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Das Titanic-Attentat

Das Titanic-Attentat

Titel: Das Titanic-Attentat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Wisnewski
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nicht nur das Schicksal John Jacob Astors neu beleuchtet, sondern auch das der anderen
Titanic
-Opfer:
     
    Da damalige Taschenuhren nicht wasserdicht waren, stellten sie ihren Dienst sofort ein, wenn sie unter Wasser gerieten. Daher war die auf der Uhr einer Wasserleiche angezeigte Zeit ein wichtiger Hinweis auf den Todeszeitpunkt oder zumindest auf den Zeitpunkt, an dem der Betreffende ins Wasser geriet (denn gestorben sein kann er ja auch noch später).
Da die Uhr erst um 3.20 Uhr stehenblieb, heißt das, dass sich Astor bis zu diesem Zeitpunkt noch im Trockenen befand.
Da die
Titanic
zu diesem Zeitpunkt bereits etwa eine Stunde untergegangen war (wie auch die Uhrzeiten bei den anderen Opfern beweisen), kann sich Astor nicht mehr an Bord der
Titanic
aufgehalten haben.
Wenn sich Astor im Trockenen befand, dann heißt das, dass er sich sehr wahrscheinlich in einem Rettungsboot aufhielt.
Wenn sich Astor in einem Rettungsboot befand, heißt das, dass er nicht willenlos in den Tod gegangen war, sondern es zunächst geschafft hatte, sich zu retten.
Wenn die Uhr schließlich doch um 3.20 Uhr stehenblieb, heißt das, dass Astor um diese Zeit ins Wasser gelangte.
Weil Rettungsboote bei spiegelglatter See aber nicht einfach von selbst umkippen oder Menschen nicht einfach von selbst aus einem solchen Rettungsboot fallen, heißt das, dass jemand nachgeholfen haben muss.
     
    Denn schließlich wären da auch noch das geschwollene Gesicht und der verletzte Kiefer John Jacob Astors. Das erlaubt uns Rückschlüsse darauf, wie Astor wahrscheinlich ins Wasser gelangte und starb: Nämlich indem er ge- oder erschlagen wurde. Tatsächlich war dies auch das Ergebnis der durch Astors Sohn Vincent angestrengten Obduktion. Demnach starb John Jacob Astor nicht durch Ertrinken und auch nicht durch Erfrieren, sondern durch Erschlagen. [189] Zwar führte man dies auf den Schornstein der
Titanic
zurück – doch wie wir nun wissen, kann das nicht stimmen, denn gemäß dem Befund der Uhrzeit auf Astors Uhr war die
Titanic,
als Astor ins Wasser kam, ja schon längst untergegangen. Außerdem hätte der Schornstein Astor sicherlich zerschmettert und in nicht nur im Gesicht verletzt. Die Botschaft all dieser Tatsachen ist klar: Das Ganze riecht nach Mord.
     
    Freilich hörte diese Botschaft niemand bzw. wollte sie niemand hören – bis auf den heutigen Tag. Nicht einmal der Sohn scheint diese Spur weiterverfolgt zu haben. Obwohl er die Obduktion sicher nicht nur aus emotionalen Gründen durchführen ließ (angeblich weil er wissen wollte, ob sein Vater leiden musste). Wahrscheinlicher ist, dass auch ihm die merkwürdige Zeit auf der Uhr seines Vaters, die der Sohn übrigens sein Leben lang bei sich trug, aufgefallen war.
    Dass Vincent Astor offiziell keinen Mordvorwurf erhob, ist nicht etwa seltsam, sondern normal. Nach meinen langjährigen Recherchen über Attentate und meinen Erfahrungen mit Hinterbliebenen stellen sich nur wenige Hinterbliebene dem unerhörten Kampf um die Wahrheit über den Tod ihres Angehörigen. Und zwar häufig aufgrund des Schocks, der Trauer und der Resignation durch das Ereignis selbst. Eine der ganz wenigen heutigen Ausnahmen ist Michael Buback, der Sohn des 1977 unter dubiosen Umständen von sogenannten RAF -Terroristen ermordeten deutschen Generalbundesanwalts Siegfried Buback. Obwohl die Täter- oder zumindest Drahtzieherschaft praktisch bei allen RAF -Morden dubios ist, hat meines Wissens kein anderer Angehöriger den Kampf um die Wahrheit aufgenommen.
    Im Fall Astor spielte bei der britischen und amerikanischen Untersuchung die Frage, wie der reichste Mann der Welt ums Leben gekommen war, nicht die geringste Rolle. Nicht, dass die Todesumstände dabei nicht aufgeklärt wurden: Es wurde nicht einmal danach gefragt. Der Name »Astor« taucht gerade mal ein halbes Dutzend Mal beiläufig in den vielen tausend Seiten der Protokolle der US -Untersuchungskommissionen auf. Seinem Schicksal wurde nicht weiter nachgegangen. Der Zweite Offizier Lightoller, immerhin der Mann, der Astor unbestritten zumindest dem Tod durch Ertrinken auslieferte, wurde bei den Untersuchungen kein einziges Mal nach Astor befragt.

Benjamin Guggenheim –
Gentleman-Tod auf der
Titanic
?
    Wie gesagt, lassen uns diese Befunde das ganze Schicksal der
Titanic
in einem neuen Licht betrachten. Wenn wir es in einem wichtigen Fall wie dem von John Jacob Astor mit Mord zu tun haben – haben wir es dann vielleicht noch mit weiteren Morden zu tun?

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