Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Unsterblichkeitsprogramm

Das Unsterblichkeitsprogramm

Titel: Das Unsterblichkeitsprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
mit farbcodierten Rohren verkleidet waren, aus denen künstlich beschädigte Drähte wie steifes kupferfarbenes Haar sprossen.
    In regelmäßigen Abständen hingen Haken über der Theke, um die sich dünne, gefährlich aussehende Kabel wickelten, die in silberglänzenden Ministeckern endeten. Darüber lief ein Holo, in dem ein riesiger Stecker und eine Buchse zuckend im Rhythmus der Offbeat-Musik fickten, die den Raum wie Wasser ausfüllte. Von Zeit zu Zeit schienen sich die Komponenten in Sexualorgane zu verwandeln, aber das war vielleicht nur meine private Tetrameth-Halluzination.
    Ich saß an der Theke, und neben meinem Ellbogen schwelte etwas Süßes in einem Aschenbecher. Das klebrige Gefühl in meinen Lungen und meiner Kehle deutete darauf hin, dass ich es geraucht hatte.
    Die Bar war voll, aber absurderweise war ich der Überzeugung, allein zu sein.
    Zu beiden Seiten hatten sich die anderen Gäste an der Theke über die dünnen Kabel eingeklinkt. Die Augen zitterten unter Lidern, die aussahen, als wären sie entzündet, und die Münder zuckten in verträumtem Halblächeln. Trepp war eine von ihnen.
    Ich war allein.
    Etwas, das möglicherweise ein Gedanke war, zerrte an der aufgeschürften Unterseite meines Bewusstseins. Ich nahm die Zigarette und zog verbissen daran. Jetzt war nicht die richtige Zeit für Gedanken.
     
    Nicht die richtige Zeit für…
    Virenattacke!!!
    … Gedanken.
    Straßen zogen unter meinen Füßen vorbei, wie die Trümmer von Innenin unter Jimmys Stiefeln, wenn er in meinen Träumen neben mir ging. So macht er es also.
    Die Frau mit den knallroten Lippen, die…
    Vielleicht kannst du nicht…
    Was? Was???
    Stecker und Buchse.
    Ich versuche dir zu erklären…
    Nicht die richtige Zeit…
    Keine Zeit…
    Keine…
    Und fort, wie Wasser im Mahlstrom, wie die schmierige Brühe, die von Jimmys Händen ins Loch am Grund des Beckens floss…
    Und wieder fort.
     
    Doch der Gedanke war unausweichlich wie der Sonnenaufgang und fand mich wieder, bei Sonnenaufgang, auf einer weißen Steintreppe, die in trübem Wasser verschwand. Eine grandiose Architektur ragte verschwommen hinter uns auf, und auf der anderen Seite des Gewässers konnte ich Bäume in der grauenden Dämmerung erkennen. Wir waren in einem Park.
    Trepp beugte sich über meine Schulter und bot mir eine brennende Zigarette an. Ich nahm sie automatisch an, zog einmal daran und ließ den Rauch über meine schlaffen Lippen tropfen. Trepp kauerte sich neben mir auf den Stufen nieder. Ein unrealistisch großer Fisch planschte im Wasser zu meinen Füßen. Ich war zu ausgelaugt, um zu reagieren.
    »Mutant«, sagte Trepp zusammenhanglos.
    »Selber.«
    Die kleinen Gesprächsfetzen trieben über das Wasser davon.
    »Brauchen Sie Schmerztabletten?«
    »Wahrscheinlich.« Ich tastete die Innenseiten meines Kopfes ab. »Ja.«
    Sie reichte mir kommentarlos eine Folie mit beeindruckend gefärbten Kapseln.
    »Was machen Sie jetzt?«
    Ich hob die Schultern. »Wieder an die Arbeit gehen. Tun, was man mir gesagt hat.«



 
27
     
     
    Auf dem Rückweg vom Flughafen wechselte ich dreimal das Taxi, bezahlte jedes Mal bar und stieg dann in einem rund um die Uhr geöffneten Billighotel in Oakland ab. Wer mich elektronisch beschatten wollte, würde eine Weile brauchen, meine Spur ausfindig zu machen, und ich war mir einigermaßen sicher, dass ich nicht verfolgt worden war.
    Es kam mir ein bisschen paranoid vor – schließlich arbeitete ich jetzt für die bösen Jungs, sodass eigentlich kein Anlass bestand, mich zu überwachen. Aber mir hatte Trepps ironisches »Wir bleiben in Kontakt« nicht gefallen, mit dem sie sich am Flughafen von Bay City von mir verabschiedet hatte. Außerdem war ich mir noch nicht völlig sicher, was ich tun wollte, und wenn ich es nicht wusste, sollte es auf gar keinen Fall jemand anderer wissen.
    Das Hotelzimmer hatte siebenhundertsechsundachtzig Bildschirmkanäle. Im Standby-Menü wurden gleichzeitig Holopornos und Nachrichten in grellen Farben beworben. Ansonsten gab es ein selbstreinigendes Klappdoppelbett, das nach Desinfektionsmitteln stank, und eine vollautomatische Duschkabine, die sich allmählich von der Wand löste, an der sie früher einmal mit Epoxid festgepappt worden war. Ich lugte durch das einzige vorhandene dreckige Fenster. In Bay City war es tiefste Nacht, und es fiel ein feiner nebliger Regen. Die Frist, die ich mit Ortega vereinbart hatte, lief allmählich ab.
    Das Fenster ging auf ein schräges Faserbetondach

Weitere Kostenlose Bücher