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Das Urteil

Das Urteil

Titel: Das Urteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John T. Lescroart
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empfehlen.«
    »Floyd, ich brauche einen Profi. Einen Insider.« Vielleicht konnte er ihm Honig um den Bart schmieren. Restoffer hatte Zugriff auf alle Unterlagen und eine Geschichte, mit der kein Privatdetektiv mithalten konnte.
    »Läuft nicht, Hardy. Tut mir leid.«
    »Na gut, Floyd. Trotzdem danke für Ihre Hilfe.«
    Er wollte schon aufhängen und wartete nur darauf, daß Restoffer auf Wiedersehen sagte. Statt dessen sagte der In-spector: »Wollen Sie mich gar nicht fragen, was die gute Nachricht ist?«
    »Na schön.« Hardy spielte mit, obwohl selbst die schlechte Nachricht in gewissem Sinne gut war - daß sich Supervisor und Polizeichefs einschalteten, bestärkte ihn darin, daß nicht alles ein Hirngespinst war. Irgend etwas sollte vertuscht werden. »Was ist die gute Nachricht?«
    »Die gute Nachricht ist, daß ich mir gestern abend gedacht habe, die Sache stinkt, und deshalb heute früh ein bißchen auf eigene Faust nachgeforscht habe. Im Präsidium gibt es diese Listen, die manche der Typen der Abteilung für Wirtschaftskriminalität für ihre Arbeit benutzen, wissen Sie? Es sind alles öffentliche Dokumente, obwohl es manchmal nicht gerade leicht ist, Zugang dazu zu kriegen. Listen der Leute, die Geld für verschiedene Zwecke spenden, solche Sachen. Ich dachte mir, ich vergleiche mal, wer für den Wahlkampf von Supervisor Kelso gespendet hat und wer im Aufsichtsrat bei Yerba Buena sitzt, und schaue, ob ich irgend-wen finde, der mit gutem Gewissen ein oder zwei Gefälligkeiten von unserem Supervisor einfordern könnte. Und raten Sie mal?«
    »Sie haben jemand gefunden.«
    Hardy sah ihn beinahe nicken. »Margaret Morency. Altes Geld aus San Marino und jede Menge davon.«
    »Sie hat Kelso angerufen?«
    »Ich kann es nicht beweisen, gehe aber jede Wette ein.«
    »Können Sie nicht zu Ihrem stellvertretenden Chef gehen und ihm das Ganze berichten? Das sieht ganz danach aus, als ob es dann nicht länger als Herumgefische gilt.«
    »Nicht genug, Hardy.« Restoffer hatte den Fall abgegeben und war ganz offen - er hatte keine Lust, aufgrund der letzten paar Monate in seinem Job seine Pensionierung aufs Spiel zu setzen. Hardy war dankbar und nahm, was er kriegen konnte - zumindest half ihm der Mann. »Das Ganze sieht nur dann nach etwas aus, wenn man ohnehin geneigt ist, es zu sehen«, sagte Restoffer. »Ich habe nichts Handfestes, nichts, was die einzelnen Pünktchen miteinander verbindet.«
    »Wissen Sie irgendwas über diese Morency-Frau?«
    »Nichts. Sie sitzt wahrscheinlich in zehn Aufsichtsräten -das tun diese Leute doch, richtig? Sitzen in Aufsichtsräten, halten ihr Geld in der Familie, kassieren eine kleine Entschädigung - sagen wir mal mein Gehalt - für ihre Bemühungen. Und die Reichen bleiben reich. He, hören Sie. Mir bleiben nur noch vier Monate bis zu meinem Leben an einem See in Montana in einer Hütte, die bereits abbezahlt ist. Ich kehre diesem Affenzirkus endgültig den Rücken, also worüber beklage ich mich?«
    »Hört sich prima an.«
    »Das wird's auch sein, glauben Sie mir. Im ersten Jahr werd ich überhaupt nichts anstellen außer zu malen, schätze ich. Ich hab nicht mehr gemalt, seit ich ein Junge war. Es hat mir immer einen Heidenspaß gemacht, und dann hatte ich keine Zeit mehr dazu.«
    »Ich habe früher Sachen aus Holz gemacht«, sagte Hardy. »Alles ohne Nägel.«
    Kurzes Schweigen, dann sagte Restoffer: »So ist das Leben, was? Jedenfalls habe ich mir gedacht, ich berichte Ihnen, was ich gefunden habe, und warte mal ab, ob Sie Glück haben.«
    »Tja, ich weiß das zu schätzen, Floyd, wirklich.«
    »Hören Sie, wenn Sie soweit sind, daß es echt zur Sache geht, dann wissen Sie ja, wo Sie mich finden.«
    »Alles klar.«
    »Bis dann.«

44
    Hardy stieg die Stufen zum Justizpalast hoch. Über Nacht war es kalt geworden, und die Morgensonne schien matt wie durch einen Schleier, gerade noch hell genug, um lange Schatten zu werden.
    Hardy hätte nie geglaubt, daß David Freeman ihm fehlen könnte, aber jetzt im Moment hätte er dessen schlampige, bärbeißige, arrogante Gegenwart begrüßt. Er betrat das Gebäude, ging durch den Metalldetektor und hoch in die Kantine, die noch nicht so brechend voll war, wie sie es später sein würde. Er bestellte eine Tasse Kaffee, setzte sich an einen Tisch und klappte die Aktentasche auf, holte einen neuen Notizblock und einen schwarzen Kugelschreiber hervor.
    Es war zwanzig vor acht, und das Verfahren zur Festlegung des Strafmaßes sollte um halb

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