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Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
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ist immer leichter, sich dem anzupassen, was andere denken. Aber Prinzipien zu haben bedeutet, das zu tun, was richtig ist, nicht das, was leicht ist. Es bedeutet, eine gewisse Integrität zu haben, und das ist etwas, das man nur selbst kontrollieren kann. Niemand sonst kann sich daran vergreifen.«
    Integrität. Ich drehte das Wort in meinem Kopf hin und her und merkte es mir für die Zukunft. Denn sobald Mr. Peterson es ausgesprochen hatte, wusste ich, dass es das passende Wort war. Mir ging auf, dass es genau diese Idee war, über die ich in den vergangenen Wochen nachgedacht – oder es jedenfalls versucht – hatte.
    »Mr. Peterson«, sagte ich, »ich glaube, ich habe versucht, so etwas wie Integrität auszudrücken, als ich dieses Wort benutzt habe. Sie wissen doch, welches Wort ich meine, oder?«
    »Ja, ich weiß, welches Wort du meinst«, bestätigte mir Mr. Peterson.
    »Also, ich habe das irgendwie niemandem klarmachen können, weil alle immer nur sagen, dass dieses Wort verboten ist und unter gar keinen Umständen benutzt werden darf. Aber ich glaube wirklich, es musste gesagt werden. Und als ich es sagte, da hatte ich nicht das Gefühl, irgendetwas Böses zu tun. Ich hatte das Gefühl, etwas … na ja, Prinzipientreues zu tun. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, Integrität zu besitzen. Hört sich das für Sie blöd an?«
    »Nein, gar nicht. Ich finde, dass Integrität auf ganz unterschiedliche Weise ausgedrückt werden kann, und manchmal kann man die Regeln brechen und trotzdem integer sein. Manchmal muss man es sogar. Du darfst bloß nicht erwarten, dass die Mehrheit das akzeptiert.«
    »Tue ich auch nicht«, sagte ich. »Obwohl ich unter normalen Umständen gar kein Mensch bin, der die Regeln bricht – oder unhöflich ist. Ich war immer sehr gut in der Schule. Das ist ja einer der Gründe, warum mich meine Mitschüler nicht leiden können. Es ist gewissermaßen tabu, gerne zu lernen. Es ist falsch, Interesse zu zeigen. Die Leute werden misstrauisch, wenn man Dinge wie Lesen und Mathematik und so weiter gerne macht. Aber ich vermute, das wird Ihnen seltsam vorkommen. Bei Ihnen in der Schule war das wahrscheinlich ganz anders.«
    Mr. Peterson schnaubte. »Junge, ich bin Amerikaner. Wir sind seit Hunderten von Jahren Intellektuellen gegenüber misstrauisch. Als ich in deinem Alter war, in den 1950ern, war es unpatriotisch, zu viel zu denken, und seitdem hat sich nicht viel verändert. Schau dir doch an, wer bei uns alles Präsident werden kann! Bush! Der verdammte Ray Gun!«
    Ich wusste natürlich, wer Bush war. Er war oft im Fernsehen, wegen des Irakkriegs und so weiter. Er hatte eine besonders gute Beziehung zu Tony Blair, unserem Premierminister, und ich fand, dass er einem Affen ein bisschen ähnlich sah. Aus dem, was ich über ihn wusste, entnahm ich, dass die Leute ihn nicht besonders mochten. Mr. Peterson behauptete, es sei ein Wunder, dass dieser Kerl schon aufrecht gehen könne. Aber was Ray Gun betraf, so hatte ich keine Ahnung, wer gemeint war. Ich mutmaßte, es könnte sich um eine Art Spitznamen handeln, aber ich fragte zur Sicherheit noch einmal nach.
    »Rea-gan!«, betonte Mr. Peterson. »Er war der vierzigste Präsident der Vereinigten Staaten. Davor war er Gouverneur von Kalifornien und davor ein mittelmäßiger Schauspieler, der in B-Movies aufgetaucht ist. Ehrlich, wenn du ihn in den Fünfzigern in diesen entsetzlichen Filmen gesehen hättest, hättest du es nicht für möglich gehalten, dass es einen Job geben könnte, den er noch schlechter macht. Nicht, bis er Präsident wurde. Das war in den Achtzigern.«
    »Damals war ich noch nicht auf der Welt«, erklärte ich.
    »Da hast du Glück gehabt. Es war das Jahrzehnt des Satans, egal, auf welcher Seite des Großen Teichs man lebte.«
    »Oh.« Ich beschloss, seine Behauptungen später bei Wikipedia nachzuprüfen und »B-Movie« und »Großer Teich« zu googeln.
    Manchmal erforderten unsere Gespräche eine gewisse Nacharbeit, aber ich war sehr froh, dass Mr. Peterson und ich wieder Freunde waren.

13 Tod
    Ein Jahr verging. Es war eine Zeit der Stärkung und der Festigung. In der Schule hatte ich keine Probleme mehr, oder wenigstens keine, die der Rede wert gewesen wären. Hin und wieder wurde ich von Drake Mackenzie und seiner Bruderschaft von Blödmännern beleidigt, aber insgesamt waren sie ihrer Macht beraubt worden und keine Herausforderung mehr für meine neu entdeckte Integrität, die mich einhüllte wie ein schützender Mantel.

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