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Das unheimliche Haus

Das unheimliche Haus

Titel: Das unheimliche Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Weidenmann
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die Hände. »Dann endlich zu >Don Carlos<.«
    »Also doch«, nuschelte Emil Langhans.
    Der Studienrat setzte sich auf eine Fensterbank, schlug ein Bein über das andere und blickte in den wolkenlosen Himmel hinaus.
    Die Klasse hatte ihre Texte herausgeholt und fühlte sich wie ein heiter gestimmtes Theaterpublikum, bevor die Lichter ausgehen und der Vorhang aufgeht.
    »Worauf warten wir noch?« fragte der Studienrat und wandte sich an einen Jungen aus der vorderen Bankreihe. »Du liest für Karlchen weiter.«
    »Zwei Worte, gnädiger Prinz...« Der Junge bemühte sich als Herzog von Alba um eine möglichst tiefe Stimmlage.
    Emil Langhans hatte erleichtert aufgeatmet. Vom Anfang dieser Szene bis zu ihrem Auftritt hatte die Prinzessin Eboli noch zehn Seiten Pause. Und spätestens in einer Viertelstunde mußte es klingeln. Wenn der »Herzog« die Worte etwas in die Länge zog, war er für heute aus dem Schneider.
    Aber da unterbrach Dr. Purzer die Darbietung. »Wir waren doch schon viel weiter«, stellte er fest. »Längst hätt’ ich diesen Hof verlassen, diese Welt verlassen...« zitierte er aus dem Gedächtnis die Prinzessin. »Seite zweiundsechzig unten, der achte Auftritt.« Er wandte sich jetzt an Hans Pigge. »Und du liest wieder die Regieanweisungen. Also, ich höre.«
    »Na schön«, murmelte Emil Langhans, blätterte in seinem Reclamheft und legte los. »Längst hätt’ ich diesen Hof verlassen, hätte in heil’gen Mauern mich vergraben...«
    Noch war Ruhe in der Klasse, aber wer seine Schulaufgaben gemacht hatte, der kannte den Text und wußte, was kommen würde.
    Schon im nächsten Augenblick war es soweit.
    »Ein Phantom vielleicht«, deklarierte Emil Langhans folgsam weiter. Er quälte seine Stimme steil in die Höhe, und es konnte nur eine Frage von Sekunden sein, bis sie umkippte. Das passierte dann haargenau in dem Moment, als die Prinzessin ausrief: »Ich liebe und bin...« Emil gestattete sich eine Pause, bevor er fortfuhr: »... nicht geliebt.«
    Hans Pigge flüsterte noch die Regieanweisung: »Carlos geht voll Feuer auf sie zu.«
    Aber er war schon nicht mehr zu verstehen. Auch Sputnik als Kronprinz war nicht mehr zu verstehen, obgleich er seinen Dialog förmlich hinausbrüllte: »Sie sind’s, so wahr ein Gott im Himmel wohnt...« Die 9 b war total übergeschnappt, sie kugelte sich vor Vergnügen, und Manuel Kohl, an dem noch kurz zuvor ein Gewitter so freundlich vorbeigesegelt war, lachte am lautesten.
    Dr. Purzer wartete gelassen, bis sich der Lärm einigermaßen gelegt hatte. »Ich bitte mir Ruhe aus«, sagte er dann.
    Es dauerte noch eine ganze Weile, bis sich die letzten ausgewiehert hatten.
    »Sie waren gewarnt, Herr Studienrat«, grollte Emil Langhans beleidigt. »Mein Organ paßt vielleicht zu einem Othello, aber als Damenimitator bin ich schiefgewickelt.«
    »Mag sein, daß deine Stimme nicht nach der Eboli schreit«, gab Dr. Purzer zu, »aber das wird dich nicht daran hindern, die Rolle weiterzulesen. Ich sagte ja bereits, daß es nur auf die Worte ankommt. Allerdings hatte ich gehofft, daß sich die Klasse weniger kindisch aufführt. Weiter, wenn ich bitten darf.«
    »Sie sind’s, so wahr ein Gott im Himmel wohnt«, wiederholte Sputnik seinen leidenschaftlichen Ausruf. »Ich schwör’ es, Sie sind’s und unaussprechlich...«
    Jetzt war die Reihe wieder an Emil Langhans. »Sie?« flötete er und spielte Erstaunen. Die Sache fing an, ihm Spaß zu machen. »Sie schwören’s?« Er schloß die Augen und röhrte: »Oh, das war meines Engels Stimme«, er schlug die Augen wieder auf und blickte verklärt durch seine Hornbrille.
    Sputnik drehte sich um, spitzte den Mund und warf ihm eine Kußhand zu.
    Die Klasse explodierte wieder.
    Und jetzt ließ sich auch Studienrat Dr. Purzer von dem schallenden Gelächter anstecken.

Ein Verhör landet im Eimer

    Als die Stunde ein paar Minuten später vorbei war, entdeckten zuerst die Schüler der unteren Klassen im Erdgeschoß ihren Schuldirektor, der mit schnellen und zielsicheren Schritten von seinem Büro über den Korridor kam. Karlchen Kubatz trottete wie ein Hund einen halben Meter hinter und neben ihm her. Er hatte Mühe mitzukommen. Die beiden bogen zur Treppe ein. Sie stiegen gemeinsam, ohne ein Wort miteinander zu sprechen, ins erste Stockwerk. Aber was auf Anhieb so aussehen konnte, als würde ein Gefangener abgeführt, mußte in Wirklichkeit einen harmlosen Hintergrund haben. Denn Oberstudiendirektor Senftleben schüttelte im Gehen

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