Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi
empörtes Raunen durch den Saal gegangen, und Büttner freute sich schon
auf die morgige Presseberichterstattung. Und auf den erneuten Termin beim
Staatsanwalt, der dann zweifelsfrei folgen würde.
Na ja, immerhin wusste er nun
endlich, wie all die Toten in Canhusen zustande gekommen waren, sagte sich der
Hauptkommissar. Ein gegenseitiges Dahingemetzel war es gewesen, weil angeblich
irgendwer irgendwelche Zettel an die Männer verteilt hatte, in denen
angekündigt worden sei, dass der Absender zur Polizei gehen und bezüglich der
Morde an Siebo Manninga und Tammo Freerksen auspacken wolle. Büttner hatte
sofort in den Wohnungen der Opfer nach diesen ominösen Zetteln suchen lassen.
Es war aber nicht auch nur der kleinste Fetzen Papier gefunden worden – was
natürlich daran liegen konnte, dass die Angehörigen schon sehr viele Unterlagen
ihrer Verstorbenen aussortiert und in den Müll geschmissen hatten.
Büttner erinnerte sich an die
Drohbriefe, die bei Lübbo Krayenborg und Johann Schepker nach deren Tod
gefunden worden waren. Aber aus den Sätzen Wag es bloß nicht oder du wirst
es bereuen! und Halt bloß die Klappe, sonst setzt es was! war kaum
herauszuhören, dass jemand vor der Polizei auspacken wollte. Höchstens könnten
es Antwortschreiben auf diese Zettel gewesen sein, aber dazu hätte ja der
Absender bekannt sein müssen. Laut Lampe aber hatte niemand gewusst, werde der
Absender war, und so hatten sich alle gegenseitig verdächtigt, es gewesen zu
sein.
Büttner beschloss, dieser Spur
nicht weiter nachzugehen. Schließlich gab es jetzt ja keinen Prozess mehr, wo
man den Richter von der Schuld des Mörders hätte überzeugen müssen. Also
mussten auch keine Beweismittel mehr her. Selbst im Falle Lübbo Krayenborg
hatte er nach dem Gespräch mit Rudolf Lampe zu Protokoll gegeben, dass es so
aussehe, als sei Buurmann für die drei ersten Morde verantwortlich gewesen. So
zumindest habe es Lampe ausgesagt. Alle waren mit dieser Theorie zufrieden
gewesen. Also bestand keinerlei Grund, in dieser Sache noch weiter
herumzuwühlen.
Das Gleiche galt für die
Teebeutel, die an jedem der Tatorte bzw. Fundorte aufgetaucht waren. Lampe
hatte nicht erklären können, was sie zu bedeuten hatten. Für Büttner selbst war
allenfalls die Symbolik klar, die diese Beutel ausdrücken sollten. Denn sie
bezogen sich ja wohl ganz eindeutig auf den Teeschmuggel, bei dem Tammo
Freerksen und Siebo Manninga erschossen worden waren. So hatte er es auch der
Presse mitgeteilt. Eine abschließende Erklärung allerdings, was es mit diesen
Teebeuteln auf sich gehabt habe, sei nicht zu erwarten, denn schließlich seien
ja alle, die es gegebenenfalls hätten wissen können, tot.
Büttner klappte gerade den Deckel
der Akte Mordermittlungen Canhusen zu, als sein Assistent Hasenkrug den
Kopf zur Tür hereinstreckte. „Alles klar, Chef?“, fragte er mit besorgtem
Gesichtsausdruck. Er befürchtete, dass sein Chef über den schrecklichen Anblick
des toten Rudolf Lampe, der sich vor seinen Augen das Gehirn herausgeblasen
hatte, nicht ohne psychologische Hilfe hinwegkommen würde. Ständig war er seit
dem Selbstmord an ihm dran, die freundliche Kollegin, die auch im Falle Lampe
eingeschaltet gewesen war, einmal in ihrer Sprechstunde aufzusuchen. Aber
Büttner wollte nicht. Er konnte zwar nicht behaupten, dass ihn dieser Anblick
des zerfetzten Schädels nicht mitgenommen hatte. Das war ja auch ganz normal.
Aber er bezog dieses Unwohlsein lediglich auf die optischen Reize. Am Tod
Lampes hingegen gab er sich persönlich keine Schuld. Nein, das sollten die
Männer des Altherrenstammtisches gefälligst unter sich ausmachen, da unten in
der Hölle. Er gedachte nicht, sich da mit hineinziehen zu lassen.
„Ich habe soeben beschlossen, die
Ermittlungen im Fall Canhusen abzuschließen“, sagte Büttner. „Da ist zwar noch
die ein oder andere Frage offen, aber ich denke, dass es nicht mehr im
öffentlichen Interesse ist, wenn wir die Sache mit irgendwelchen Zetteln oder
Teebeuteln weiter verfolgen. Wo sollten wir da auch ansetzen? Die Zettel, so es
sie überhaupt jemals gegeben hat, sind vermutlich längst zu Toilettenpapier
weiterverarbeitet worden. Und die Teebeutel – nun ja, die liegen hübsch
verpackt in der Asservatenkammer, weisen keinerlei Fingerspuren oder sonstige
Absonderlichkeiten auf. Was also sollten wir da noch herausfinden? Nein,
Hasenkrug, ich werde jetzt die Akten schließen und hoffentlich nie wieder
irgendwas mit diesem Kaff
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