Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
es sich um drei Bücher handeln muss.«
» Du bist davon ausgegangen«, verbesserte ihn Jana. »Und das liegt wohl daran, dass ihr Gelehrten glaubt, alle Weisheit ließe sich in Büchern finden.«
»Weisheit, ja«, sagte Conrad. »Aber das Leben besteht nicht aus Weisheit allein.«
Er schob vorsichtig das Laken weg, das Jana sich vor den Körper hielt. Was er sah, zauberte ein zufriedenes Lächeln auf sein Gesicht.
»Sollen wir nun überhaupt noch nach Lissabon reisen?«, fragte Jana.
»Auf alle Fälle. Wenn wir irgendwo einen Hinweis auf einen Schatz finden können, der El Dorado heißt, dann in Lissabon. Schließlich ist Vasco da Gama von dort aus in die Neue Welt aufgebrochen. Nirgendwo anders gibt es so viele Informationen über Amerika wie in den Bibliotheken Lissabons.«
»Schon wieder Bücher«, seufzte Jana.
»Aber zuerst beschäftigen wir uns mit noch viel wichtigeren Dingen.«
Conrad streifte das Laken vollständig beiseite und legte sich erneut zu Jana.
Auf der Reise nach Lissabon
A M NÄCHSTEN T AG BRACH der Kaufmann Miguel Don Marco nach einem ausgiebigen Frühstück Richtung Lissabon auf. Sein Tross bestand aus drei Wagen, voll beladen mit wertvoller Wolle, zwei bewaffneten Begleitern und Jana und Conrad. Der Kaufmann hatte darauf verzichtet, für Jana Reisekosten zu verlangen, wenn sie sich im Gegenzug dazu bereit erklärte, unterwegs für alle zu kochen. Jana hoffte inständig, dass sie sich noch halbwegs an Bedrichs Rezepte und Ratschläge erinnern konnte.
Die Reise führte sie in immer heißere Teile des Landes. Obwohl der Höhepunkt des Sommers bereits vorbei war, wurde die Hitze schon nach dem Frühstück so unerträglich, dass Jana freiwillig einen absurd aussehenden Strohhut aufsetzte, den der Kaufmann in einem seiner Wagen mitführte. Dankbar nahm sie auch einen Gegenstand aus Stoff und dünnem Holz entgegen, den er als »abanico« bezeichnete und mit dem Jana sich frische Luft zuwedeln konnte.
Weite Landstriche, durch die sie fuhren, waren völlig ausgetrocknet, die Erde staubig und die Wiesen verbrannt. Zunehmend veränderte sich die Vegetation, Jana sah die ersten Olivenhaine. Vereinzelt waren ihr die Bäume schon in Klostergärten aufgefallen, aber ein ganzes Feld davon war neu für sie. Hier wuchsen auch Orangen- und Zitronenbäume auf den Wiesen wie zu Hause die Apfel- oder Zwetschgenbäume.
Don Marco, der Kaufmann, war ein charmanter Mann mit einem stattlichen Bauch und der Angewohnheit, mit jeder Frau zu flirten, die ihm über den Weg lief. Er bemerkte Janas Begeisterung für die Bäume und erklärte ihr, dass das Land im Frühling eine Augenweide war.
»Ihr müsst Anfang März kommen, wenn die Olivenbäume blühen und die Orangen reif sind. Dann sieht es hier nicht nur aus wie im Paradies, sondern es duftet auch so. Mein Haus in Lissabon ist groß und geräumig, es ist dort stets genug Platz für schöne Frauen«, sagte Don Marco, machte mit der Hand eine galante Geste und geriet dabei ins Schwärmen.
Jana amüsierte sich über den aufgeblasenen kleinen Mann mit dem großen Bauch und dem merkwürdig geformten Bart. Aber sie konnte sich gut vorstellen, dass das Land, wenn es sich grün und üppig zeigte, wunderschön und ein guter Ort zum Leben war. Jetzt allerdings glich es einer verbrannten Wüste, in der alle Lebewesen in den schützenden Schatten flüchteten, sobald die Sonne hoch am Himmel stand und unerbittlich alles versengte. Leider konnte Jana im Moment nicht flüchten. Sie hockte auf dem offenen Wagen und kam sich vor wie ein Spanferkel über dem offenen Feuer.
An jedem Gewässer, und war es noch so klein, hielten sie an und füllten ihre Wasserflaschen, die aber innerhalb kürzester Zeit wieder leer waren.
Don Marco kannte den Weg gut. Er bereiste ihn seit Jahren und wusste genau, welche Stellen er meiden musste, da dort die Gefahr von Wegelagerern und Dieben besonders groß war. Angeblich handelte es sich um eine durchaus gefährliche Gegend, in der es immer wieder zu brutalen Überfällen mit Verletzten und sogar Toten kam. Die Tatsache, dass zwei bewaffnete Männer mit ihnen reisten, beruhigte Jana nicht sonderlich, denn die beiden waren dürre Burschen, die nicht viel älter als Sebastian waren. Die schweren Schwerter, die an den breiten Gürteln um ihre schmalen Hüften baumelten, konnten sie vermutlich kaum heben.
Aber die Reisegruppe hatte Glück, und es begegnete ihnen niemand, der ihnen Böses wollte. Schon nach sieben Tagen hatten sie Porto
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