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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Ryan
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bequem und so nah am Geschehen wie möglich. So etwas gibt es immer. Ich weiß, dass die Wand links von uns sich von den anderen unterscheidet. Und sie hat im Gegensatz zu den anderen Wänden, die über alle möglichen verborgenen Öffnungen verfügen, nur eine Tür, eine ganz normale Tür in der Mitte. Als Ian und ich zu Beginn der großen Preisrunde den Gang zu diesem Raum entlanggekommen sind, haben wir eine Reihe von Stühlen gesehen.
    Die erste Reihe.
    Plötzlich bin ich mir sicher, dass der seidene Wandteppich im Gang draußen mehr als bloße Deko ist– es ist ein Vorhang, der große Bühnenvorhang, der sich jetzt für diese perverse Show gehoben hat. Und die glänzende Wand neben der Tür ist keine Wand, sondern ein Einwegspiegel. Die Beobachter sitzen nur ein paar Meter von uns entfernt! Ich bin mir so sicher, als könnte ich ihren Atem in meinem Nacken spüren.
    Soll ich Ian von meinem Verdacht erzählen? Aber was, wenn das, was Tommy über ihn gesagt hat, wahr ist? Wenn Ian mich für ein bisschen Internet-Ruhm dazu gebracht, hier mitzumachen? Vielleicht hatte Micki ja doch recht, dass er ein Spion von Risk ist. Wie sonst kann er sich eine Privatschule leisten? Syd fand ihn auch sofort zwielichtig und sie kann Menschen gut beurteilen. Oder doch nicht? Wie gut kann ihre Menschenkenntnis sein, wenn sie mich zur besten Freundin gewählt hat? Eine beste Freundin, die an ihrer Loyalität gezweifelt hat und bei einem trügerischen Spiel mitmacht, das sie beide das Leben kosten kann…
    Aber Ian war heute Nacht mein Fels in der Brandung. Und ich brauche jemanden, der mir beim Ausbruch hilft. Tommy könnte sich geirrt haben, und es ist gar nicht Ian, den er auf diesen ekligen Webseiten gesehen hat. Genauso wie er sich womöglich mit seiner Einschätzung geirrt hat, die Polizei würde gleich hier sein. Er hat nur das gesehen, was er sehen wollte, nicht das, was wirklich da war. Andererseits ist er der cleverste Junge, den ich kenne. Kann es wirklich sein, dass er sich irrt? Ich raufe mir die Haare. Aber ich habe keine Zeit, die Wahrheit herauszufinden. Ich muss mich auf mein Bauchgefühl verlassen.
    So leise wie möglich wispere ich Ian meine Vermutungen zu und hoffe, dass er auf meiner Seite steht.
    » Das ist verrückt « , erwidert er, aber in seiner Stimme schwingt Unsicherheit mit. » Und selbst wenn es stimmt, was sollen wir tun? «
    Wenigstens flüstert er und posaunt meine Idee nicht gleich laut heraus. Aber ich spüre, wie sehr mich seine Zweifel enttäuschen. Vielleicht will er die Dinge auch nicht so sehen, wie sie sind. Womöglich hält er mich sogar davon ab, hier rauszukommen.
    » Wir könnten direkt auf die Glaswand schießen. «
    Er schweigt einen Augenblick, dann wendet er ein: » Die Schüsse würden entweder die Scheibe durchschlagen und jemanden dahinter treffen, vorausgesetzt, dass dort tatsächlich jemand ist, oder abprallen und als Querschläger zurückkommen. Beides keine akzeptablen Optionen. «
    Ich bin mir gar nicht so sicher, ob das Publikum nicht ein paar Kugeln verdient hat, muss aber einräumen, dass er recht hat.
    » Und wenn wir ein Sofa reinrammen? «
    » Die Dinger sind schwer und haben keine Rollen. Ich glaube kaum, dass wir es schaffen, eines davon mit genügend Wucht durch eine Glaswand zu stoßen. «
    Ansonsten können wir nur mit Bierflaschen und Popcornschachteln werfen. Oder mit den anderen Spielern. Ein paar davon würde ich mit größtem Vergnügen durch die Wand werfen. Wenn wir nur den komischen Glastisch anheben könnten.
    Ich halte den Atem an.
    Das brauchen wir ja gar nicht! An seinen Kordeln hängend wirkt er wie ein Rammbock, und weil links von ihm keine Sofas stehen, kann ihn auch nichts aufhalten. Ich erkläre Ian flüsternd meinen Plan. Zuerst ist er dagegen, aber welche Alternative haben wir schon? Wir beraten uns wispernd darüber, wie wir den Plan umsetzen können, ohne dass uns die anderen erschießen. Genau in dem Moment, in dem wir uns etwas überlegt haben, was nicht völlig unmöglich erscheint, höre ich ein leises Klick!.
    » Was war das? « , frage ich.
    » Ich habe meine Waffe gesichert « , sagt Ian.
    Mir schnürt es die Brust zu. Ich fühle mich so schutzlos. Aber er hat recht. Wir wollen auf unserer Flucht nicht versehentlich jemanden erschießen. Und die Spielemacher haben nie ausdrücklich verlangt, dass die Waffen entsichert bleiben müssen. Solange wir unser Ziel im Visier behalten, verstoßen wir nicht gegen die Regeln. Also sichere ich meine

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