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Das stumme Lied

Titel: Das stumme Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Herefordshire. Sie ist kein bisschen so ungehobelt, wie du anzunehmen scheinst.«
      Ihre Mutter schaute sie ausdruckslos an. »Ich weiß nicht, was du meinst, Kirsten. Erziehung lässt sich nicht verleugnen. Mehr will ich nicht gesagt haben.«
      »Gut, aber ich gehe sowieso. Und das war's.«
      »Selbstverständlich musst du gehen«, sagte ihr Vater und tätschelte ihr Knie. »Deine Mutter ist nur um deine Gesundheit besorgt, das ist alles. Achte darauf, genug warme Sachen und ein paar vernünftige Wanderstiefel mitzunehmen. Und bleib auf den Wegen.«
      Kirsten lachte. »Du bist fast genauso schlimm«, sagte sie. »Wenn man euch so hört, würde man glauben, ich wollte zum Nordpol oder so. Es ist nur ein paar hundert Meilen nördlich, nicht ein paar tausend.«
      »Ganz gleich«, sagte ihr Vater, »die Landschaft kann in diesen Gegenden ziemlich tückisch sein und es regnet furchtbar viel. Ich bitte dich nur darum, vorsichtig zu sein.«
      »Keine Angst, das werde ich.«
      »Wann hast du vor abzureisen?«, fragte er.
      »Tja, zuerst muss ich warten, bis ich etwas von Sarah höre und weiß, ob sie mich abholen und etwas freinehmen kann, aber ich wollte eigentlich so bald wie möglich fahren.«
      »Und wirst du vor Semesteranfang noch einmal zurückkommen?«
      »Aber ja. Es geht ja erst Anfang Oktober los. Ich werde zurückkommen und meine Bücher und Klamotten holen. Ich hoffe auch, vorher schon eine Wohnung zu finden. Vielleicht nehme ich eine mit Sarah zusammen.«
      »Hältst du das für klug?«, fragte ihre Mutter.
      »Das wär ja wohl wesentlich besser, als allein zu wohnen, oder?«
      Dagegen schien ihre Mutter nichts mehr sagen zu können.
      »So«, sagte ihr Vater, »du willst dich ins Abenteuer stürzen. Schön für dich. Du musst gemerkt haben, dass es Zeiten gab, wo deine Mutter und ich ... wo wir ... also, wo wir nicht wussten, was die Zukunft bringen wird.«
      »Mir geht's gut, Daddy«, sagte Kirsten. »Wirklich.«
      »Ja, selbstverständlich. Wirst du zu Dr. Masterson gehen, während du da oben bist? Wegen der ... du weißt schon?«
      Kirsten nickte. »Wahrscheinlich«, sagte sie. »Es kann nicht schaden, oder?«
      »Nein, wahrscheinlich nicht. Leider kann ich dich nicht hochfahren. Wir haben im Moment ein sehr wichtiges Projekt, ich kann mir einfach nicht freinehmen. Vielleicht könntest du einen Wagen mieten ...«
      »Schon in Ordnung«, sagte Kirsten. »Ich hatte daran gedacht, den Zug zu nehmen. Ich muss lernen, allein zurechtzukommen.«
      »Na schön, wenn du dich bei dem Gedanken wohl fühlst. Du wirst ein bisschen Geld brauchen, nicht wahr?«, sagte er und ging hinüber zum Wohnzimmerschrank, um aus der obersten rechten Schublade sein Scheckbuch zu holen.
     
     

* 45
    Susan
     
    Sue verließ das Haus, ohne von jemandem gesehen zu werden, und ging los, um ihren ersten Hauseinbruch mit Kalbsmedaillons und einer Flasche Chianti in dem teuren Restaurant in der New Quay Road zu feiern. Danach kehrte sie kurz in ihr Zimmer zurück, ging dann ungefähr eine Meile an der Küste entlang und warf ihre Reisetasche, beladen mit schweren Kieselsteinen, ins Meer. Sie blieb stehen und schaute zu, wie die Flut sie erst zurückschleuderte, dann hinaussaugte und schließlich verschluckte. Selbst wenn die Tasche irgendwo angespült werden sollte, würde es niemanden interessieren.
      Nun war es an der Zeit, die letzte Phase ihres Planes umzusetzen. Zunächst wollte sie ihn eine Weile schmoren lassen.
      Und er schmorte tatsächlich. Als Sue ihn an dem Tag, nachdem sie in sein Haus eingebrochen war, zum ersten Mal sah, war er auf dem Weg zur Arbeit und machte einen mitgenommenen und gedankenverlorenen Eindruck. Es regnete, und er hatte seine Hände tief in den Taschen vergraben und den Kopf gesenkt, doch seine funkelnden Augen musterten die Straße und die Fenster der umliegenden Häuser. Er musste sie am Fenster von Rose's Café sitzen gesehen haben, dachte Sue, doch seine Blicke strichen nur über sie hinweg wie über alles andere. Er war unruhig, nervös, als würde er jeden Moment einen Hinterhalt erwarten.
      Nachdem er vorbeigegangen war, widmete sich Sue wieder der Lokalzeitung. Es wurde von keiner Veränderung von Keiths Zustand berichtet und bei der Suche nach Jack Grimleys Mörder schien die Polizei keinen Schritt vorangekommen zu sein. So weit, so gut. Nun würde es bald vorüber sein.
      Kurz vor Mittag am zweiten Tag sah Sue ihn vom

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