Das Ungeheuer
seine Stimme wiedergefunden hatte.
»Bist du erschrocken, mein Schatz?« fragte Marsha und streichelte ihm über den Kopf.
VJ wich ihrer Hand aus. »Ich werde herausfinden, wer diesen Stein geworfen hat, und ich werde ihn umbringen.«
»Du bist jetzt in Sicherheit«, sagte Marsha besänftigend. »Du kannst dich beruhigen. Ich weiß, du bist aufgeregt, aber jetzt ist alles wieder gut. Niemandem ist etwas passiert.«
»Ich werde ihn umbringen«, beharrte VJ. »Du wirst sehen, ich bringe ihn um.«
»Okay«, sagte Marsha. Sie wollte ihn wieder an sich ziehen, aber er sperrte sich. Sie schaute ihn an. Seine blitzenden Augen blickten mit durchbohrender, ganz unkindlicher Intensität. »Laß uns ins Arbeitszimmer hinuntergehen!« sagte sie. »Ich will die Polizei anrufen.«
Unterdessen rannte Victor die Zufahrt entlang, blieb an der Straße stehen und schaute nach rechts und nach links. In der übernächsten Einfahrt wurde ein Wagen angelassen. Während Victor noch überlegte, ob er hinspurten sollte, sah er, wie die Scheinwerfer aufstrahlten und der Wagen davonfuhr. Die Marke vermochte er nicht zu erkennen.
Frustriert warf er einen Stein hinterher, aber er konnte nicht treffen. Er drehte sich um und lief zum Haus zurück. Marsha und VJ fand er in ihrem Arbeitszimmer. Anscheinend hatten sie miteinander gesprochen, aber als Victor eintrat, verstummten sie.
»Wo ist der Stein?« fragte Victor atemlos.
»Noch in VJs Zimmer«, sagte Marsha. »Wir waren damit beschäftigt, darüber zu diskutieren, wie VJ denjenigen, der ihn geworfen hat, umbringt.«
»Das tue ich auch!« versprach VJ.
Victor stöhnte auf; er wußte, Marsha würde dies als weiteren Hinweis darauf betrachten, daß VJ gestört war. Er ging hinauf ins Zimmer seines Sohnes. Der Ziegelstein lag noch da, wo er hingeflogen war, nachdem er VJs Fenster zerbrochen hatte. Er bückte sich und zog das Papier unter dem Band hervor. »Denke an die Abmachung!« lautete die maschinengeschriebene Botschaft. Victor verzog angewidert das Gesicht. Wer, zum Teufel, war das gewesen?
Er nahm Stein und Zettel mit hinunter ins Arbeitszimmer und zeigte beides Marsha. Sie wollte etwas sagen, als die Türglocke läutete.
»Was ist jetzt wieder los?« fragte Victor.
»Wird die Polizei sein.« Marsha stand auf. »Ich habe sie angerufen, als du draußen warst.« Sie ging öffnen.
Victor sah VJ an. »Angst gekriegt, was, Tiger?«
»Ich denke, das liegt auf der Hand«, antwortete VJ. »Jeder wäre erschrocken.«
»Ich weiß«, sagte Victor. »Ich bedaure, daß du bei alldem der Hauptleidtragende bist - ich meine, der Anruf gestern abend, und heute dieser Ziegelstein... Du verstehst es sicher nicht, aber ich habe ein paar Personalprobleme im Labor. Ich will sehen, was ich unternehmen kann, damit so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
»Ist nicht so wichtig«, meinte VJ.
»Ich weiß es zu schätzen, daß du die Sache sportlich nimmst«, sagte Victor. »Komm laß uns mit der Polizei sprechen!«
»Die Polizei wird nichts unternehmen«, erklärte VJ. Aber er stand auf und ging hinunter.
Victor folgte ihm. Er war der gleichen Ansicht, doch es wunderte ihn, daß VJ es mit seinen zehn Jahren auch schon annahm.
Die Polizei von North Andover zeigte sich höflich und fürsorglich. Ein Sergeant Widdicomb, begleitet von einem Streifenpolizisten namens O'Connor, war gekommen. Widdicomb war mindestens fünfundsechzig; er hatte ein rotes Gesicht und einen Bierbauch. O'Connor war das Gegenteil; er war noch keine dreißig und sah aus wie ein Athlet. Widdicomb übernahm das Reden.
Als Victor und VJ im Flur erschienen, las Widdicomb gerade die Botschaft, während O'Connor den Ziegel in den Händen drehte. Widdicomb reichte Marsha den Zettel zurück. »Was für 'ne verteufelt gräßliche Geschichte«, sagte er. »Früher ist so was nur in Boston passiert, aber nicht hier draußen.« Widdicomb zog einen Notizblock hervor, leckte an einem Bleistift und fing an zu schreiben. Er stellte die erwarteten Fragen: Wann es passiert war, ob sie jemanden gesehen hatten, ob im Zimmer des Jungen Licht gebrannt hatte. VJ verlor rasch das Interesse und verschwand in der Küche.
Als ihm die Fragen ausgegangen waren, bat Widdicomb, sich im Garten umsehen zu dürfen.
»Aber bitte!« Marsha wies zur Tür.
Als die Polizisten draußen waren, wandte sie sich Victor zu. »Gestern abend hast du erklärt, ich sollte mir wegen des Drohanrufs keine Sorgen machen; du würdest dich schon darum kümmern.«
»Ich
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