Das Todeswrack
einen rechten Haken gelaufen.«
Gamay lächelte wie eine stolze Lehrerin. »Sie verstehen schnell, Gentlemen. Diese Unterschiede der Gesichter deuten auf jeweils einen bestimmten
Ort
hin. Jede Stadt oder Ansiedlung hat den Gott in einer ganz eigenen Art und Weise interpretiert.«
»So wie die Eule ein Symbol des alten Athen war?«, fragte Austin.
»Genau. In diesem Fall steht der Gott zudem für den Planeten Venus.«
Austin rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her und schaute zu Gamay hinüber. Er hatte mit Informationen gerechnet, die in direktem Zusammenhang mit dem Fall standen, und nicht etwa mit einer Vorlesung über die Theologie der Maya.
»Gamay, das alles ist ja überaus interessant«, sagte er und unternahm nicht die geringste Anstrengung, seine Ungeduld zu verbergen, »aber ich bin mir nicht sicher, worauf du hinaus willst.«
Sie schenkte ihm ihr entwaffnendes Lächeln. »All diese Köpfe entstammen Inschriften, die mit dem Bootsmotiv in Zusammenhang stehen.«
Austins Interesse wurde schlagartig geweckt. Er beugte sich vor. »Das
phönizische
Boot?«
»Wir wissen noch nicht mit Sicherheit, ob es tatsächlich phönizisch war. Aber ja, die Inschriften beziehen sich offenbar auf das Ereignis, das wir gesehen haben: Seltsame Schiffe und merkwürdige Leute, die von den Maya empfangen werden.«
Paul Trout mischte sich ein. »Dr. Chi hatte bereits vermutet, dass die Inschriften aus Tempelobservatorien stammen. Er hat die Glyphen der Städte benutzt, um die Standorte der Sternwarten genau zu bestimmen. Entsprechende Observatorien finden sich überall in Mittelamerika. Aber soweit wir wissen, zeigen nur acht die besagten Bootsbilder.«
»Es gibt demnach an verschiedenen Orten acht identische Observatorien, die der Venus gewidmet und auf ihren Zyklus ausgerichtet sind«, sagte Austin. »Und sie alle haben etwas mit einer geheimnisvollen Bootsflotte zu tun.«
»Ja, genau«, sagte Gamay und nahm ihren ursprünglichen Faden wieder auf. »Und die Zahl Acht trifft den Kern der Sache.« Sie sah die verständnislosen Gesichter und fuhr mit der Erklärung fort. »Quetzalcoatl und Kukulcan waren Inkarnationen des wichtigsten Gottes der Maya, nämlich Venus.
Die Maya haben die Bahn des Planeten mit unglaublicher Präzision berechnet. Sie wussten, dass die Venus an acht Tagen ihres Umlaufs nicht zusehen war. Nach ihrem Glauben tauchte der Planet während jener Zeit in die Unterwelt ab. Um die Venus und andere Himmelsobjekte stets im Auge zu behalten, bediente man sich architektonischer Hilfsmittel.
Durchgänge, Skulpturen, Säulen. Die Anordnung der Straßen.
Professor Chi ist der Ansicht, diese Observatorien seien Teil eines größeren Ganzen gewesen. Einer Karte oder Tabelle.
Vielleicht sogar eines primitiven Computers, der ein ganz bestimmtes Problem lösen sollte.«
»Zum Beispiel das Problem der phönizischen, Verzeihung, der noch nicht identifizierten Boote?«, fragte Austin.
»Genau«, erwiderte Paul. »Seite zwei in der Mappe ist eine Karte, auf der diese Orte zu sehen sind.«
Erneut raschelte Papier.
»Wir haben versucht, die Tempel miteinander zu verbinden oder von ihren Standorten aus parallele Linien zu ziehen«, sagte Gamay. »Nichts davon ergab einen Sinn. Während wir uns frustriert die Haare rauften, kam ein Anruf von Dr. Chi. Er hatte einen kurzen Abstecher in sein Büro gemacht und bei dieser Gelegenheit erfahren, dass wir versucht hatten, ihn zu erreichen.
Wir erzählten ihm, wir würden völlig im Dunkeln tappen, aber wir seien uns sicher, dass dort etwas verborgen liege, und wir bräuchten seine Hilfe.«
»Seite drei in Ihrer Mappe, Gentlemen«, verkündete Paul. »Dr. Chi hat dies per Fax aus dem Nationalmuseum übermitteln lassen. Die Spanier haben fast sämtliche Bücher der Maya vernichtet. Dies hier ist eines der wenigen, die der Zerstörung entronnen sind. Der Dresdener Codex. In ihm finden sich detaillierte Beobachtungstabellen der Venus. Die Daten wurden in den Observatorien gesammelt.«
»Was hat das mit unserem Geheimnis zu tun?«, fragte Gunn.
»In erster Linie soll es als Beispiel für die Art der Informationen dienen, die so wichtig für die Maya gewesen sind«, erwiderte Gamay »Versuchen Sie sich die Maya-Priester vorzustellen, wie sie Nacht für Nacht zu den Sternen emporschauen.
Sie sammeln ihre Erkenntnisse über die Bewegungen der Sterne, und dann sagen sie mit Hilfe der architektonischen Gegebenheiten eben dieser Tempel voraus, was die Sterne und Planeten
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