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Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Das Tagebuch der Patricia White (German Edition)

Titel: Das Tagebuch der Patricia White (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gian Carlo Ronelli
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erkennen. Es wirkte paradox. Als hätte das Feuer diese eine Stelle ihres Schädels übersehen. Und ich war mir hundertprozentig sicher: Die se Bestie würde nichts verschonen , würde keinen Millimeter Haut übriglassen. Geschweige denn Haare. Nein. Es würde fressen, bis nichts mehr übrig war.
    Ich tippte auf die Stelle: »Was ist das?«
    Bourne trat einen Schritt näher. »Haare?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Keine Haare.«
    »Was sonst?«
    »Kann man den Ausschnitt vergrößern?«
    Bourne hob die Schultern. »Möglich. Ist das wichtig?«
    »Sehr wichtig«, antwortete ich.
    Bourne griff nach dem Telefon und leitete meine Frage an den Fotografen weiter. Der schmetterte einige Fachausdrücke durch den Lautsprecher und beendete seine Ausführungen mit : »Müsste gehen.«
    Bourne nickte mir zu. »Dann sehen wir uns diese Haare mal genauer an.«
    Der Fotograf hieß Edgar Myers. Bourne klopfte dem hageren Burschen auf die Schulter und fragte: »Und? Hast du etwas für uns, Eddie?«
    Myers tippte auf den Monitor, wo das Bild angezeigt wurde. »Dieser Ausschnitt?« Er malte mit dem Zeigefinger einen Kreis um den Kopf des Mädchens . Bourne nickte. »Na, dann wolle n wir mal .«
    Er fuhr mit dem Mauszeiger zu der Bildstelle un d markierte sie. Dann klickte er auf das Symbol einer Lupe. D er Schädel wurde größer, bis er schließlich den gesamten Monitor ausfüllte. Zuerst unscharf, dann nach einem kurzen Piepton in gestochen scharfer Grausamkeit. Myers vergrößerte den Ausschnitt noch drei Mal. »Jetzt sind wir am Maximum.«
    Der Computer rechnete. Millimeter um Millimeter wurde das Bild scharf. Bourne beugte sich über Myers Schulter. »Ist das ein Kopf?«
    Er nickte. »Ein Kinderkopf. Ich glaube schon. Hier … die Haare, die Augen … «
    Es war eindeutig ein Kopf zu erkennen. Der Schädel des Mädchens lag seitlich darauf.
    Bourne räusperte sich. »Scheiße. Mir bleibt aber auch gar nichts erspart. Verflucht! Was soll das?«
    »Ist nichts Außergewöhnliches«, antwortete Myers. »Auf Hart-Island werden auch die Fehl- und Totgeburten begraben. Man legt sie in andere Särge. In diesem Fall muss die Babyleiche wohl unter die Kleine gerutscht sein. Entweder bei der Beerdigung, oder als dieses Arschloch den S arg aus der Erde gewuchtet hat .« Beide blickten nun zu mir.
    Ich starrte auf das Bild. Totgeburt. Any. Wieder erinnerte ich mich an den Traum. Ich hatte den Sarg geöffnet und Any darin liegen sehen. Ihre offene , herzlose Brust. Aber auch, wenn mich dieser Gedanke erschütterte und mich einmal mehr die Sehnsucht nach meiner Zwillingsschwester spüren ließ, wusste ich doch, dass Bourne und Myers falsch lagen.
    »Es ist keine Totgeburt.«
    »Nein?«, fragte Bourne.
    Ich tippte auf den Monitor. »Sehen Sie das?« Meine Fingerspitze umkreiste einen schwarzen Punkt an der Wange des vermeintlichen Babys.
    »Wahrscheinlich Dreck«, sagte Myers.
    »Kein Dreck. Eine schwarze Träne. Mit dem Mädchen wurde in dem Sarg eine Puppe begraben. Mit schwarzen Tränen auf der Wange.«
    Bourne und Myers starrten mich an, als hätte ich soeben meinen Verstand verloren.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Ich schüttelte den Kopf, nickte dann zu Bourne. » Das ist der Zusammenhang.«
    »Scheiße«, sagte er.
    »Wenn ich Details habe, melde ich mich.«
    Bourne nickte und streckte mir seine Hand entgegen, als würde ich durch den Handschlag meine Aussage als eine Art Eid besiegeln. Ich ergriff und schüttelte sie, während ich mich bei ihm für seine Hilfe bedankte.
     
    »Hey Dave. Alles klar bei dir?« Am anderen Ende der Leitung hörte ich das Geräusch vorbeifahrender Autos, gemeinsam mit tiefe m Brummen.
    »Alles klar, Jack. Wir sind gerade auf dem Weg in die Wache. Fehlalarm. Gott sei Dank.«
    »Ich bin auf dem gleichen Weg – n achdem du mir gesagt hast, wie ich dort hinkomme. Hast du eine Möglichkeit ins Internet zu kommen?«
    Dave schien kurz nachzudenken. »Was willst du denn im Internet?«
    »Hart Island.«
    »Der Friedhof?«
    »Genau. Also? Hast du einen Zugang?«
    »Ja, habe ich. In der Wache. Da können wir rein, wenn du nicht gerade auf Sex-Seiten surfen willst.«
    »Nein, will ich nicht.« Ich grinste.
    Dave erklärte mir den Weg zur Feuerwache und legte auf.
    Ich staute mich in Richtung Verrazano-Narrows Bridge nach Staten Island . W ährend ich im Schneckentempo durch Brooklyn kroch, ließ ich die Bilder des verbrannten Mädchens Revue passieren. Ich hatte gefunden, wonach ich gesucht hatte. Diese Puppe befand sich

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