Das Syndikat der Spinne
suchen?«
Ramona Wiesner lachte kurz auf. »Heute Nachmittag, ich meine natürlich gestern Nachmittag war mein Schwager hier. Er hat etwas von einem Collier gefaselt, das mein Mann für ihn anfertigen sollte. Er wollte es seiner Frau zum Geburtstag schenken. Angeblich ist das unter der Hand abgelaufen. Er hat mir das Collier sogar beschrieben und gemeint, irgendwo müsse mein Mann Unterlagen darüber haben. Er hat mich gebeten, ihn doch mal hier im Arbeitszimmer nachsehen zu lassen, aber er hat nichts gefunden. Und da kam mir dieser Gedanke.«
»Welcher Gedanke?«, fragte die Kommissarin und nippte an ihrem Kaffee, der noch immer heiß war.
»Na ja, dass Andreas eventuell hier im Haus …« Sie schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein. »Nein, ich will ehrlich sein, mir ist ein viel schlimmerer Gedanke gekommen, einer, den ich bis vor ein paar Stunden gar nicht zu denken gewagt hätte. Ich habe mich gefragt, warum Thomas plötzlich hier erscheint und … Wissen Sie, die beiden hatten nie ein gutes Verhältnis. Wir haben uns in den letzten Jahren immer nur zu besonderen Anlässen gesehen, Geburtstage, Weihnachten oder auch mal bei einem Gartenfest. Ansonsten sind sie sich aus dem Weg gegangen. Und das war ja nicht schwer, wir wohnen immerhin ziemlich weit auseinander. Aber gestern Nachmittag hat Thomas plötzlich gemeint, er und Andreas seien sich in letzter Zeit wieder näher gekommen.«
»Und was genau vermuten Sie?«
»Ich vermute gar nichts. Ich habe nur für einen Augenblick einen schrecklichen Verdacht gehabt. Andererseits komme ich mir wie eine Närrin vor, Thomas zu verdächtigen. Sein Name taucht nirgends auf, doch alle möglichen anderen Namen, mit denen ich nichts anfangen kann, außer dem von Frau Maric. Aber Sie haben doch sicherlich Möglichkeiten, herauszufinden, wer die andern sind, oder?«
Julia Durant holte tief Luft und zuckte mit den Schultern. »Natürlich haben wir Möglichkeiten. Das Problem ist nur, es könnte sein, dass es fiktive Namen sind. Ich meine, die Personen gibt es wirklich, aber ich halte es eher für wahrscheinlich, dass diese Leute sich Ihrem Mann unter falschem Namen vorgestellt haben. Dann wird es für uns schwierig, sie ausfindig zu machen. Und über Frau Maric schreibt Ihr Mann zwar, dass er sich an sie gewandt hat, aber er schreibt auch, dass sie nicht weiß, wer dieser Gregor ist, der ihm die Uhren vermittelt hat. Und er hat ihr offensichtlich geglaubt, denn sie haben auch danach noch in Kontakt gestanden.« Sie nahm einen kleinen Schluck von dem nicht mehr so heißen Kaffee und stellte die Tasse wieder hin. »Und Ihr Mann hat nie auch nur eine Andeutung wegen alldem gemacht?«
»Nein. Ich denke, er wollte mich nicht auch noch belasten. Deshalb hat er es wohl aufgeschrieben. Das war aber typisch Andreas, er hat immer alles in sich hineingefressen. Hätte er nur einmal mit mir gesprochen, nur ein einziges Mal, ich bin fast sicher, wir hätten eine Lösung gefunden. Das ist der einzige Vorwurf, den ich ihm machen kann. Aber was nützen jetzt noch Vorwürfe«, seufzte sie, »sie bringen mir meinen Mann nicht mehr zurück. Ich habe ihn geliebt und werde ihn immer lieben. Er war einfach einzigartig.«
»Und Ihr Schwager?«, fragte die Kommissarin.
»Was soll ich über ihn sagen, ich komme mit ihm nicht klar. Mit ihm nicht und auch nicht mit seiner Frau. Wir leben in verschiedenen Welten. Sophia stammt aus einer sehr reichen italienischen Familie, ist sehr stolz und weiß natürlich alles besser. Ich frage mich, was Thomas an ihr findet, denn eigentlich hat sie zu Hause die Hosenan. Zumindest habe ich das Gefühl. Aber sie sind jetzt schon seit siebzehn oder achtzehn Jahren verheiratet, und sie sind offenbar glücklich. Und von mir aus sollen sie es auch bleiben, aber mich und die Kinder in Ruhe lassen.«
Julia Durant sah Ramona Wiesner nachdenklich an. »Würden Sie Ihrem Schwager denn zutrauen, dass er in kriminelle Machenschaften verwickelt ist?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie und zuckte mit den Schultern. »Letztendlich war ja auch mein Mann in kriminelle Machenschaften verwickelt, wenn auch durch unglückliche Umstände. Er hat es bestimmt nicht gewollt. Aber wenn Thomas … Nein, das würde ja bedeuten, er hätte seinen eigenen Bruder auf dem Gewissen. Und so feindlich gesonnen waren sie sich nun doch wieder nicht. Nein, das traue ich Thomas nicht zu. Er mag zwar seine Ecken und Kanten haben, aber er ist kein Mörder.«
»Also gut, Frau
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