Das unerhörte Leben des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat: Roman (German Edition)
ganz gut beobachten konnte, genauso wie die helleren Deep-Sky-Objekte, wie Andromeda und M42 und so weiter. Aber es war nicht stark genug, um enge Doppelsterne aufzulösen oder irgendwelche Planetenstrukturen zu erkennen. Wenn ich mich anstrengte, konnte ich den Saturn als leicht in die Breite gezogenen Fleck ausmachen, aber ich brauchte eine sehr viel stärkere Vergrößerung, um einzelne Ringe unterscheiden zu können.
Der Sommer war die einzige Zeit im Jahr, in der drei Mitarbeiter im Laden wirklich benötigt wurden – besonders an den Tagen, an denen meine Mutter Termine zum Kartenlegen vereinbarte. Ich hatte immer die Kassenaufsicht. Mit Geld konnte ich gut umgehen, aber wenn ich die Kunden über die unterschiedlichen Tarotdecks beraten sollte oder welche Kristalle sich am besten gegen Stress oder Menstruationsbeschwerden eigneten, war ich eine absolute Niete. Meine Standardantwort lautete, dass alle wohl gleichermaßen wirkungsvoll seien. Wenn der Laden voll war, waren wir alle beschäftigt, aber die Flauten waren grauenvoll. Dann gab es keinen Schutz gegen das ständige Geplapper von meiner Mutter und Ellie. Sie waren wie Moskitos, die im Hintergrund summten. Und manchmal waren sie unverständlicherweise entschlossen, mich in ihre aberwitzigen Themen mit einzubeziehen, das war das Allerschlimmste. Die Diskussion um die Katzen-Theorie war nur ein besonders betrübliches Beispiel für diese andauernde Situation.
»Sie ist eine sehr fruchtbare Katze«, erklärte meine Mutter. »Im Durchschnitt wirft sie … wie viele Jungen, Lex?«
»Ich versuche zu lesen«, sagte ich. Ich hatte keine Lust, mich wieder auf einen dieser verrückten Dialoge mit meiner Mutter einzulassen.
»Er hat es einmal ausgerechnet. Nicht wahr, Lex? Ich glaube, so ungefähr drei Komma sieben Junge pro Wurf, stimmt’s? Obwohl sie beim letzten Mal nur zwei Kätzchen hatte, besser gesagt zwei Kater. Aber sie ist ja auch keine junge Katze mehr. Und dafür macht sie ihre Sache wirklich noch sehr gut. Ich bin gespannt, wie viele sie diesmal schafft.«
»Wie wäre es, wenn wir Wetten abschließen?«, schlug Ellie vor.
»Wie wäre es, wenn wir sie sterilisieren lassen?«, lautete mein Kommentar.
Ellie verdrehte die Augen. Meine Mutter schaute Ellie an und zuckte mit den Schultern. »Lex, du weißt doch, wie ich darüber denke. Ich glaube nicht, dass wir das Recht haben zu entscheiden, ob Lucy Junge bekommt oder nicht. Sie wird damit aufhören, wenn sie es will.«
»Aber wo ist der Sinn?«, fragte ich. »Du lässt doch nie zu, dass sie sie behält. Du hast offensichtlich kein Problem damit, diese Entscheidung für sie zu treffen. Vielleicht hört sie auf, schwanger zu werden, wenn sie einen Wurf behalten darf.«
Meine Mutter achtete nicht auf mich und wandte sich an Ellie. »Möchtest du ein Kätzchen haben, Ellie? Ich denke, eine Katze reicht uns völlig. Katzenbabys und junge Katzen machen viel Arbeit. Und trotz dem, was Lex sagt, bin ich der Meinung, dass Lucy nach etwa acht Wochen das Interesse an ihren Kindern verliert. Das ist oft so bei Katzen. Es sind sehr unabhängige Geschöpfe.«
»Vielleicht verliert sie das Interesse, weil sie schon im Voraus weiß, was kommt«, sagte ich. »Deine ganze Einstellung dieser Katze gegenüber ist absolut widersprüchlich. Nein, schlimmer noch, sie ist grausam.«
Meine Mutter schaute mich ein paar Sekunden lang an, ohne etwas zu sagen. Dann wandte sie sich ab. »Ellie, ich glaube, frische Luft würde dir und Lex guttun. Es wäre nett, wenn ihr beide hinauf zur Quelle gehen und etwas Wasser für den Wasserspender holen könntet. Es sieht so aus, als ob er fast leer wäre. Nehmt die beiden Fünfliterflaschen. Das sollte dann eine Weile reichen.«
Falls ich es noch nicht erwähnt habe, tue ich es jetzt: Meine Mutter trinkt ausschließlich Wasser aus der Glastonbury-Quelle. Sie kocht sogar ihren Tee damit.
Ellie wirkte nicht erfreut. Sie atmete demonstrativ aus, um uns allen – und vor allem mir – zu zeigen, wie groß das Opfer war, das sie unseretwegen brachte. »Also schön. Zehn Liter Quellwasser, zu Befehl. Wo sind die Autoschlüssel?«
»Ich möchte, dass ihr lauft, Ellie«, sagte meine Mutter. »Nur weil du jetzt Autofahren darfst, heißt das nicht, dass du es auch die ganze Zeit tun musst. Ein bisschen Bewegung täte euch beiden gut.«
Ellie funkelte mich böse an (als ob dieser dämliche Ausflug meine Idee gewesen wäre). »Laufen? Wir sollen bis zur Quelle laufen? Und wieder
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