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Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Sündenbuch: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Maly
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mit einer kleinen gesummten Melodie und strich ihr liebevoll über die faltige Wange. Die Geste rührte Jana.
    »Was kann ich tun?«, fragte der Alte verzweifelt.
    Doktor Pfeiffer schüttelte traurig den Kopf. »Ihr könnt gar nichts tun. Gebt ihr ausreichend zu trinken, haltet sie warm und kühlt ihr den Körper mit kalten Wadenwickeln aus Essig und Mehl. Vielleicht habt Ihr Glück, und die Geschwüre platzen auf und verschwinden wieder, so wie die in den Achselhöhlen.«
    »Könnt Ihr sie nicht aufstechen? Ihr seid doch ein erfahrender Arzt.«
    »Damit würde ich Eure Frau einer noch größeren Gefahr aussetzen, denn die Wunden könnten sich entzünden.«
    Traurig senkte der alte Mann den Kopf.
    »Es muss doch irgendetwas geben, was ich tun kann.«
    Jana trat zu Doktor Pfeiffer und flüsterte ihm leise zu: »Ist die Krankheit tatsächlich so ansteckend, wie immer behauptet wird?«
    Er sah sie irritiert an. Zu spät erkannte Jana, dass sie ihm etwas zu nahe gekommen war. Sofort wich sie zurück. Sie hatte nur vermeiden wollen, dass der alte Mann sie hören konnte.
    »Ja, das ist sie, und ich habe nicht vor, ebenfalls krank zu werden.«
    Laut sagte er: »Habt vielen Dank für Eure Gastfreundschaft, aber unter den gegebenen Umständen ziehen wir es vor, weiterzureisen.«
    Der Mann hob seinen Kopf nicht. Er schluchzte.
    »Ihr könntet im Stall schlafen, dort ist es trocken und warm. Vielleicht geht es Mara morgen besser, dann braucht sie Eure Hilfe …« Seine Stimme wurde brüchig. Verschwunden war die Abwehr, mit der er sie zuvor empfangen hatte. Da waren nur noch die pure Verzweiflung und die Angst um seine Frau.
    Conrad Pfeiffer erwiderte: »Es tut mir wirklich leid. Ich habe schon mehrere Pestkranke gesehen. Vielleicht hat Eure Frau Glück und kommt durch, aber ich kann bestimmt nichts zu ihrer Genesung beitragen. Alles, was ich Euch raten kann, ist, schafft Euch eine Katze an und seht zu, dass die Ratten aus Eurem Haus verschwinden.«
    Jana erschrak über die kalten Worte ihres Begleiters. Doch seine türkisblauen Augen straften die Schärfe der Worte eine Lüge. Es fiel ihm ebenso schwer wie ihr, den alten Mann mit der sterbenden Frau einfach im Stich zu lassen.
    »Was haben die Ratten mit der Krankheit zu tun?«, fragte der Hüttenbesitzer.
    »Keine Ahnung. Vielleicht gar nichts. Aber ich habe beobachtet, dass sich die Ratten überall dort, wo es Pestkranke gibt, besonders wohl fühlen.«
    »Ratten fühlen sich überall wohl, wo sie Futter finden und wie die Maden im Speck leben können.«
    »Kann sein.« Doktor Pfeiffer zuckte mit den Schultern. »Ich sage Euch nur, was ich in den letzten Jahren beobachtet habe. Und ich habe auch gesehen, dass der bloße Kontakt mit Pestkranken in den meisten Fällen zum Tod führt.«
    Jana sah den Arzt mit wachsender Neugier an. Ihr Onkel hatte Ähnliches behauptet, auch er hatte einen Zusammenhang zwischen den Nagetieren und der Pest vermutet. Auch wenn er nie hatte sagen können, was das eine mit dem anderen zu tun haben könnte, in seinem Haus hatte es immer eine Katze gegeben. Außerdem war er wie Doktor Pfeiffer davon überzeugt gewesen, dass es für pestkranke Patienten keine Hilfe gab.
    Jana wandte sich an den alten Mann. Der Wunsch, ihm beizustehen und ihm irgendeinen Ratschlag zu geben, an dem er sich festhalten konnte, wurde immer größer.
    Schließlich sagte sie: »Wenn Ihr Lindenblütentee im Haus habt, gebt Eurer Frau davon. Sie wird heftig schwitzen und vielleicht so die bösen Säfte aus ihrem Körper herausbekommen.«
    Dankbar nickte der alte Mann.
    »Süßt den Tee mit Honig, dann schmeckt er besser.«
    Jana konnte aus den Augenwinkeln sehen, dass Doktor Pfeiffer missbilligend den Kopf schüttelte. Doch er sagte nichts. Erst als sie das Haus verlassen hatte, meinte er schnippisch: »Was Ihr da vorhin gesagt habt, ist völliger Unsinn. Jeder Arzt, der wirklich Ahnung von Medizin hat, weiß, dass Galens Säftelehre auf einem Irrglauben beruht. Der Mensch funktioniert anders.«
    »Ich habe auch nicht von den vier Säften im Körper des Menschen gesprochen, sondern dem Mann bloß geraten, dass die Frau schwitzen soll. Jeder Arzt, der schon einmal einen fiebernden Patienten erfolgreich behandelt hat, weiß, dass Schwitzen helfen kann, das Fieber rascher loszuwerden.«
    Doktor Pfeiffer schnaufte verächtlich und schwieg. Erst als sie im Stall waren, um die erschöpften Pferde wieder aus der Wärme zu holen, sagte er: »Ich musste darauf bestehen, dass wir diese

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