Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi

Titel: Das Teekomplott - Ostfrieslandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Bergsma
Vom Netzwerk:
ihre Fittiche genommen.
    Nun saß er da, zusammengesunken
in einem alten, abgeschabten Sessel, hatte die Hände vor sein blasses,
verhärmtes Gesicht geschlagen und schüttelte immer wieder den Kopf. „Nein,
Deike, das hat doch alles keinen Sinn“, sagte er müde, lehnte sich laut
aufseufzend zurück und strich sich mit einer fahrigen Bewegung durch sein
volles, glanzloses Haar.
    „Das sehe ich anders, Hubert“,
erwiderte Deike und sah ihn eindringlich an. „Jetzt wo Lübbo tot ist, wird sich
hier vieles verändern. Keiner muss mehr Angst vor ihm haben. Fenna nicht, ich
nicht, du nicht. Verstehst du, Hubert, Lübbo ist tot und bei allem, was wir
jetzt tun, können wir ihm den Stinkefinger zeigen, können uns über ihn lustig
machen, ihn verhöhnen, wann immer wir Lust dazu haben. Er kann uns nichts mehr
tun. Er ist tot, Hubert. Tot!“ Bei den letzten Worten war Deike von ihrem Stuhl
aufgesprungen und hatte wie befreit die Arme in die Luft gerissen. Nun sah sie
Hubert mit einem breiten Grinsen an. „Es ist nie zu spät, Hubert, glaub mir,
für ein neues Leben ist es nie zu spät.“
    „Ach, Deike“, seufzte Hubert,
„ich ...“, setzte er an, ließ sich dann aber kraftlos in seinen Stuhl
zurücksinken. „Er ... hat mich immer verprügelt, als ich klein war“, sagte er
dann leise und sah Deike mit zusammengekniffenen Augen an. „Hast du das
gewusst?“
    Deikes Grinsen war plötzlich wie
weggewischt. „Lübbo? Er hat dich verprügelt?“, fragte sie verwirrt. „Aber ...
ich denke, er hat dich nicht einmal angesehen.“
    „Das war die offizielle Version.
Ich habe versucht ihm aus dem Weg zu gehen. Aber manchmal da ... hat er mich
doch erwischt. Und dann hat er mich hinter irgendeine Mauer gezerrt und hat
mich grün und blau geschlagen. Einfach nur so, weil ich da war. Ich hatte
nichts getan. Ich war ... einfach nur da.“
    „Davon habe ich nichts gewusst“,
flüsterte Deike und sah ihn entsetzt an. „Wir dachten ... deine Mutter hätte
dich ...“
    „Ja, das dachten alle. Und ganz
unrecht hatten sie ja auch nicht. Auch meine Mutter hat mich immer mal wieder
geschlagen. Aber niemals so. Nein, niemals so wie Lübbo. Ich dachte jedes Mal,
er bringt mich um. Ich dachte, er schlägt mich tot, einfach so, wie er die
Ratten totschlug, die ihm im Stall über den Weg liefen.“
    „Du hättest es mir sagen müssen“,
flüsterte Deike. „Ich hätte ...“
    „Was? Was hättest du, Deike?“,
fragte Hubert barsch. „Nein, auch du hättest nichts dagegen tun können. Wie
denn auch, du warst ihm doch genauso ausgeliefert wie alle anderen. Er hätte
dich genauso grün und blau geschlagen, wenn du auch nur ein Wort gesagt
hättest. Und das ... ich hätte niemals was gesagt, was dir hätte schaden können,
Deike, das weißt du.“
    Deike nickte und Tränen traten
ihr in die Augen. Sie wusste, dass er die Wahrheit sagte. Schon immer war sie,
Deike, Huberts einzige Freundin und Vertraute gewesen. Als kleines Mädchen
schon hatte sie sich zu ihm geschlichen und hatte heimlich mit ihm hinter dem
Haus gespielt. Sie hatten im Sandkasten Burgen gebaut oder sich einfach nur
Geschichten erzählt. Sogar eine kleine Schatzkiste hatten sie gehabt, in der
sie alles aufbewahrt hatten, was ihnen wichtig gewesen war. Und auch, als sie
erwachsen geworden waren, hatte Deike den Kontakt zu Hubert nie abreißen
lassen. Sobald sie in Canhusen gewesen war, hatte sie es so eingerichtet, dass
sie sich sehen konnten. Und das war bis zum heutigen Tag so geblieben. Ja, auch
wenn man Deike wie allen anderen Kindern strikt verboten hatte, mit Hubert auch
nur einen Satz zu sprechen, so hatte sie sich über dieses Verbot von Anfang an
hinweggesetzt. Selbst im Schulbus hatte sie sich ab und an neben ihn gesetzt,
was die anderen Kinder zu viel Getuschel veranlasst hatte. Aber niemals hatte
sie jemand verraten. Kein einziges von den Kindern war jemals zu seinen Eltern
gelaufen und hatte gepetzt. Insgeheim, das wusste Deike, hatten sie das kleine
mutige Mädchen, das sich traute, sich über die Anweisungen ihres Vaters, des
tollwütigen Lübbo Krayenborg, hinwegzusetzen, sogar bewundert. Überhaupt war
das quirlige rotblond gelockte Mädchen überall beliebt gewesen, und keiner
hatte es riskieren wollen, ihre Freundschaft zu verlieren. Und das wäre unweigerlich
und unwiderruflich geschehen, wenn sie herausgefunden hätte, dass irgendjemand
sie und Hubert verraten hatte. Sie hatte es ihnen von Anfang an allen klar
gemacht.
    „Sag mal, Hubert“,

Weitere Kostenlose Bücher