Das Ungeheuer von Florenz
das Land gehörte, aber der Besitzer hatte wohl irgendwann genug von uns und sperrte den Weg mit einer Kette und einem Schloß ab. Jetzt muß ich mich aber um die zwei Leute da draußen kümmern.«
»Ich mach das.«
»Wollen Sie wirklich? Dann könnte ich gleich den Papierkram wegen des Autos erledigen.«
»Führ sie rein.«
Der Maresciallo ließ sich mit einem wohligen Seufzer auf seinem vertrauten Stuhl nieder. »Gehören die zwei zusammen?«
»Ich fürchte, nein. Und einer von ihnen ist ein Ausländer. Sind Sie sicher, daß Sie…«
»Führ ihn nur rein, führ ihn rein.«
Der unterzeichnete Kläger, Raymond Poigne, geboren 1947 in Sheffield, Großbritannien, der es für möglich hielt, daß sein Fotoapparat gestohlen wurde, obwohl es auch denkbar war, daß er ihn in der letzten Bar vergessen hatte, wie seine Frau Marilyn vermutete, und der bedauerte, kein Italienisch zu können, dafür aber – wenn nötig – ein wenig Französisch, war sicher ebenso überrascht wie erfreut zu sehen, daß man ihn begrüßte wie einen lange verlorengeglaubten Freund.
EIN NEUES MONSTER!
Hat die Polizei beim fünften Mal Glück?
Während einer gestern im Gebäude des Polizeipräsidiums abgehaltenen Pressekonferenz kündigte Staatsanwalt Simonetti an, daß er in Kürze formal Anklage gegen den Mann erheben würde, den er für das Monster von Florenz hält. Der Staatsanwalt war zu diesem Zeitpunkt nicht bereit, einen Namen zu nennen, doch die Fahndungsgruppe der Polizei sei auf das Doppelte der früheren Personalstärke aufgestockt worden und arbeite rund um die Uhr. Der Staatsanwalt berichtete von einer gestern in absoluter Geheimhaltung und sogar in Zivilkleidung durchgeführten Besichtigung der Tatorte aller Verbrechen, die dem Monster zur Last gelegt werden. Trotz drängender Fragen der anwesenden Journalisten machte er keine Angaben zu gewonnenen neuen Erkenntnissen und wollte nicht einmal mitteilen, wonach an den Tatorten eigentlich gesucht wurde. »Die Besichtigung war für die Ermittlungen unverzichtbar. Mehr kann ich Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht sagen. Der Grund für dieses diskrete Vorgehen ist offensichtlich; umringt von Journalisten wären wir in der Sache nicht vorangekommen.«
Auf die Frage, ob er angesichts der bisherigen Ermittlungsergebnisse überzeugt sei, mit dem neuen Verdächtigen den wirklichen Schuldigen ausfindig gemacht zu haben, gab sich der Staatsanwalt zuversichtlich: »Ich bin absolut sicher, daß das Monster nicht wieder zuschlagen wird. Ich weiß, daß in letzter Zeit in der Öffentlichkeit der Eindruck entstanden ist, die Ermittlungen seien eingestellt oder der Fall sogar ganz zu den Akten gelegt worden. Dies trifft jedoch nicht zu. Als jedermann meinte, die Untersuchung sei ins Stocken geraten, gingen wir vielmehr mit ganzer Kraft jeder möglichen Spur nach. Kein Stein ist auf dem anderen geblieben.«
Der Staatsanwalt wies darauf hin, daß seine Behörde den Fall zusätzlich zu der normalen Arbeitsbelastung untersucht habe und daß es für den Einsatz seiner Männer spreche, wenn sie, betrachte man seine Komplexität, in der Zwischenzeit dennoch so viel erreicht hätten.
Was ist denn nun wirklich neu an diesen Ermittlungen, das rechtfertigen würde, darüber zu berichten?
»Zuerst und vor allem wenden wir neue Ermittlungsmethoden an, viel ausgefeiltere Methoden. Der Serienmörder ist ein ganz neues und unbekanntes Phänomen in der Kriminalgeschichte dieses Landes. Das bedeutet, daß wir ganz von vorn angefangen haben. Um zu verstehen, mit was für einem Täter wir es hier zu tun haben, haben wir die ganze Mordserie von einem Team von Psychologen und Psychiatern, Ballistikexperten und Polizeipathologen analysieren lassen. Dank ihrer Hilfe wissen wir, wonach wir zu suchen haben.«
Heißt das, daß sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen werden?
»Ganz sicher. Doch damit will ich keinesfalls Kritik an der in der Vergangenheit geleisteten Polizeiarbeit üben, die insgesamt notwendig war und mit der größten Genauigkeit ausgeführt wurde.«
Und was ist mit dem Gerücht, daß mehr als hunderttausend Männer überprüft wurden? Können Sie das bestätigen?
»Mehr oder weniger ja. Wir haben die Namen aus dieser Liste mit einem Verzeichnis von Sexualstraftätern und dieses wiederum mit einem Verzeichnis verurteilter Gewaltverbrecher abgeglichen. Wir haben auch die Kennzeichen von Hunderten von Kraftfahrern überprüft, die an bestimmten Tagen von der Autobahn in die
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