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Das Südsee-Virus

Das Südsee-Virus

Titel: Das Südsee-Virus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk C. Fleck
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Beklemmung größer. Ich bin sicher, dass Steve und Rudolf ähnlich empfinden. Wir reden aber nicht darüber. Solche Dinge darf man nicht aussprechen, dann passieren sie garantiert. Eine alte Voodooweisheit …
    Das ist ja ein Ding! Die Rezeption rief an und teilte mir mit, dass John Knowles im Hotel ist und mich zu sehen wünscht. Sofort. Aber gerne doch …
    »Ist Ihnen eigentlich klar, wer unter diesen Arkaden bereits alles seinen Drink geschlürft hat?«, fragte Knowles und ließ die Eiswürfel in seinem Whiskeyglas kreisen. »Hemingway, Churchill, Sinatra, Ava Gardner, Marlon Brando, Nat King Cole … Das »Hotel Nacional de Cuba« war einmal eine weltbekannte Institution, mein Lieber, wussten Sie das?«
    Knowles hatte eine ganz spezielle Art, sich ins Gespräch zu begeben, Cording mochte seine Eröffnungen. Sie waren von charmanter Harmlosigkeit und ließen nie erahnen, was der alte Haudegen tatsächlich im Schilde führte. Er hatte es längst aufgegeben, den knorrigen Amerikaner zu drängen, das führte lediglich zu weiteren Verzögerungen. John Knowles genoss es, die Gesprächspartner einzulullen, um sie dann mit einer plötzlichen Frage oder Feststellung bloßzustellen. Die Interviews, die der Pulitzerpreisträger für die »New York Times« mit Polit- und Wirtschaftsgrößen führte, gehörten zum Besten, was der Journalismus seit einer gefühlten Ewigkeit zu bieten hatte. Knowles war immer informiert. Er hatte immer einen tödlichen Pfeil im Köcher. Er ging einfach davon aus, dass jeder, der es in unserer Gesellschaft bis an die Spitze eines Konzerns, einer Organisation oder Partei geschafft hatte, ein Gangster sein musste. Die Schlitzohrigkeit erinnerte Cording an Shark, der in der GO!-Show ähnlich radikal vorgegangen war.
    »Die Sache mit Shark war kein Unfall«, bemerkte Knowles beiläufig, während seine Augen die kichernden Badenixen verfolgten, die unterwegs zum Swimmingpool waren, wo sie in wenigen Minuten ihr allabendliches Wasserballett aufführen würden. »Shark ist einem Mordanschlag zum Opfer gefallen. Armer Kerl, er war gar nicht gemeint, der Anschlag galt Maeva. Wobei man auch Ihren Tod, lieber Freund, ohne Weiteres in Kauf genommen hatte …«
    Cording wusste spätestens seit Abu Dhabi, dass Knowles über spezielle Kontakte zu amerikanischen Geheimdiensten verfügte, insbesondere zur NSA. Er hätte den langen Weg nicht auf sich genommen, wenn er seine Behauptung nicht beweisen könnte.
    »Es war nicht, was Sie denken«, hörte er den Amerikaner sagen, »es war keine Geheimdienstoperation. Diesmal nicht. Das Komplott wurde in der Chefetage von GENius geschmiedet. Und zwar unmittelbar nach Maevas Rede am Melkbosstrand. Erinnern Sie sich? Sie kündigte an, dass gentechnisch verändertes Saatgut auf den Territorien der URP-Mitglieder nichts zu suchen habe. War ihr eigentlich bewusst, dass sie dem Biotechmulti und Monopolisten auf diesem Gebiet einen zehnprozentigen Umsatzrückgang angedroht hat? Wenn jetzt noch einige Regionen Indiens den URP beitreten, erhöht sich der Verlust auf satte 25 Prozent. Hat Maeva im Ernst geglaubt, dass GENius sich einen solchen Marktanteil nehmen lässt? Die Dame lebt in Zukunft äußerst gefährlich. Das ist mutig. Aber auch ein bisschen durchgeknallt, finden Sie nicht?«
    Cording schluckte. Er war sich der Gefahren, die Maevas Mission für ihre kleine Truppe mit sich brachte, seit Langem bewusst, aber erst John Knowles in seiner unnachahmlich sachlichen Art verwandelte die schlummernde Angst in einen greifbaren Horror.
    »Woher wissen Sie das mit GENius?«, fragte er.
    »Die Enthüllungsplattform Muckrake hat sowohl Mitschnitte einer Präsidiumssitzung als auch schriftliche Unterlagen zugespielt bekommen. Muckrake hat die Sachen der ›New York Times‹ zur Veröffentlichung angeboten. Übrigens nicht nur uns. Insgesamt wurden sechzehn internationale Magazine und Fernsehanstalten mit dem Material beliefert. Niemand wollte an die Sache ran. Und Muckrake allein hat sich auch nicht getraut. Also liegen die Beweise weiter unter Verschluss. Gut möglich, dass GENius die Daten inzwischen für einige Millionen zurückgekauft hat. Enthüllungsjournalismus ist eben auch nur ein Geschäft …«
    Es war empfindlich kühl geworden unter den Arkaden. Knowles schlug vor, sich an die Bar zu begeben. Nachdem sie dort zwei weitere Drinks zu sich genommen hatten (Cording hatte sich zur Belustigung Knowles’ an Fruchtcocktails gehalten), teilte der Amerikaner ihm mit,

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