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Das System

Das System

Titel: Das System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Mark.
    »Anscheinend ein Stromausfall.«
    »Aber wieso läuft der Computer noch?«
    »Ich habe natürlich eine USV. Sie versorgt den Rechner für ungefähr eine halbe Stunde mit Strom.«
    Das Heulen von Sirenen ertönte. Mark und Lisa sahen sich an. Sie gingen zum Fenster und sahen hinaus auf die dunklen Straßen.
     Im ganzen Viertel schien der Strom ausgefallen zu sein. Es war gespenstisch.
    Die Straßenbeleuchtung begann zu flackern, und Tausende Lichter in den umliegenden Häusern gingen gleichzeitig wieder an.
     Die Sirenen heulten noch immer. Leute liefen aus den Häusern auf die Straße. Lisa ging ins Schlafzimmer und schaltete den
     batteriebetriebenen Radiowecker ein.
    »… handelt sich um eine Fehlfunktion«, sagte der Sprecher. |134| »Ich wiederhole: Es besteht kein Grund zur Beunruhigung. Wie das Amt für Katastrophenschutz soeben mitteilt, handelt es sich
     bei dem Sirenenalarm um eine Fehlfunktion.«
    Lisa schaltete das Radio aus. Sie sahen sich an.
    Mark spürte einen dicken Kloß im Hals, als er begriff, dass sie dasselbe dachte wie er.
    »Meinst du …«, begann er.
    »Ich weiß es nicht«, sagte sie. Sie war blass geworden. Ihre Ruhe und Selbstsicherheit waren wie weggeblasen.
    Endlich stoppte das entnervende Sirenengeheul. Lisa fuhr den Computer herunter. »Ich kann nicht mehr. Wir machen morgen weiter«,
     sagte sie und kramte aus einem Wandschrank eine dünne, eingerollte Schaumgummimatte hervor. »Hier. Mehr kann ich dir nicht
     anbieten.«
    »Lisa, ich … ich will dich da nicht noch mehr reinziehen … ich meine, wenn die Polizei mich hier findet …«
    Sie machte ein mürrisches Gesicht. »Was bildest du dir eigentlich ein? Ich mochte Ludger. Er hat mir vertraut, obwohl er meine
     Vergangenheit kannte. Ich werde herausfinden, wer ihn auf dem Gewissen hat, verlass dich drauf! Und ich tue es nicht für dich.«
     Doch die Schärfe war aus ihrer Stimme gewichen.

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    32.
    Hamburg-Altona,
    Sonntag 8:11 Uhr
    Mark schreckte hoch. Das T-Shirt klebte ihm schweißnass am Körper. Traumfetzen glitten vor seinem inneren Auge vorbei: Der
     Kommissar, der ihn durch den Wald hetzte; Julia, über Ludgers toten Körper gebeugt, die ihn mit kalten, stahlgrauen Augen
     ansah; Lisa vor dem Computer, während plötzlich Kabel von allen Seiten wie Schlangen auf sie zu |135| krochen und sich in ihre Haut bohrten, bis sie nur noch ein biologisches Peripheriegerät war.
    Er schüttelte den Kopf. Kein Wunder, dass er nach allem, was er in den letzten Tagen durchgemacht hatte, Alpträume bekam.
     Die goldenen Zeiger seiner Audemars Piguet zeigten Viertel nach acht. Er stand auf und ging leise durch die Wohnung. Lisa
     schlief noch. Ihr schlanker Körper lag nackt unter der dünnen Decke.
    Einen Moment betrachtete er sie, wie sie still und friedlich dalag. Die Härte und Unnahbarkeit waren aus ihrem Gesicht verschwunden,
     sie wirkte auf einmal zart und verletzlich. Auf der linken Seite ihres Halses hatte sie eine Tätowierung: einen Schädel, aus
     dessen Augenhöhlen sich Würmer wanden. Er war amateurhaft ausgeführt und hatte sich wohl mehrfach entzündet, denn die Haut
     war teilweise vernarbt. Deshalb also trug sie immer Rollkragenpullover.
    Ihre festen, runden Brüste hoben und senkten sich gleichmäßig. Er wandte sich ab. Die Gefühle, die sich in ihm regten, konnte
     er jetzt absolut nicht gebrauchen. Sein Leben war auch so schon kompliziert genug.
    Er ging in die Küche und kochte Kaffee. Er fand Toast, Marmelade und Frischkäse und bereitete daraus ein kleines Frühstück,
     das er auf ein Tablett stellte und in Lisas Schlafzimmer brachte. Sie war inzwischen aufgewacht und hatte sich ein schwarzes
     T-Shirt übergezogen, saß aber noch im Bett.
    »Wow«, sagte sie und lächelte. »Ist schon ’ne ganze Weile her, seit ich das letzte Mal Frühstück ans Bett gebracht bekommen
     habe.«
    Er lächelte ebenfalls und stellte das Tablett neben die Matratze auf den Boden. Sie aßen schweigend und mit großem Appetit.
    »Ich muss in die Firma«, sagte Lisa irgendwann und wischte sich einen Krümel aus dem Mundwinkel. »Von hier aus komme ich nicht
     weiter. Ich brauche Zugriff auf den |136| DINA-Kernel-Server.« Der Kernel-Server war so etwas wie das Nervenzentrum von DINA. Hier liefen alle Informationen zusammen,
     von hier aus wurden Arbeitsaufträge an die angeschlossenen Computer verteilt und die Ergebnisse ausgewertet. Aus Sicherheitsgründen
     konnte man nicht direkt über das Internet auf die

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