Das Ultimatum
Handy hinunter und dann zu dem Ford Explorer hinaus, der drei Autos vor ihm stand. Der Wagen gehörte dem Mann, mit dem er sprechen wollte. O’Rourke hatte schon zweimal versucht, ihn in seiner Wohnung zu erreichen, doch jedes Mal hatte sich der Anrufbeantworter eingeschaltet.
Er wurde langsam ungeduldig. Michael musste den Mann, der in diesem Haus wohnte, unbedingt sprechen. Er trommelte mit der Hand auf das Lenkrad und dachte sich, dass sein Freund wohl gerade joggen war. Dass er in der Stadt war, wusste O’Rourke mit Sicherheit, nachdem er sich im Büro des Mannes erkundigt hatte. Fünf Minuten und einen halben Becher Kaffee später sah er einen Mann mit einer dunkelblauen Baseballmütze und einem großen Rucksack um die Ecke biegen.
Michael stellte den Becher ab, stieg aus dem Wagen und ging direkt auf den Mann zu. »Du bist verdammt schwer zu erreichen.«
Der schlanke Mann sah Michael überrascht an. »Tut mir Leid. Ich habe im Moment viel um die Ohren.«
»Hörst du deinen Anrufbeantworter denn, nicht ab? Ich habe in den letzten drei Tagen mindestens zehnmal angerufen.« Michael streckte ihm die Hand entgegen, und sein Freund schüttelte sie kurz.
»Tut mir Leid, aber ich habe wirklich viel zu tun.« Der Mann, der sechs Jahre älter als Michael war, rückte den Rucksack auf seinen Schultern zurecht und blickte sich wachsam um.
»Halte ich dich vielleicht auf?«, fragte Michael.
»Ich habe heute noch einiges zu erledigen, aber für den besten Freund meines kleinen Bruders habe ich immer ein paar Minuten übrig.«
Die Bemerkung weckte in Michael die gewohnten freundschaftlichen Gefühle, die er seit Jahren für Scott Coleman empfand. Der Mann, der vor ihm stand, war der ältere Bruder von Mark Coleman, O’Rourkes bestem Freund, der vor einem Jahr ermordet worden war. Scott Coleman war ein ehemaliger Kommandeur von SEAL Team 6, Amerikas schlagkräftigster Antiterror-Einheit. Er war gleichzeitig jener Mensch, an den Michael in den vergangenen Tagen immer wieder mit großer Beunruhigung gedacht hatte.
Coleman hatte die SEALs vor fast einem Jahr verlassen, nachdem er sechzehn Jahre erfolgreich dort gedient hatte. Trotz seiner glanzvollen Karriere hatte sein Abschied einen bitteren Beigeschmack. Er hatte kurz zuvor bei einer Mission in Libyen die Hälfte seines SEAL-Teams verloren.
Als er von der Mission zurückkehrte, erfuhr Coleman, dass der Angriff seines Teams auf ein Trainingscamp von Terroristen deshalb fehlgeschlagen war, weil ein hochrangiger Politiker die Mission verraten hatte. Als sich seine Vorgesetzten weigerten, Coleman den Namen des Politikers preiszugeben, trat er enttäuscht zurück. O’Rourke hatte von Senator Olson, der gleichzeitig Vorsitzender des Nachrichtendienst-Ausschusses war, erfahren, dass es sich bei dem Politiker um Senator Fitzgerald handelte.
Michael überlegte lange, ob er es Coleman sagen sollte. Seit dem Tod von Mark Coleman waren sie sich menschlich näher gekommen, sodass sich Michael bei einem Jagdausflug vergangenen Herbst entschloss, seinem Freund zu verraten, was er wissen wollte. Coleman hatte die Information schweigend zur Kenntnis genommen, und die beiden hatten seither nie wieder über das Thema gesprochen. Doch als Senator Fitzgerald vor einer Woche ermordet worden war, hatte Michael begonnen, sich so seine Gedanken zu machen.
O’Rourke steckte die Hände in die Hosentaschen und trat unruhig von einem Bein auf das andere. »Das war ganz schön brenzlig heute Nachmittag mit dem Hubschrauber des Präsidenten. Du weißt nicht zufällig, wer so etwas tun könnte, oder?«
»Nein«, antwortete Scott Coleman und sah Michael mit seinen strahlend blauen Augen an.
»Erinnerst du dich noch an den Jagdausflug, den wir vor einem Jahr zusammen unternommen haben?«
»Klar.«
»Erinnerst du dich auch noch an das, was ich dir damals gesagt habe?«
»Ja.«
Michael erwiderte Colemans Blick und nickte. Nach einigen Augenblicken des Schweigens beschloss Michael, das Thema anders anzugehen. »Was denkst du eigentlich über diese Morde?«
Colemans Gesicht blieb ausdruckslos. »Na ja, ich bin nicht gerade in tiefer Trauer, wenn es das ist, was du meinst.«
»Nein«, erwiderte O’Rourke kopfschüttelnd. »Das habe ich auch nicht erwartet. Irgendeine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«
Coleman legte den Kopf auf die Seite. »Nein – du?«
»Vielleicht«, antwortete Michael.
»Bist du allein?«
»Ja.«
»Du hast nicht zufällig in letzter Zeit mit jemandem vom FBI
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