Das System
operierende Softwarefirma. Ich würde gern mit dem Professor über eine Forschungskooperation mit
Ihrem Institut reden. Ich bin zufällig gerade in Hamburg. Falls es möglich wäre, würde ich mich gern heute noch kurz mit dem
Professor treffen.«
Sofort hellte sich Rosners Stimme auf. »Es tut mir leid, aber der Professor ist heute den ganzen Tag in Terminen.«
Mark gab seiner Stimme einen professionell-gelangweilten Ton, so als sei es völlig unerheblich, ob der Termin zustande komme.
»Ich wollte nur kurz mit ihm sprechen und seine generelle Kooperationsbereitschaft klären, bevor ich unsere Investoren informiere.
Aber wenn er keine Zeit hat …«
Das Stichwort Investoren wirkte.
»Ich könnte Sie vielleicht heute Nachmittag gegen 15 Uhr |236| kurz dazwischenschieben. Aber nur eine Viertelstunde. Der Professor muss dann zu einem Vortrag.«
»Das wäre perfekt, herzlichen Dank! Dann also bis nachher, Frau Rosner!« Er grinste und legte den Hörer auf.
Lisa hatte immer noch eine finstere Miene aufgesetzt. »Geld! Alles dreht sich immer nur um Geld!«
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58.
Boston/Massachusetts,
Mittwoch 8:20 Uhr
»Der Wurm« stand in riesigen Lettern quer über der Zeitung. Es stand nicht wirklich da, aber Ron las es zwischen den Zeilen
jedes zweiten Artikels. Die scheinbar unzusammenhängenden Berichte über eine Havarie im Hafen von San Diego, den Wallstreet-Crash,
den Ausfall des Mobilfunk-Netzes, die technischen Pannen bei der Übertragung des Lakers-Spiels – alle hatten sie dieselbe
Ursache: Computerprobleme. Und Ron konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er dem Auslöser all dieser Probleme schon
begegnet war.
Er wusste, seine Gedanken grenzten verdammt dicht an Paranoia. Schließlich passierten jeden Tag Computerausfälle. Auch wenn
in den letzten Tagen eine Häufung zu beobachten war, konnte das reiner Zufall sein.
Ist es aber nicht, flüsterte sein Unterbewusstsein ihm unablässig ein. Es ist der Wurm, der hinter allem steckt.
Er schüttelte den Kopf und trank einen Schluck von seinem dünnen, nur noch lauwarmen Kaffee. Alles ist ganz normal, versuchte
er sich einzureden. Es konnte einfach nicht sein, dass sich die ganze Netzwerksicherheitsbranche in Schweigen hüllte, wenn
wirklich ein Wurm für all das verantwortlich war. Außerdem waren bislang keine wirklichen Katastrophen passiert – weder Flugzeugabstürze
noch explodierende |237| Atomkraftwerke. Was machte da schon ein Börsencrash, bei dem ein paar reiche Arschlöcher ihr Geld verzockten? Mittelfristig
spielte das überhaupt keine Rolle.
Nichts ist normal, sagte die bohrende Stimme in seinem Inneren. Es wird schlimmer werden. Du weißt es. Du musst etwas tun.
Jetzt gleich.
Er seufzte, legte die Zeitung beiseite, griff zum Hörer. Ein Freizeichen ertönte, dann nahm jemand ab.
»Guten Tag, mein Name ist …«, begann Ron, bis er begriff, dass die Stimme am anderen Ende ihm nicht zuhörte. »Guten Tag und
herzlich willkommen beim automatischen Anrufsystem des Boston Police Department. Drücken Sie die Eins, wenn Sie weitere Informationen
über unsere Behörde wünschen. Drücken Sie die Zwei, wenn Sie einen Vorfall melden oder zu einem Fall Angaben machen möchten.
Drücken Sie …«
Ron drückte die Zwei.
»Wenn Sie ein Verbrechen beobachtet haben oder selbst Opfer eines Verbrechens geworden sind, drücken Sie bitte die Eins. Wenn
Sie zu einem laufenden Verfahren Angaben machen möchten, drücken Sie die Zwei. Wenn Sie in einer akuten Notsituation sind,
drücken Sie die Drei. Wenn Sie …«
»Verdammter Mist, ich will mit einem Menschen sprechen«, brüllte Ron in den Hörer.
»Wenn Sie ein Verbrechen beobachtet haben oder selbst Opfer eines Verbrechens geworden sind«, begann die Computerstimme ungerührt
von vorn, »drücken Sie bitte …«
Ron drückte schließlich die Drei.
»Boston Police Department, Notfallzentrale«, kam eine ruhige, weibliche und offenbar menschliche Stimme. »Wie ist Ihr Name?«
»Mein Name ist Ron Gerri. Ich bin Spezialist für Computerviren bei der Firma Auderburn Network Security. Ich …«
»Möchten Sie einen Notfall melden, Mr. Gerri?«
»Nein, das heißt ja, aber …«
|238| »Bleiben Sie bitte ganz ruhig. Beschreiben Sie, was passiert ist, damit ich Ihnen Hilfe schicken kann.«
»Hören Sie, verdammt, ich muss mit einem Officer sprechen. Ich …«
»Möchten Sie einen Notfall melden, Mr. Gerri?«
»Ja, verdammt.«
»Um was für einen Notfall
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