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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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zumindest dazu bringen, ihm zuzuhören.
    Schließlich ging es in diesem Fall um die Todesstrafe. Es ging um Leben und Tod, nicht um irgendeine juristische Streitfrage, nicht um politische Grabenkämpfe. Wenn er irgend etwas Greifbares in der Hand hätte, würde Villars ihm zuhören, daran mußte er einfach glauben.
    Natürlich rief er die Frage auf den Plan, ob es tatsächlich etwas Greifbares gab oder nicht, doch Hardy hatte nichts anderes - er mußte einfach davon ausgehen, daß es existierte. Irgendwo.

43
    Am nächsten Tag befragte er drei Ärzte der BMG, von denen zwei nicht investiert hatten, einer dagegen schon. Die beiden, die ihre Chance verpaßt hatten, kamen sich verständlicherweise gelackmeiert vor, aber keiner machte eine großartige Verschwörung dafür verantwortlich, daß er Pech gehabt hatte. Die Ärztegruppe hatte kräftig abgesahnt, und beide wünschten, sie hätten daran unmittelbarer teilgehabt, aber es war wie bei der Lotterie. Wer hätte den Glücksfall vorhersagen können? Es war eben Dusel, und sie hatten ihre Chance gehabt.
    Dr. Seidl, der Glücksvogel, war eines der jüngeren Mitglieder der Ärztegruppe, dem nur zweiundneunzig Aktien zustanden. Als er im Dezember seine monatlichen Rechnungen überwies, hatte er seine 4,60 Dollar eingezahlt und die ganze Sache prompt wieder vergessen. Vergangenen Monat, als er seine Auszahlung über 13 143,12 Dollar erhielt, war er hocherfreut, aber nach Abzug der Steuern blieben ihm nicht ganz zehntausend Dollar übrig, und nachdem er alle seine Kreditkarten glattgestellt hatte, war er wieder beim Ausgangspunkt angelangt. Es war zwar deutlich angenehmer als ein Kopfsprung in ein Schwimmbecken ohne Wasser, würde aber seinem Leben keine dramatische Wendung geben.
    Auch Hardy hatte allmählich den Eindruck, daß es problematisch wäre, seine Verschwörungstheorie aufrechtzuerhalten, sogar vor sich selbst, falls er nicht jemanden auftun konnte, der eine Menge Geld dabei gemacht hatte und zumindest theoretisch einen Grund gehabt hätte, einem Mann das Maul zu stopfen, der die Sache an die große Glocke hängen wollte, sofern das Larrys Witts Absicht gewesen war.
    Am Nachmittag ging Hardy in die Bibliothek und schlug in der Abteilung für Wirtschaftsfragen die Namen der Mitglieder des Aufsichtsrats der BMG nach, aber sie klangen allesamt unvertraut. Er fand heraus, daß der Kapitalgesellschaft als Körperschaft laut Geschäftsplan einundfünfzig Prozent des Aktienkapitals zustanden, und den Ärzten neunundvierzig Prozent, sofern sie sich alle einkauften. Er fragte sich, ob es eine Regelung für nicht gezeichnete, unverkaufte Aktien der Ärzte gab, eine Art von sekundärem Kapitaleinstieg, aber in der öffentlich vorgelegten Broschüre war nichts davon erwähnt.
    Er rechnete ein bißchen herum und wurde sich bewußt, daß irgendwo - herrenlos - knapp über 125 000 Aktien herumschwirren müßten, die einem Wert von rund siebzehn Millionen Dollar entsprachen, sofern nur zehn Prozent der beteiligten Ärzte ihre Aktien gezeichnet haben sollten.
    Am Freitag morgen saß er in seinem Büro und telefonierte mit dem Los Angeles Police Department. Noch immer hatte er keinerlei beweiskräftige Querverbindungen zwischen den geschäftlichen Aktivitäten der BMG und Dr. Larry Witt herausgefunden. Er hatte gestern abend erneut mit Jennifer gesprochen und sie bedrängt, aber sie konnte sich an nichts erinnern, was Larry zu dem Zeichnungsangebot gesagt hatte oder gesagt haben könnte. Hardy war schon versucht, sie zu bitten, sich doch irgendwas auszudenken, nur damit er es irgend jemandem vor die Nase halten konnte, aber er riß sich am Riemen.
    Dann kam ihm die rettende Idee - es waren zwei Morde in Los Angeles vorgefallen, also mußte es eine Untersuchung gegeben haben. Er wußte, daß Kriminalbeamte ungern über ihre ungeklärten Altlasten sprachen - über ihre Gerippe im Schrank, wie sie sie nannten -, aber womöglich gelang es ihm ja, ein klein wenig Begeisterung zu schüren, wenn er das alte Verbrechen mit einem anderen verknüpfte.
    »Restoffer. Mordkommission.«
    Es war die Stimme eines älteren Mannes, aber sie klang keineswegs müde. Und Hardy hatte sich schneller durch den gewaltigen Behördenapparat durchgefragt, als er für möglich gehalten hätte. Vielleicht hatte das ja etwas zu bedeuten.
    Hardy stellte sich vor und versuchte, rasch zu reden und dabei so deutlich wie möglich zu bleiben - er sei ein Strafverteidiger aus San Francisco und habe vielleicht eine

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