Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)

Titel: Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Extence
Vom Netzwerk:
aus betrachtet, hat es eine Menge mit uralten Jagdritualen zu tun. Wie bei den meisten Sportarten geht es beim Fußball darum, ein Ziel zu treffen, die Hand-Auge-Koordination oder die Fuß-Auge-Koordination zu verbessern, Gegner auszuschalten und so weiter. Und natürlich kommt auch das Stammeswesen mit ins Spiel. Das gilt für alle Mannschaftssportarten. Die Freude an diesen Tätigkeiten ist vermutlich tief in der menschlichen Psyche verwurzelt, besonders in der männlichen, wobei natürlich der Grad des Interesses variieren kann.«
    »Ich kann Jagdrituale nicht leiden. Punkt«, sagte ich.
    Dr. Weir lächelte. »Nein. Aber diese Dinge können sich in ganz unterschiedlichen Formen ausdrücken. Viele Wissenschaftler glauben, dass einige unserer mathematischen Fähigkeiten ihren Ursprung in dem räumlichen Geschick haben, das unsere Vorfahren benötigten, um Beute zu jagen und Räuber abzuwehren – das Verständnis für Flugbahnen und physikalische Kräfte, Beschleunigung und Verlangsamung, allgemeine Mechanik. Unsere Gehirne haben eine fantastische Software zum Verstehen der Naturgesetze entwickelt. Wenn du dich hinsetzt und sechs Stunden lang mathematische Probleme löst, ist die Befriedigung, die du daraus ziehst, durchaus mit dem Vergnügen zu vergleichen, das andere Menschen beim Sport empfinden. Beides hat möglicherweise einen gemeinsamen Ursprung. Ein interessanter Gedanke, findest du nicht?«
    »Ich glaube nicht, dass Sie damit unsere Fußballmannschaft überzeugen können«, sagte ich.
    »Nein, vermutlich nicht. Aber ganz ehrlich, Alex, es ist völlig in Ordnung, kopflastig zu sein. Du wirst vermutlich in ein paar Jahren feststellen, dass die Dinge sehr viel einfacher für dich werden.«
    »Ja, das denke ich auch.«
    »Willst du immer noch Neurologe werden?«
    Die Art, wie Dr. Weir diese Frage stellte, gefiel mir. Seit ich elf war, erzählte ich den Leuten, dass ich wahrscheinlich Neurologe werden möchte, und aus irgendeinem Grund wurde ich nicht wirklich ernst genommen. Man hielt es entweder für sehr lustig oder aber für sehr merkwürdig. Dr. Weir dagegen nahm die Idee ernst – obwohl mir in letzter Zeit Zweifel gekommen waren, wie ich ihr erklärte.
    »Im Augenblick tendiere ich wieder eher zu Physiker«, sagte ich.
    Dr. Weir lächelte.
    »Die Neurologie interessiert mich nach wie vor«, stellte ich klar, »aber … nun, irgendwie spricht mich die Einfachheit und Klarheit der Physik an. Mir gefällt die Vorstellung, dass man all diese unglaublich komplizierten Phänomene mit unglaublich simplen Gesetzen beschreiben kann. Wie e = mc 2 . Um die Wahrheit zu sagen, ich glaube, es gibt nichts Schöneres als das. Man kann es auf eine Briefmarke schreiben, aber gleichzeitig erklärt es, wie die Sterne funktionieren. Diese Art von Perfektion findet man sonst nirgends. Ich bezweifle wirklich, dass Neurologie jemals so vollkommen sein könnte. Man könnte vermutlich tausend Jahre lang das menschliche Gehirn studieren, ohne die Menschen auch nur ein Stück weit besser zu verstehen.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, sagte Dr. Weir mit einem kleinen Lachen. »Aber egal, was du tust, ich würde mich freuen, wenn du ans Imperial College kommst. In diesem Land gibt es keine bessere Universität.«
    »Ja, das wäre schön«, sagte ich. »Allerdings weiß ich nicht, ob ich wirklich nach London ziehen will. Es ist so überfüllt. Ich glaube nicht, dass ich in einer so großen Stadt leben könnte.«
    »Das kann ich verstehen«, sagte Dr. Weir. »Weißt du, ich bin nicht in London geboren, Alex. Ich wuchs auf dem Land auf, so wie du. In Cornwall, um genau zu sein. Aber ich könnte heute nicht mehr so abgeschieden leben. Mir gefällt es, alles in der Nähe zu haben – die Museen und die Bibliotheken. Der einzige Nachteil ist die Lichtverschmutzung. In den meisten Nächten kann man von London aus nicht einmal mehr den Polarstern sehen, und alles über Größenklasse zwei ist fast unmöglich.«
    Ich dachte darüber nach. Ich versuchte mir vorzustellen, wie es wäre, in London Naturwissenschaften zu studieren, aber aus irgendeinem Grund nahm das Bild vor meinem geistigen Auge keine Gestalt an.
    »Dr. Weir?«, sagte ich. »Was für Noten bräuchte ich, um am Imperial College aufgenommen zu werden?«
    »Dreimal sehr gut, Alex, und mindestens zwei davon in den naturwissenschaftlichen Fächern oder Mathematik.«
    Ich dachte noch ein bisschen länger nach. »Ich versuche, vier zu bekommen«, sagte ich. »In allen drei

Weitere Kostenlose Bücher