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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Konferenzraum.
    »… zum letzten Mal, Herr Erling«, sagte Dreek gerade, als sein Chef den Raum betrat. Erling saß da und starrte konzentriert
     auf den Schreibtisch. Er hatte die Zuckerwürfel aus einer kleinen Dose vor sich in einem exakten Quadrat ausgerichtet. »Wenn
     Sie jetzt nicht reden, nehme ich Sie mit aufs Revier, und dann …«
    »Lassen Sie’s gut sein, Herr Dreek«, unterbrach ihn Unger. »Das reicht erst mal. Herr Erling, Sie können gehen.«
    Dreek sah ihn fassungslos an. »Aber Chef, ich …«
    Unger warf ihm einen Blick zu, der klarmachte, dass Widerspruch zwecklos war. Erling stand auf, nahm Block und Stift und verließ
     den Raum mit gesenktem Blick.
    »Was sollte das, Chef?«, fragte Dreek, als sie allein waren. »Ich hatte ihn fast so weit. Und dann kommen Sie, und …«
    »Er war es nicht.«
    »Woher wollen Sie das wissen? Er benimmt sich höchst verdächtig, und ein Alibi hat er auch nicht. Er …«
    »Er leidet an einer Krankheit. Asper-Syndrom oder so ähnlich. Das ist so was wie Autismus. Fragen Sie die Andresen nach den
     Details.«
    »Und deshalb kann er es nicht gewesen sein?«
    »Deshalb benimmt er sich so merkwürdig. Mit Druck erreichen Sie da gar nichts. Außerdem hat er weder ein Motiv, noch gibt
     es auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass er etwas mit dem Mord zu tun hat.«
    »Immerhin war er der Letzte, der Hamacher lebend gesehen hat …«
    »Bis auf den Mörder. Wir können davon ausgehen, dass der Mörder die Daten der Schließanlage manipuliert hat. Er |59| öffnete also aller Wahrscheinlichkeit nach die Tür mit einer elektronischen Zugangskarte, nachdem Erling das Büro verlassen
     hatte.«
    »Aber Erling könnte auch selbst noch einmal zurückgekommen sein«, sagte Dreek trotzig. »Wir wissen ja nicht, was er tat, nachdem
     er das Büro verlassen hatte.«
    Unger warf ihm einen ernsten Blick zu. »Weil Sie den Mann so angefahren haben, dass er es uns nicht gesagt hat.«
    »Ich konnte doch nicht wissen, dass er geistig behindert ist.«
    »Er ist nicht geistig behindert«, fuhr Unger ihm über den Mund und fragte sich im selben Moment, warum er so heftig reagierte.
     Hatte Andresen mehr Eindruck auf ihn gemacht, als für eine professionelle Ermittlung gut war? Verlor er seine Objektivität?
    »Aber Sie haben doch eben gesagt …«
    »Ich habe gesagt, dass er an diesem Syndrom leidet. Das führt dazu, dass er sich seltsam benimmt, aber er ist anscheinend
     ein genialer Programmierer. Am besten sprechen Sie morgen mal mit dem Polizeipsychologischen Dienst und lassen sich erklären,
     was es mit diesem Syndrom auf sich hat. Fragen Sie auch, ob es schon mal einen Mordfall gegeben hat, bei dem der Täter dieses
     Syndrom hatte.«
    »Okay, mach ich, Chef. Soll ich jetzt mit der Befragung der Mitarbeiter fortfahren?«
    Unger nickte. »Tun Sie das. Ich werde noch mal mit Andresen über die Finanzen der Firma reden. Vielleicht findet sich da ja
     ein Motiv.«

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    |60| 12.
    Hamburg-Poppenbüttel,
    Donnerstag 13:15 Uhr
    Mark öffnete die Tür. Es war nicht die Polizei. »Hallo, Doris!«
    Doris sah ihn überrascht an – sicher wunderte sie sich, warum er um diese Tageszeit zu Hause war. »Ist Julia da?«
    »Nein. Sie ist bei ihren Eltern.«
    Doris war eine enge Freundin von Julia. Sie spürte sofort, dass etwas nicht stimmte.
    »Habt ihr Streit?«
    »Nein, nein, alles okay«, sagte Mark. Ihm war klar, dass sie ihm kein Wort glaubte. »Ich sag ihr, dass du da warst, wenn sie
     wiederkommt.«
    »Ja, mach das. Sag ihr, ich bin nicht böse, dass sie unsere Verabredung heute vergessen hat. Sie kann mich ja mal anrufen,
     wenn sie Zeit und Lust hat.«
    »Das macht sie bestimmt. Tschüs, Doris.«
    »Mach’s gut.«
    Sein Blick folgte ihr, wie sie die ruhige Wohnstraße entlangging und in ihren silbergrauen Ford Ka einstieg. Dabei fiel ihm
     ein anderer Wagen auf, ein roter Opel. Ein Mann saß darin und war offenbar damit beschäftigt, einen Stadtplan zu lesen. Aber
     der Wagen sah nicht so aus, als hätte er gerade erst dort gehalten, sondern stand ordentlich eingeparkt am Rand.
    Sie beschatteten ihn! Er musste hier weg, sofort. Seine einzige Chance war es, selbst den Täter zu überführen oder zumindest
     genügend Indizien zu sammeln, um die Polizei davon zu überzeugen, noch eine andere Spur zu verfolgen.
    Langsam schloss er die Tür. Er ging ins Gästeklo und sah durch die heruntergelassene Jalousie auf die Straße. Der Zivilbeamte
     beobachtete das Haus.
    Mark

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