Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
musste wenigstens fragen.
»Woods, das war echt aufregend«, sagte Ellie und trat ihre zweite Zigarette aus. »Das sollten wir mal wiederholen.«
Das war Sarkasmus. Oder Ironie. Oder sonst irgendwas. Ich sah darüber hinweg.
»Du redest mit deiner Mutter?«, fragte sie noch einmal und fixierte mich mit einem Blick, der mir sagte, dass es unklug wäre, ihre Forderung abzulehnen.
»Ja, ich frage sie«, versprach ich.
»Wunderbar.«
Ellie zog eine Art Körperspray aus ihrer Tasche, kniff die Augen zu und sprühte sich von Kopf bis Fuß damit ein. Dann salutierte sie vor mir, drehte sich auf dem Absatz um und ging auf direktem Weg wieder zum Schulgebäude zurück.
Mein Spaziergang machte mir keinen Spaß mehr.
Ein paar Tage später traf ein Paket ein. Meine Mutter fuhr den Wagen in die Garage – was gewöhnlich eine Weile dauert, weil sie keinerlei räumliches Vorstellungsvermögen hat –, und deshalb war ich wie üblich der Erste, der ins Haus ging und die Post aufsammelte. Aber es dauerte einen Moment, bis mir klar wurde, dass das Paket an mich adressiert war. Normalerweise bekam ich keine Post, und Pakete hatte ich bislang erst von einer einzigen Person bekommen. Diese Person war Dr. Weir. Sie hatte mir Martin Beechs Meteoritenbuch geschickt und später noch Das Universum. Eine Einführung . Auch dieses Paket sah von der Form her aus wie ein Buch, aber die Schrift auf dem Adressaufkleber war nicht die von Dr. Weir. Dr. Weir schrieb wie ein Arzt: mit einer fast unleserlichen Handschrift voller Kringel und Schnörkel und Häkchen. Die Schrift auf dem Paket bestand aus eckigen Blockbuchstaben. Ich fütterte Lucy, nahm das Paket mit in mein Zimmer und machte es auf.
Was da auf meinen Schreibtisch fiel, war eine neue Taschenbuchausgabe von Frühstück für Helden . Es lag kein Brief bei, aber als ich das Buch aufschlug, fand ich Folgendes auf dem Vorsatzpapier vermerkt:
Ich dachte, du willst vielleicht wissen, wie es ausgeht. Komm rüber und sag mir, was du davon hältst, wenn du es fertig gelesen hast.
Eine ganze Zeit lang betrachtete ich diese beiden Sätze. Dann nahm ich Papier und einen Stift zur Hand und schrieb diese Antwort, die ich am folgenden Tag abschickte.
Lieber Mr. Peterson,
vielen Dank für das Buch. Damit habe ich nicht gerechnet.
Ich dachte, Sie würden für immer böse auf mich sein wegen dem, was passiert ist, und wegen meiner miesen Erklärung. Ich möchte noch einmal versuchen, es zu erklären, so gut ich kann. Aber es könnte sein, dass einiges für Sie keinen Sinn ergibt. Die Schule war zu Ihrer Zeit sicher ganz anders als heute, und die Leute haben sich vermutlich besser benommen und nicht wie Affen.
[Hier folgte ein genauer Bericht der Ereignisse, die zum Verlust von Mr. Petersons Buch führten.]
Es tut mir sehr leid, dass ich Ihnen das nicht schon früher erzählt habe, aber ich war von dem, was passiert ist, sehr traumatisiert, und ich wollte auch nicht, dass Sie denken, ich würde nach Ausreden suchen oder mich aus der Verantwortung stehlen. Ich fühle mich verantwortlich für das, was passiert ist, weil es passierte, als das Buch in meiner Obhut war, und im Nachhinein halte ich mein Verhalten für sehr rücksichtslos. Ich habe beschlossen, dass ich wieder ein Pazifist werde, nicht nur, weil ich nicht gut kämpfen kann und weil es mir überhaupt keinen Spaß macht, sondern weil mir jetzt klar geworden ist, dass Kämpfen selbst als letzter Ausweg ziemlich lausige Resultate bringt.
Aber obwohl meine Entscheidungen eine schlimme Situation noch schlimmer gemacht haben, wollte ich Ihnen erklären, dass nicht mich allein die Schuld trifft. Ich habe dumm gehandelt, aber in guter Absicht, und das zählt doch auch, oder meinen Sie nicht?
Leider bin ich in nächster Zeit nicht in der Lage, zu Ihnen zu kommen und mit Ihnen über »Frühstück für Helden« zu sprechen, weil ich im Augenblick unter Hausarrest stehe – für die Prügelei und weil ich später in Anwesenheit des stellvertretenden Schulleiters das schlimmste aller schlimmen Wörter benutzt habe. (Sie wissen vermutlich, welches Wort ich meine, deshalb muss ich es nicht aufschreiben.) Aber ich werde kommen, wenn (oder falls) meine Mutter entscheiden sollte, dass ich meine Lektion gelernt habe, und mir wieder die Freiheit schenkt.
Nochmals vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Alex Woods
Nachdem ich diesen Brief geschrieben hatte, war ich überrascht, dass ich nicht früher daran gedacht hatte zu schreiben. Wenn man die
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