Das Traumtor (German Edition)
bot, hatte ich sie an ihm ausgelassen, ausgerechnet an ihm! Wie hatte ich ihn so verletzen können, wo uns doch nur so wenig Zeit für unser Glück blieb? Tränen stürzten aus meinen Augen und ich warf schluchzend die Arme um seinen Hals. Mit der Heftigkeit eines Dammbruchs bahnte sich die aufgestaute Verzweiflung ihren Weg, die ich seit Tagen in mir verschlossen hatte.
Rowin, Rowin, mein Leben, mein Glück! Könnte ich dich nur für immer so in den Armen halten! Aber die Götter waren dagegen.
Rowin war durch meinen Ausbruch, der in keinster Weise dem winzigen Anla0 entsprach, völlig verwirrt. Er glaubte, er habe mir ernsthaft wehgetan. Zärtliche Worte flüsternd und mich immer wieder um Verzeihung bittend, wiegte er mich in den Armen, bis meine Tränen langsam versiegten und ich mich wieder gefasst hatte.
„Athama, mein Herz, was ist denn nur los?“ fragte er unglücklich, als ich mich nun von ihm löste.
„Ach, nichts!“ lächelte ich unter Tränen. „Es tut mir nur so leid, daß ich dich verspottet habe. Das war unrecht von mir, denn deine Reaktion auf die Zündhölzer war eigentlich völlig normal. Ich war überheblich und habe mit einem Wissen geprahlt, daß du einfach nicht haben kannst. Es ist ja keineswegs mein Verdienst, daß ich aus einer Welt komme, die der deinen Hunderte von Jahren in der Entwicklung voraus ist. Ich schäme mich für meinen Hochmut und bitte dich um Verzeihung, daß ich über dich lachte. Rowin, bitte“ fragte ich zerknirscht, „willst du vergessen, daß ich dich kränkte?“
„Du kannst mich gar nicht wirklich verletzen, Athama“, sagte Rowin ernst, „denn dafür liebe ich viel zu sehr. Aber es hatte schon seinen Grund, daß ich dich bat, dein Wissen nicht an mein Volk weiterzugeben. Wer weiß, was aus dieser kleinen Sache einmal werden kann, wenn unsere Zeit noch nicht reif dafür ist. Es war wirklich nicht gut, daß du Leston die Herstellung dieser Dinger beibrachtest, obwohl ich zugeben muss, daß sie tatsächlich sehr praktisch sind. Nun gut, ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Mögen die Götter schenken, daß diese Hölzer unserem Volk nur Gutes bringen! Aber nun komm, zeigte mir noch einmal, wie es geht! Wenn es sie nun schon einmal gibt, muss ich als König sie auch handhaben können.“
Da war er wieder, sein Ehrgeiz, die Stellung als erster Mann in seinem Staat auch wirklich zu verdienen! Unwillkürlich musste ich wieder lächeln. Was für ein Mann! Rowin war hoch intelligent und wäre auch in meiner Welt wohl ein erfolgreicher Mann gewesen. Daß er mich nie nach meiner Heimat fragte, war ein wohl überlegter Schutz seiner selbst, denn er wusste genau, daß er so leicht der Versuchung nicht hätte widerstehen können, sein Volk in einen ungesunden Fortschritt zu stürzen, an dem es leicht zerbrechen konnte. Viele meiner Kenntnisse, die in meiner Welt völlig alltäglich und bedeutungslos waren, wären hier Revolutionen gewesen, die das gesamte Leben in dieser Welt vollkommen aus der Bahn gebracht hätten. Wie leicht hätte ich ihn die Funktion von Elektrizität oder die eines Motors erklären können. Er war bestimmt klug genug, es zu begreifen und es auch in die Tat umsetzen zu lassen. Aber er hatte Recht! Ich hätte mir diese friedliche Welt auch nicht mit Stromleitungen, Dampfmaschinen oder gar Autos vorstellen können. Ich hatte kein Recht, so tief in das Schicksal dieser Menschen einzugreifen.
Aber da die Zündhölzer nun einmal da waren und ich Rowin versichert hatte, daß sie bis heute in meiner Welt nur von erheblichem Nutzen gewesen waren, wollte er nun auch alles genau wissen. Von Lestons Alchemie verstand er fast genauso viel wie dieser selbst, und darum war es leicht, ihm die Wirkung der Reibungshitze auf die leicht entzündbare Masse der Streichholzköpfe klarzumachen. Doch ich warnte ihn auch, daß sich diese leicht selbst entzünden konnten, denn mit der Herstellung von Sicherheitszündhölzern war ich nun wirklich nicht vertraut. Das war etwas, das Les-ton austüfteln konnte.
Durch die angeregte Unterhaltung mit Rowin hatte ich mich wieder beruhigt, und als das Feuer niedergebrannt war, genossen wir die warme Enge unseres kleinen Zeltes, und die Melodie des trommelnden Regens auf den Zeltplanen wiegte uns sanft in den Schlaf.
Kapitel VI
Tag um Tag zogen wir weiter nach Nordwesten, und manchmal vergaß ich fast den traurigen Sinn dieser Reise, denn es war eine Zeit voller Harmonie und Glück. Rowins zärtliche
Weitere Kostenlose Bücher