Straßenseite erklang Gelächter. Floras Freunde hatten das Café verlassen und schlenderten in lebhaftem Gespräch über den Gehsteig. Flora stand auf und strich ihre Kleider glatt. »Ich muss wieder zurück.«
    »Okay. Danke und … man sieht sich.«
    Flora schenkte ihr wieder ein höfliches, unverbindliches Lächeln. »Vielleicht.«
    Cat schaute ihr nach, als sie zu ihren Freunden ging und von diesen in die Mitte gezogen wurde. Flora lachte, rief etwas und schüttelte ihr glänzendes Haar. Der Junge mit Namen Charlie schlang lässig den Arm um ihre Schulter. Die Gruppe ging weiter.

    Als Cat am Nachmittag in die Wohnung zurückkehrte, war sie zu müde, um zu denken, ja fast zu müde, um irgendetwas zu fühlen. Nach allem, was geschehen war, empfand sie die Taubheit in ihrem Herzen als Erleichterung.
    In den nächsten Tagen vergrub sie sich mit der Wundersamen Welt des Tarot in ihrem Zimmer und versuchte, sich so weit mit den Karten vertraut zu machen, dass sie sie im Spiel der Trümpfe wiedererkennen würde. Einige waren leichter zu behalten als andere. Der Narr
war die Karte der Joker; Fortuna war diejenige, die eine Lotterie einberief. Die vier Asse verkörperten die vier Elemente. Die Großen Arkana waren die Trumpfkarten und die Kleinen Arkana die Hofkarten … Cat vermutete, dass die Buben hauptsächlich in die Hofkarten verwickelt waren, die jeweils Gruppen von Menschen bei irgendwelchen Tätigkeiten zeigte, oftmals beim Kampf. Aber viele der Hofkarten wirkten genauso fantastisch wie die Trümpfe, und es war unmöglich, vorauszusagen, was für ein merkwürdiges Leben das Arkanum ihnen einhauchen würde.
    Zu einer Trumpf karte kehrte sie immer wieder zurück. Es war das Bild einer streng wirkenden Frau, die in der einen Hand ein Schwert und in der anderen eine Waage hielt. Die Gerechtigkeit. Cat wusste, dass das Spiel die Gerechtigkeit lebendig werden lassen und einem Ritter die Macht der Enthüllung schenken konnte, das Recht zu urteilen und zu bestrafen. Aber weil es ein Trumpf war und sie ein Joker, war dies ein Preis, den sie nicht gewinnen konnte.
    Bitte, klang ihr wieder und wieder die Stimme ihrer Mutter in den Ohren, das ist ein Missverständnis. Und die andere Stimme, die dritte, diejenige, die immer außerhalb ihrer Reichweite blieb …
    Außerhalb ihrer Reichweite in der gewöhnlichen Welt, ja, aber im Arkanum wurden die Karten neu gemischt. Dort, wo Zeit und Entfernung verschwammen, mochte sie alle möglichen und unmöglichen Dinge entdecken – vergessene Stimmen, geheime Wahrheiten, ihr
vergangenes Glück. Vielleicht fand sie sogar die Person, die es ihr geraubt hatte. In diesem Falle würde Cat keine Trumpfkarte brauchen. Dann würde sie auf eigene Faust für Gerechtigkeit sorgen.
    Sie sagte Bel, dass sie wohl eine Grippe ausbrüten würde. Keiner von ihnen beiden hatte noch einmal die Ereignisse von Samstagabend angesprochen. Es war, als ob sie eine plötzliche Scheu voreinander entwickelt hätten, besonders Bel, und Cat empfand ihre Nervosität als höchst beunruhigend. Im Augenblick glaubte Bel einfach, dass sie immer noch die wahren Umstände des Todes ihrer Eltern verarbeiten musste, aber Cat wusste, dass

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