Das Trumpf-As der Hölle
schaffen. Kann ich Sie vielleicht mal besuchen, Mr. Randall?«
»Natürlich. Wann?«
»Sofort wäre mir am liebsten. Natürlich nur, falls es sich einrichten lässt.«
»Aber sicher. Kommen Sie. Ich bin sogar froh, wenn mich jemand von den Akten wegreißt.«
»Dann werde ich in wenigen Minuten bei Ihnen sein.« Arsenius legte auf.
Der Zuchthausdirektor ließ sich auf seinem Stuhl zurücksinken. Er atmete ein paar Mal tief ein und war der Ansicht, dass er einen Whisky verdient hatte. Arsenius trank nichts, das wusste er. Deshalb beeilte er sich, das Glas zu leeren, bevor der Psychologe eintraf. Es machte einen schlechten Eindruck, wenn der Direktor Alkohol auf dem Schreibtisch stehen hatte.
Zwei Minuten später meldete sein Sekretär die Ankunft des Psychologen. »Ja, schicken Sie ihn bitte zu mir.«
Arsenius kam. Er sah aus wie immer. Schmächtig, fast unscheinbar, und doch überkam den Direktor ein seltsames Gefühl, als er diesen Mann vor sich sah. Das Gefühl beherrschte ihn nicht erst seit heute, sondern schon seit längerer Zeit. Irgendwie war ihm der kleine Mensch dort unheimlich.
»Setzen Sie sich doch«, sagte Randall. Seine Stimme klang belegt. Darüber ärgerte er sich selbst. Er hoffte nur, dass der andere von seiner Unsicherheit nichts bemerkte.
»Ja, danke.« Ein wenig schwerfällig ließ sich der Psychologe auf den Stuhl fallen.
Alles nur Täuschung, dachte Randall. Tatsächlich ist dieser Mann verdammt aufgeweckt, und er war ihm, dem Direktor, auch überlegen, da machte sich Randall nichts vor.
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Arsenius?«
»Nun, wenn ich zu Ihnen komme, geht es zumeist um einen Gefangenen.«
Randall nickte. »Das weiß ich.«
»So ist es auch diesmal. Ich muss mit Ihnen über einen Mann reden, der erst einige Tage bei uns einsitzt. John Sinclair.«
Alarmglocken schrillten im Kopf des Zuchthausdirektors. Der Mann hatte Mühe, seine Überraschung zu verbergen, und er hoffte stark, dass sein Gegenüber davon nichts mitbekam. »Ja, ich kenne Sinclair. Ein Doppelmörder.«
Arsenius lächelte mit seinen farblosen Lippen. »Da bin ich mir, ehrlich gesagt, nicht so sicher.«
»Ist er unschuldig?«
»Das glaube ich.«
»Und wieso? Hat er Ihnen das gesagt?«
»Nein. Er hat auch nicht von seiner Schuld gesprochen, aber ich glaube, dass er nicht der ist, für den er sich ausgibt.«
Randall tat erstaunt. Er wusste den Blick des anderen auf sich gerichtet und versuchte, Überraschung in seine Mimik mit hineinzulegen, wobei er hoffte, dass der andere ihm dies auch abnahm. »Er ist nicht John Sinclair?«
»Das schon, aber ich glaube nicht an den Doppelmord. Der Mann ist unschuldig, denn im Normalfall sind Polizisten keine Mörder.«
»Jetzt verstehe ich gar nichts mehr.«
»Es ist doch einfach. Sinclair hat sich in dieses Zuchthaus eingeschmuggelt, und Sie werden davon gewusst haben.«
Noch immer blieb der Mann bei seiner Lüge. »Nein, wie sollte ich? Der Mann hat die richtigen Papiere. Ich habe das Urteil als Kopie zugeschickt bekommen…«
»So etwas kann man fälschen, Sir!« Die Antwort des Psychologen klang spöttisch.
Randall beugte sich vor. »Sie unterstellen der Institution Justiz eine Ungeheuerlichkeit«, bemerkte er scharf. »Das muss einmal gesagt werden.«
»Blasen Sie sich nicht auf«, erklärte Arsenius kalt. »Das Spiel, das hier läuft, haben Sie mit eingefädelt. Nur haben Sie einen Fehler gemacht, denn das Spiel geht gegen mich, und das wird Ihnen zum Verhängnis werden.«
»Was…!« Randall wollte sich aufregen, den Mann hinauswerfen, doch Arsenius stand plötzlich auf und schaute ihn nur an. Der Wutanfall des Direktors verrauchte. Zwar stand er noch, aber er musste sich an der Schreibtischkante festklammern, um nicht nach hinten zu kippen. Sein Gesicht zuckte, und er schaute nur in die Augen des Hellsehers, die plötzlich ihren Ausdruck gewechselt hatten und sehr zwingend blicken konnten. So zwingend, dass sich Randall nicht von ihnen lösen konnte und in ihren Bann geriet.
»Setzten Sie sich«, befahl Arsenius leise.
Der Direktor gehorchte. Plötzlich besaß er keinen eigenen Willen mehr. Er war dem anderen untertan, und Arsenius konnte mit ihm machen, was er wollte.
»Ja, das ist gut, mein Lieber. Es ist Ihr Platz, genau Ihr Platz.« Arsenius kam näher, während er sprach. Und er ließ seinen Blick nicht von den Augen des Mannes, wobei Randall immer mehr zusammenzuschrumpfen schien. Vor dem Schreibtisch blieb der Hellseher stehen. Er beugte
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