Das Ultimatum
fragte: »Was hältst du von den Morden an den drei Politikern?«
Michael trommelte mit einem Bleistift auf den Kalender auf seinem Schreibtisch, während er kurz über eine entsprechende Antwort nachdachte. »Ich bin irgendwie gespalten. Einerseits denke ich, das ist genau das, was wir brauchen, andererseits habe ich natürlich kein gutes Gefühl dabei.«
»Das ist verständlich, würde ich sagen«, antwortete Seamus mit seiner tiefen Stimme. »Was hältst du von den Männern, die getötet wurden?«
»Ich glaube, dass die Gründerväter unserer Demokratie nicht allzu betrübt darüber wären, dass diese Leute von den Schalthebeln der Macht verschwunden sind.«
Seamus lachte leise. »Das glaube ich auch.«
Michael drehte sich mit seinem Sessel um und blickte aus dem Fenster. In der Ferne sah er das Washington Monument aufragen. »Seamus«, sagte Michael schließlich mit einem flauen Gefühl im Magen. »Es gibt da etwas, über das ich mit dir sprechen muss. Hast du immer noch vor, dieses Wochenende in die Stadt zu kommen?«
»Ja. Was gibt’s denn?«, wollte Seamus wissen.
»Ich weiß nicht genau, aber es könnte etwas mit dem zu tun haben, was letzte Nacht passiert ist.« Michael zögerte kurz, ehe er hinzufügte: »Ich möchte lieber nicht am Telefon darüber reden.«
Seamus verstand, was er meinte. In Washington konnte man sich nie sicher sein, ob das, was man am Telefon besprach, nicht von irgendjemandem mitgehört wurde. »Kannst du mir nicht einen kleinen Hinweis geben, worum es geht?«
Michael schaukelte in seinem Stuhl vor und zurück. »Es hat mit einem gemeinsamen Freund von uns zu tun.«
Seamus sah in der Ferne ein Fischerboot an der Bucht vorüberziehen. Der alte Mann wusste sofort, von wem Michael redete. »Alles klar. Behalte es für dich, bis ich bei dir bin.«
»Okay.«
»Dann bis zum Wochenende.«
»Kommst du mit deinem Flieger?«
»Ja.«
»Ruf mich an, damit ich weiß, wann du landest.«
»Mach ich. Grüß Tim und Liz von mir.«
»Okay.« Michael legte auf und dachte an den Menschen, über den er soeben mit Seamus gesprochen hatte, ohne seinen Namen zu nennen. Er hat eindeutig ein Motiv, dachte Michael bei sich. Ein Motiv und die nötige Erfahrung, um so etwas durchzuziehen.
Die Sache mit dem Brief verbreitete sich rasch im ganzen Land. Das Drama, das sich in der Hauptstadt abspielte, ließ keinen Amerikaner kalt. Der Präsident saß in seinem hohen Ledersessel und blickte aus dem Fenster des Oval Office. Er saß schon seit zehn Minuten still da und dachte über die bedrückende Tatsache nach, dass er genauso wenig wie jeder andere Bürger darüber wusste, was eigentlich vor sich ging. Der Triumph über sein Budget war nur von kurzer Dauer gewesen. Heute hätte eigentlich ein Tag zum Feiern sein sollen, ein Tag, an dem er als Sieger vor die Kameras treten konnte und einen wichtigen Schritt hin zu einer zweiten Amtszeit machte. Stattdessen war das Undenkbare eingetreten. Ohne Jack Koslowski würde er sein Budget niemals durchbringen; außerdem drohten diejenigen, die hinter dieser Tat steckten, auch ihm mit der Ermordung. Er überlegte, ob es den Tätern wirklich gelingen könnte, an ihn heranzukommen, und kam zu dem beruhigenden Schluss, dass das unmöglich war. All die Secret-Service-Agenten und die moderne Technologie, die zu seinem Schutz eingesetzt wurde, machten ihn praktisch unangreifbar.
Er wusste, dass er sich in einer Rede an die Nation wenden musste, doch er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Es war fast zwei Uhr nachmittags, und Stevens hatte noch keinen Gedanken an seine ermordeten Kollegen oder deren Hinterbliebene verschwendet; zu sehr beschäftigte ihn die Frage, inwieweit die aktuellen Ereignisse seine Karriere und seinen Platz in den Geschichtsbüchern beeinträchtigen könnten.
Auf dem Flur vor dem Oval Office wartete Ann Moncur darauf, mit Stevens sprechen zu können. Wenn man zum Präsidenten wollte, ging das normalerweise nur über seinen Stabschef – doch Moncur hatte es satt, auf Garrets Zustimmung angewiesen zu sein. Die Medien rückten ihr zunehmend auf die Pelle, weil sie eine Stellungnahme des Weißen Hauses zu den Mordfällen haben wollten. Alle erwarteten, dass sich der Präsident in einer Rede an die Nation wenden würde, und sie musste den Reportern endlich mitteilen, wann es so weit war.
Stu Garret kam zusammen mit Mike Nance und Ted Hopkinson, dem Kommunikationsdirektor des Weißen Hauses, um die Ecke geeilt. Hopkinsons
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