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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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zu organisieren. Es ist nur logisch, dass die entscheidenden Impulse von denen kommen, deren Situation untragbar geworden ist.«
    Ana schenkte von dem Rotwein ein, den sie vorsorglich auf Zimmertemperatur gebracht hatte. Obwohl Maeva nur selten Alkohol trank, hielt sie die Situation für angemessen und erwiderte den Toast ihrer Gastgeberin.
    »In jedem Moment unseres Lebens haben wir die Freiheit der Entscheidung«, fuhr Ana fort. »Und die kubanischen Frauen haben sich entschieden. Anstatt für das bloße Überleben zu kämpfen, kämpfen sie nun für die Verwirklichung ihrer Träume. In diesen Träumen sind Frauen und Männer gleichgestellt, das werden wir nicht müde zu betonen. Unsere Compañeros beginnen das allmählich zu begreifen.«
    Sie musste schmunzeln. »Ich weiß, was es bedeutet, wenn man in der Politik unerfahren ist«, sagte sie. »Wenn ich an unsere Anfänge denke, dann kann ich über unseren Dilettantismus nur lachen. Dir wird es anfangs sicher nicht anders ergangen sein. Eines weiß ich aber inzwischen: Es gibt keinen sicheren Weg zum Erfolg, aber es gibt einen zu einem sicheren Misserfolg. Er besteht darin, es jeder und jedem recht machen zu wollen. Zum Glück sind die kubanischen Männer verständnisvoller als anderswo. Die Tatsache, dass wir gegen die Mitglieder des alten Systems keine Hetzjagd eröffnet haben, hat uns geholfen. Weißt du was? Manchmal habe ich den Eindruck, dass die ehemaligen Verantwortungsträger froh sind, aus der Verantwortung entlassen worden zu sein. Wer keine Verantwortung trägt, kann sich auch nicht schuldig machen. Es ist schon erstaunlich, wie schnell Machos die Rollen wechseln können. Vom Despoten zum unschuldigen Kind – das schaffen die im Handumdrehen, ehrlich!«
    Ana lachte laut auf, konnte kaum noch an sich halten. Maeva vermochte sich ihrer Heiterkeit nicht zu entziehen, auch sie fiel ein in dieses Gelächter, das ihr schließlich die Tränen ins Gesicht trieb. Sie hatte das Gefühl, als würde ihr ein Pfropfen von der Seele springen, als löse sich die Blockade der letzten Tage wie von Geisterhand auf. Endlich beruhigten sich die beiden Frauen. Die plötzliche Nähe, die zwischen ihnen entstanden war, machte sie verlegen.
    »Radikale Weiberkratie …«, ließ sich Ana vernehmen, nachdem sie eine Weile nachdenklich im Feuer gestochert hatte. »Natürlich ist eine Bewegung radikal, die an die Wurzeln einer Gesellschaft rührt, welche auf die Unterwerfung der Frauen baut. Allerdings steht dieser Politik, die imstande wäre, die Probleme der Welt erfolgreich zu lösen, ein fundamentales Hindernis im Weg: Das sind die Frauen selbst. Frauen müssen erkennen, dass die Veränderungen zu einem würdevollen Leben in erster Linie bei ihnen liegen. Das betrifft ihre Art, zu denken, zu leben und zu arbeiten. Ihre Haltung ebenso wie ihre Unterhaltung. Jede Frau muss sich fragen, wie sie mit sich selbst umgeht. Wenn sie das konstruktiv und aufbauend betreibt, wenn sie sich als ihre beste Verbündete begreift, dann ist mir um unsere Gesellschaft nicht bange. Meinst du, wir kriegen das hin? Immerhin will auch die neue Frau von allen gemocht werden. Sie will sich zwar durchsetzen, aber sie will niemanden verletzen. Sie will ihr Ziel erreichen, aber sie will niemanden überrollen; sie will kritisch sein, aber sie will niemanden schlechtmachen; sie will ihre Meinung sagen, aber sie will nicht manipulieren; sie will selbstsicher sein, aber andere nicht ängstigen. Geht das gut?«
    Maeva war ein wenig ratlos, in ihrer Kultur stellten sich diese Fragen nicht, jedenfalls nicht so drastisch. Ana schien auch gar keine Antwort erwartet zu haben, denn sie fuhr in ihrem Monolog unbeirrt fort. »Die Mutlosigkeit der kubanischen Frauen ist jedenfalls beendet. Ihre Anliegen werden ernst genommen und sind wichtig für das Leben unseres ganzen Volkes«, sagte sie. Es klang, als versehe sie ihre Worte mit einem Regierungsstempel.
    Lieutenant General Francis D. Copland war sauer, um nicht zu sagen stinksauer. Obwohl er den Herrschaften in Washington seit Tagen versicherte, dass die NSA mit dem Anschlag auf das »CRISTAL«-Hotel in Bolivien nichts zu tun hatte, schickte der Präsident ihm jetzt seinen Sicherheitsberater Laurence Frost auf den Hals. Er mochte diesen alerten, karrierebesessenen Typen nicht. Frost war ein Hohlkopf, ein leerer, von der Idee eines anderen gefüllter Raum. Er glich einem Jagdhund mit einem Brillanthalsband. Und dieser Jagdhund war nun auf Geheiß seines Herrn nach

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