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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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Uhr nachmittags. Zu diesem Zeitpunkt war ich allerdings schon verschollen – bis zum 14. August morgens, als ich in dem Motel erwachte.
    Was hatte ich bei Hearing herausgefunden? W omit hatte ich Recht gehabt? Hearings Stimme klang nicht wie die eines Beamten, der nun den Beweis für meine Schuld in Händen hielt. Im Gegenteil. Ich musste etwas entdeckt haben, das mich entlastete .
    Natürlich hatte ich keine Ahnun g, was es gewesen sein konnte u nd jeder Versuch, mich daran zu erinnern, scheiterte kläglich. Aber ich hoffte, dass ich dieses Defizit in ein paar Stunden ausmerzen würde. Hearing wartete auf meinen Anruf.
    I ch würde ihn anrufen.
    Ich legte das Handy auf das Nachtkästchen. Noch während ich daran dachte, mein Adressbuch zu durchsuchen und festzustellen, welche Telefonnummern ich gespeichert hätte, verschwamm das Schlafzimmer vor meinen Augen. Ich wollte mich aufrichten, um meine Kleidung auszuziehen , aber soweit kam e s nicht mehr. Ich schlief ein u nd als hätte mein Unterbewusstsein eine kurze Auszeit angeordnet, war der Schlaf tief und traumlos.

20
     
    Vergiss dein Handy nicht, Jack-Ass. Dave. ;-)
     
    Dave hatte den Satz auf die Zeitung gekritzelt. Ich hatte nicht gehört, wie er das Appartement verließ. Genau genommen hatte ich nichts gehört. Fünf Stunden lang. H ätte ni cht ein Fenster des Nachbarhauses die Sonnenstrahlen reflektiert und direkt in mein Gesicht geschossen – ich würde immer noch schlafen.
    Mein Handy zeigte 9:37 vormittags. Höchste Zeit, die Brandbehörde aufzusuchen und Hearing auf den Zahn zu fühlen. Zuvor musste ich jedoch duschen. Unbedingt. Beim Erwachen hatte ich mit Ekel feststellen müssen, dass die Ereignisse der vergangenen Tage nicht geruchlos an mir vorübergegangen waren. Das Duschen tat gut. Sehr gut.
    Dave hatte Recht gehabt. Die Schnittwunden an den Handflächen waren nicht tief gewesen. Sie reichten kaum unter die Hornhaut. Alles, was noch an die Szene in der Bar erinnerte, waren hellrote Streifen, zwei links, drei rechts, und ein leichtes Ziehen, wenn ich eine Faust bildete.
    Ich spürte etwas in mir. Ein vollkommen neues Gefühl . Lag es am Schlaf? An der Sonne, die durch das Wohnzimmerfenster leuchtende Rechtecke auf den Dielenboden malte? An dem Smiley neben Daves Hinweis, bei dem ich eine gewisse Ähnlichkeit mit Daves spitzbübischem Grinsen entdeckte? Keine Ahnung. Aber ich fühlte mich gut. Einfach nur – gut .
    Und immer dann, wenn man sich gut fühlt, sorgt man offenbar in selbstzerstörerischem Trieb dafür, dass sich das auf schnellstem Wege ändert. In meinem Fall war es die Zeitung. Die New York Times .
    Ich hatte kein Verlangen, sie zu lesen. Ich wollte mir lediglich Daves Notiz noch einmal ansehen. V ermutlich, um meine gute Stimmung zu verstärken. Doch automatisch las ich es. Gleich unter dem Smiley. Das Datum. 14. August .
    Es war die Zeitung von gestern.
    Zuerst hatte ich mir nichts dabei gedacht. Erst, als ich anfing, die Titel-Story zu lesen – Barack Obama und seine verzweifelten Versuche, sein in den Keller gesunkenes Ansehen in der Bevölkerung zu retten – , kam dieses Gefühl auf, das meine Stimmung wieder in bekannte Schwingungen versetzte. Zweifel. Unverständnis. Und Angst.
    Wie kam diese Zeitung in mein Appart e ment?
    Sie lag bereits auf dem Tisch, als Dave und ich die Wohnung betreten hatten. Jemand musste sie dort hin gelegt haben. Jemand, der einen Schlüssel be saß.
    Wer immer es auch gewesen war – er war nicht in die Wohnung gekommen, um Zeitung zu lesen. Er musste einen anderen Grund gehabt haben, sie hier zu platzieren. M ir fiel genau einer ein: Ich sollte diese Zeitung lesen.
    Was ich auch tat.
    Ich las mich durch eine Vielzahl von Schlagzeilen. Politik, Aktuelles, Serien, Sport – fand jedoch nichts, das mir auch nur den Ansatz einer Antwort lieferte. Der Brand vor zwei Tagen – mein erster Gedanke – wurde nicht erwähnt. Vermutlich hatten die Journalisten noch nicht Wind davon bekommen, dass ein alkoholkranker Feuerwehrmann ein kleines, querschnittsgelähmtes Mädchen im Suff übersehen hatte. Im Übrigen wäre das eine Schlagzeile für die Titelseite gewesen und sicher nicht nur eine kleine Erwähnung im Chronikteil der New York Times.
    Aber es musste in dieser Zeitung etwas geben, das für mich bestimmt war. D as gab es auch. Ich hatte mich zu sehr auf die Schlagzeilen konzentriert und nicht auf die Bilder. Denn eines davon löste etwas aus.
    Gänsehaut.
    E in Sarg. Kein luxuriöser aus

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