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Das Ungeheuer

Titel: Das Ungeheuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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erwähnte, daß seine Frau immer noch hier an der Schule ist. Sie heißt Stephanie. Stephanie Cavendish.«
    »Glauben Sie, daß ich sie heute noch sprechen könnte?« fragte Marsha.
    »Ich wüßte nicht, warum nicht«, sagte Mr. Remington.
    »Sie wohnt in einem Cottage auf demselben Grundstück, auf dem mein Haus steht. Wir teilen uns denselben Rasen. Ich wollte ohnehin nach Hause, und das Cottage ist nur einen Steinwurf entfernt. Ich stelle Sie Mrs. Cavendish gerne vor.«
    Marsha schloß sich Mr. Remington an, und sie gingen los. Unterwegs fragte Marsha Mr. Remington: »Stand irgendein Mitglied der Lehrerschaft meinem verstorbenen Sohn David besonders nahe?«
    »Die meisten Lehrer mochten David gern«, sagte Mr. Remington. »Er war ein sehr beliebter Junge. Wenn ich jetzt einen besonders herausheben müßte, dann würde ich sagen, Joe Arnold. Er ist ein sehr beliebter Geschichtslehrer, und ich glaube, er hatte ein sehr gutes Verhältnis zu David.«
    Das Cottage, von dem Mr. Remington gesprochen hatte, sah aus wie ein Landhaus in den Cotswolds in England. Mit seinen weißgetünchten Wänden und seinem putzigen Dach, das von weitem einem Strohdach verblüffend ähnlich sah, mutete es an wie aus einem Märchenbuch entsprungen. Mr. Remington läutete selbst. Er machte Marsha mit Mrs. Cavendish bekannt, einer schlanken, attraktiven Frau etwa in Marshas Alter. Marsha erfuhr, daß sie die Leiterin der Abteilung für Leibesübungen der Schule war.
    Mr. Remington entschuldigte sich, nachdem Mrs. Cavendish Marsha hereingebeten hatte.
    Mrs. Cavendish führte Marsha in ihre Küche und bot ihr eine Tasse Tee an. »Nennen Sie mich doch Stephanie!« sagte sie, als sie sich setzten. »Sie sind also die Mutter von VJ! Mein Mann war ein großer Fan von Ihrem Jungen. Er war überzeugt davon, daß VJ außergewöhnlich begabt ist. Er schwärmte regelrecht von ihm.«
    »Das sagte Mr. Remington mir schon.«
    »Er erzählte immer gern die Geschichte, wie VJ quasi mit links die Algebraaufgaben der High-School-Schüler löste.«
    Marsha nickte und sagte, daß Mr. Remington ihr diese Geschichte bereits erzählt habe.
    »Aber Raymond war auch der Ansicht, daß Ihr Sohn irgendwie gestört sei. Deshalb bemühte er sich ja so, VJ aus seiner Isolation herauszukriegen. Ray gab sich wirklich verdammt viel Mühe mit dem Jungen. Er fand, daß VJ zuviel allein sei, und er befürchtete, daß VJ suizidgefährdet sei. Er machte sich große Sorgen um den Jungen - oh, nicht auf akademischem Gebiet. Aber was sein Sozialverhalten betraf, glaube ich.«
    Marsha nickte.
    »Wie macht er sich denn jetzt so?« fragte Stephanie. »Ich habe ja nur selten mal Gelegenheit, ihn zu sehen.«
    »Bedauerlicherweise hat er noch immer nicht viele Freunde. Er geht nicht viel raus.«
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte Stephanie.
    Marsha raffte ihren Mut zusammen. »Ich hoffe, Sie werden mich nicht für allzu unverschämt halten, aber ich würde Ihnen gerne eine persönliche Frage stellen. Mr. Remington sagte mir, Ihr Mann sei an Krebs gestorben. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich fragen würde, an was für einer Art von Krebs?«
    »Es macht mir nichts aus«, antwortete Stephanie. Ihre Stimme klang plötzlich belegt. »Es dauerte eine Weile, bis ich überhaupt darüber sprechen konnte«, erklärte sie Marsha. »Ray starb an einer sehr seltenen Art von Leberkrebs. Er wurde im Mass. General in Boston behandelt. Die Ärzte dort hatten bis dahin erst zwei ähnliche Fälle gesehen.«
    Obwohl Marsha nichts anderes erwartet hatte, hatte sie immer noch das Gefühl, als hätte sie ein Schlag getroffen. Genau diese Auskunft hatte sie befürchtet.
    So taktvoll sie konnte, beendete Marsha die Unterhaltung, jedoch nicht ohne vorher Mrs. Cavendish noch gebeten zu haben, bei Joe Arnold anzurufen und ihn zu fragen, ob es ihm recht wäre, wenn sie auf einen Sprung vorbeikäme.
    Joe Arnold entsprach nicht im geringsten jener Art von fadem, verstaubtem Geschichtslehrertyp, mit dem Marsha gerechnet hatte. Seine warmen braunen Augen leuchteten auf, als er die Tür öffnete, um sie hereinzulassen. Arnold schien wie Stephanie Cavendish ungefähr in ihrem Alter zu sein. Er sah gut aus, hatte einfühlsame Augen, und seine Kleidung wirkte etwas schlampig. Marsha spürte sofort, daß er eine gewinnende, fast bestrickende Art hatte. Er war ohne Zweifel ein exzellenter Lehrer; er strahlte genau die Begeisterung aus, die auf Schüler ansteckend wirkte. Kein Wunder, daß David sich zu diesem Mann

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