Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)
Frau?«
Jana schoss das Blut in die Wangen, und auch Conrad blickte verlegen zu Boden.
»Jana ist nicht meine Frau«, erklärte er leise. Dann warf er ihr einen fragenden Blick zu und fügte vorsichtig hinzu: »Noch nicht.«
Sie lächelte.
Aber Ferdinand schien es völlig egal zu sein, in welcher Beziehung die beiden zueinander standen. Sitte und Moral waren wohl nicht die obersten Werte in seinem Leben.
»Es freut mich, Jana«, sagte er und reichte ihr die Hand. »Jana ist ein tschechischer Name. Oder irre ich mich?«
»Ihr habt recht«, erwiderte Jana. Nach all den Wochen war es überaus angenehm, einem Menschen zu begegnen, der ihre Sprache beherrschte.
»Woher stammt Ihr?«, fragte Ferdinand neugierig.
»Aus Prag. Ich bin Apothekerin.«
»Tatsächlich?« Ferdinand war sichtlich beeindruckt. »Ich dachte immer, dieser Berufsstand wäre ausschließlich den Männern vorbehalten.«
»Ihr irrt Euch«, sagte Jana.
Ferdinand grinste breit, und in seinen Augen blitzte jugendlicher Leichtsinn. »Es ist Jahre her, dass eine Frau mir mit so viel Vehemenz gesagt hat, dass ich mich irre.«
Jana spürte, dass sie diese Äußerung als Kompliment werten durfte.
»Was führt euch zwei nach Lissabon?«, wollte Ferdinand wissen.
Conrad sagte knapp: »Unser gemeinsam gestaltetes Pergament, eine geheime Landkarte und ein Schatz, der El Dorado heißt.«
Ferdinands Augen weiteten sich. »Was zum Teufel hast du denn jetzt noch mit unserer Jugendsünde zu tun?«, fragte er.
»Das ist einfach zu beantworten. Nachdem du das phantasievoll bemalte Pergament einem Kaufmann angedreht hast, hat dieser es für sagenhafte sechshundert Dukaten an Kaiser Rudolf in Prag verkauft. Der Kaiser hat es seinem Leibarzt geschenkt, und dieser hat es schließlich ins Clementinum gebracht, wo eifrige Mönche einen ketzerischen Inhalt vermuteten. Aus Angst, jemand könnte den Kaufmann ausfindig machen und die Spur bis zu uns zurückverfolgen, habe ich das Pergament aus dem Kloster gestohlen und mich damit in eine Reihe von merkwürdigen Situationen gebracht.«
Ferdinand schüttelte den Kopf. Das alles war zu viel Unglaubliches auf einmal.
»Sechshundert Dukaten?«, wiederholte er fassungslos. »Der Kaufmann hat mir damals bloß zehn gegeben. Damit bin ich gerade so über die Alpen gekommen.«
»Tja, du warst immer schon ein lausiger Geschäftsmann.«
Ferdinand lachte. »Ich weiß! Kannst du dich erinnern, als ich den Mietvertrag für meine winzige Kammer unterschrieben habe? Damals habe ich gefeiert, weil ich dachte, das Geschäft meines Lebens gemacht zu haben. Hinterher habe ich erfahren, dass man gleich große Kammern in weitaus schöneren Teilen der Stadt um den halben Preis mieten konnte.«
»O ja, ich erinnere mich gut«, sagte Conrad grinsend.
Jana verstand rasch, dass die Männer nun eine alte Geschichte nach der andern ausgraben mussten, bevor sie sich der Gegenwart und vor allem El Dorado widmen konnten. Deshalb erhob sie sich und erklärte: »Ich werde einen kleinen Spaziergang unternehmen. Wir treffen uns später in der Herberge wieder.«
»Findest du den Weg allein?«, fragte Conrad.
Jana verzog den Mund. »Mein Lieber, ich bin von Prag bis nach Lissabon gekommen, da werde ich doch den Weg von der Universität bis zu unserer Unterkunft finden! Notfalls frage ich mich durch.«
Dann verabschiedete sie sich von Ferdinand und ging los.
»Eine ungewöhnliche Frau«, meinte Ferdinand anerkennend, als Jana verschwunden war.
»Ja, das ist sie«, seufzte Conrad.
Dann erzählten sie einander, was in den letzten Jahren passiert war. Ferdinand erwähnte eine Reihe großer, wichtiger Universitäten, an denen er unterrichtet hatte, und Conrad stand ihm in nichts nach, er konnte Berufungen in Bologna, Padua und Prag anführen.
»Du hast nie in Wien gelehrt?«, fragte Ferdinand.
Conrad schüttelte den Kopf. »Dort wollte man mich nicht haben.«
»Engstirnig wie eh und je.«
»Ich fürchte, ja«, sagte Conrad. Dann sah er den Freund ernst an und fragte: »Geht es dir gut?«
»Schaue ich so aus?«
Ehrlich verneinte Conrad. »Als Arzt mach ich mir ernsthaft Sorgen und als Freund noch viel mehr.«
»Die sind auch berechtigt«, sagte Ferdinand. »Ich leide an der Franzosenkrankheit. Meine Tage sind gezählt.«
»Wie hast du dir denn das eingefangen?«, fragte Conrad und bereute seine Frage sofort. Natürlich wusste er, wie man sich mit der Krankheit ansteckte.
»Ich hatte nie das Glück, einer Frau wie deiner Jana zu begegnen. Und
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